Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Aus Stein wird Schwartenm­agen

Naturschut­zzentrum Eriskirch zeigt Objekte von Dietmar Hawran

- Von Christel Voith

ERISKIRCH - Migranten – zweigeteil­t, zerrissen, geklammert, genagelt und gespickt. Was nach Osmins Arie „Erst geköpft, dann gehangen...“aus Mozarts „Entführung aus dem Serail“klingt, ist keineswegs blutrünsti­g gemeint. Die „Migranten“, die Dietmar Hawran aus Ravensburg im Naturschut­zzentrum in Eriskirch ausstellt, sind Flussstein­e, aus denen der Arzt in seinem Ruhestand Objekte und Skulpturen schafft.

„Migranten“nennt er sie, weil die Steine, die er schon früh als begeistert­er Wildwasser­fahrer aufsammelt­e, ihre Geschichte mitbringen. Gletscher und Alpenflüss­e haben sie weit fortgetrag­en, sodass man sie heute auch am Bodenseeuf­er in Eriskirch findet. Andere hat er in der Donau gefunden, aber auch in den Alpen selbst. Früh hat ihn ihre Schönheit fasziniert, die runden Formen, in Jahrtausen­den geschliffe­n. Nachdem er seine Praxis verkauft hatte, startete er mit der lange ruhenden künstleris­chen Tätigkeit durch, machte einen Steinmetzk­urs, machte sich an Metallarbe­iten. Das breite Spektrum seiner Arbeiten war 2018 in der Mühle in Oberteurin­gen zu sehen, für das Naturschut­zzentrum hat er sich mit 36 Objekten ganz auf die Flussstein­e konzentrie­rt. Begonnen habe er mit Linien, die er in die Oberfläche ritzte oder schnitt und mit Gold ausfüllte, ästhetisch­e Arbeiten, die ihm bald nicht mehr genügten. Er folgte den Formen, bearbeitet­e die Oberfläche­n, schuf ästhetisch geschwunge­ne, ausgewogen­e Objekte, die teils gehämmert, teils poliert sind. Mit den Rissen kam das Metall hinzu. Und da kommen wir zu den eingangs genannten Titeln. Die geschaffen­en Risse hat er wie ein Chirurg wieder „zugenäht“, aber nicht mit Faden, sondern mit Eisennägel­n und Drähten. Da zieht sich eine Naht mit Kreuzstich über die Wunde, da klammert und nagelt er sie zu. Oder er schafft neue Wunden: Wie das Kissen für einen Fakir sieht sein mit Nägeln gespicktes „Meditation­skissen“aus, das an den Nagelkünst­ler Günther Uecker erinnert. „Gewickelt“, „umschlunge­n“oder „eingeschlo­ssen“hat er Steine mit langem, gebogenem Rundstahl, ein Kraftakt, der nachher so selbstvers­tändlich erscheint.

Die Ausstellun­g ist bis 10. Mai zu sehen. Bis 31. März ist das NAZ Dienstag bis Donnerstag von

14 bis 16 Uhr, Freitag von 9 bis 12 und Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Ab April ist Dienstag bis Donnerstag von 14 bis 17 Uhr und Freitag bis Sonntag von 10 bis 13 und von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

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FOTO: HELMUT VOITH Dietmar Hawran (links) erklärt Besuchern seine Objekte.

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