Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Kunst Raum geben
Erfolgsrezept funktioniert: 17. Art Karlsruhe präsentiert Werke von der Klassischen Moderne bis zur Gegenwart
KARLSRUHE - Ein Alleinstellungsmerkmal der Art Karlsruhe sind die ausgedehnten Skulpturenplätze. Für den Besucher sind sie ideal, verhindern sie doch das Gefühl von Platzangst. In diesem Jahr lockern 20 dieser Plätze den Parcours in den vier Hallen der Messe Karlsruhe in Rheinstetten auf. Und wie stets sind sie ein Publikumsmagnet. Und das umso mehr, weil die Skulptur das Schwerpunktthema der diesjährigen Art ist.
So kann man auch einmal größer dimensionierten Objekten begegnen wie etwa auf dem Skulpturenplatz der BEGE Galerien. Die Ulmer Aussteller haben zwei riesige Stahlskulpturen von Thomas Röthel mitgebracht. Für den Transport dürfte ein Schwerlaster nötig gewesen sein. Wie zufällig übereinandergelegt lassen die drei leichtkurvigen Formen beim Betrachter dann aber den Gedanken an ihr Gewicht gleich wieder vergessen: Aus verschiedener Perspektive betrachtet, wirken sie geradezu schwerelos.
Nicht weniger fulminant sind die Skulpturen von Stefanie Ehrenreich bei Cyprian Brenner aus Schwäbisch-Hall: liegende große
Köpfe, hängende vielgesichtige Figuren und andere Fantasiegestalten, allesamt überzogen mit einer flauschigen Stoffhaut. Spektakulär auch der Skulpturenplatz der Galerie Tobias Schrade aus Ulm mit Tierfiguren: schrägen Vögeln zumeist, die mitunter Mannshöhe erreichen. Abstrakt und geometrisch, filigran oder robust sind die Metallskulpturen von Angelika Summas bei der Galerie Markus Döbele aus dem unterfränkischen Dettelbach. Ein Boxenstopp empfiehlt sich bei der Frankfurter Galerie Barbara von Stechow, die mit einem Sportwagen mit Pop-Art-Dekor von Heiner Meyer angereist ist.
Unter den Kunstmessen mit internationaler Ausstrahlung ist die Art Karlsruhe diejenige mit der stärksten Bodenhaftung durch ihre lokale und regionale Verwurzelung. Sammlerland Baden-Württemberg, das Interesse für Kunst und das nötige Kleingeld ist im Südweststaat reichlich vorhanden. Und so war die Karlsruher Leistungsschau in Sachen Kunst schon immer eine Art Hausmesse und jedenfalls ein Heimspiel für die Galerien im Land. Dass sie in diesem Jahr neben Teilnehmern aus ganz Deutschland auf Anbieter
aus 14 weiteren Ländern verweisen kann, dürften freilich auch die angereisten schwäbischen und badischen Galeristen nicht ungern sehen.
210 Aussteller, darunter 59 Galerien aus dem Ausland und 40, die zum ersten Mal dabei sind, zeigen bis zum Sonntag Kunst von der Klassischen Moderne bis zur Gegenwart. Natürlich warten auf die prognostizierten 50 000 Besucher auch in diesem Jahr wieder zahlreiche One-Artist-Shows - in diesem Jahr nicht weniger als 195, eine Besonderheit der Art Karlsruhe auch sie.
Geboten werden auch verschiedene Sonderausstellungen, so eine sehenswerte Präsentation von Seriegrafien teils bedeutender Künstler, für die der Siebdrucker Hans-Peter Haas verantwortlich zeichnet. Oder eine eindrucksvolle Schau mit den vielschichtigen Malereien und Skulpturen von Helga Schmidhuber, der diesjährigen Trägerin des Hans-Platschek-Preises.
Zeichnungen und Ölskizzen der wiederentdeckten Lotte Laserstein findet man am Stand von Kunsthandel Dr. Nöth aus Potsdam und Ansbach. Hinreißend gezeichnete Straßenszenen in Kohle von Lesser
Ury, Bleistiftzeichnungen von Ernst Ludwig Kirchner und Egon Schiele oder auch ein Aquarell von Sam Francis hat der Kölner Kunsthändler Johannes Eggerbauer mitgebracht. Werke der Klassischen Moderne gibt es etwa auch am Stand der Homburger Galerie Scheffel wie Ernst Wilhelm Nays Ölgemälde „Paar am Sund“von 1938.
Das Stuttgarter Kunsthaus Fischer ist nicht nur mit Bildern und Grafiken von Willi Baumeister und Max Ackermann vertreten. Bei Gilden’s Art Gallery wiederum gibt’s Radierungen und Lithografien von Chagall und Miró zu Preisen um 30 000 Euro. Für einen etwas geringeren Betrag, nämlich 28 000 Euro, ist Tom Wesselmanns Siebdruck „Bedroom Face with Lichtenstein“bei der Stuttgarter Galerie Braunbehrens erhältlich, ein Schnäppchen am Stand der Londoner Galerie dagegen Andy Warhols Lithografie „Lion“für 2800 Euro. Noch günstiger sind handsignierte Promotionscards mit Frauenmotiven Wesselmanns für je 950 Euro.
Schloss Mochental stellt Gemälde von Klaus Fußmann aus („Hella K. als Gehende“: 120 000 Euro), auch Bilder des Berliners
Christopher Lehmpfuhl, dazu Zeichnungen von Cornelia Schleime und Werke von Willi Siber – der auch von Art Affair aus Regensburg vertreten wird wie „Tafelobjekt“für 11 000 Euro.
„Blowin’ in the wind“: Nach der Auszeichnung Bob Dylans mit dem Literaturnobelpreis kann man den Sänger und Songwriter auf der Art Karlsruhe als bildenden Künstler kennenlernen. Premium Modern Art aus Heilbronn offeriert die Lithografie mit dem handgeschriebenen Text des besagten Songs nebst einer grafischen Arbeit für 3950 Euro, daneben auch buntfarbige Giclées von der Hand des Meisters wie „Man on a Bridge“(2950 Euro) oder „Truckstop“. Nebenbei: Als Galeriename wäre Premium Rock Art auch nicht unpassend: Motive des Künstlers Saxa sind Rocklegenden wie John Lennon und Jim Morrison. Auch Druckgrafiken von Ron Wood, dem StonesGitarristen und -Bassisten hat die Galerie im Angebot.