Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zeuge will nichts gesehen haben
Im Prozess wegen versuchten Totschlags in Weingarten könnte bald das Urteil fallen
WEINGARTEN - Zweiter Prozesstag gegen einen 27-jährigen aus Gambia, der am 30. Juli vergangenen Jahres einen 26-jährigen Landsmann mit den Worten „Ich töte dich!“angegriffen haben soll. Mit einem Hackbeil und einem Messer soll er laut Staatsanwaltschaft den 26-Jährigen am linken Ohr, an der Schulter und am rechten Oberschenkel verletzt haben. Die Tat ereignete sich in der Burachstraße in Weingarten.
Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Dem Angeklagten droht eine Haftstrafe von sieben bis acht Jahren.
Allerdings hat bislang kein Zeuge den Tathergang vor Gericht beschrieben. Was genau in jener Nacht gegen 22 Uhr geschehen ist, ist bruchstückhaft und stützt sich weitestgehend auf die Angaben des Opfers, das am vergangenen Dienstag vor Gericht die Tat jedoch herunterspielte und beschwichtigte. Der Angeklagte, den er als Freund bezeichnete, habe zwar einen Fehler gemacht, er habe ihm aber verziehen. Bestraft solle er eigentlich nicht werden (SZ berichtete).
Ein 26-Jähriger, der laut Zeugenaussagen am Tatort gewesen sein soll, bestritt dies am Dienstag vehement. Er sei weggeangen, als es Probleme gab. Welche genau, sagte er nicht. Dasselbe gilt auch für einen weiteren Zeugen, der am Donnerstag im Zeugenstand saß. „Ich weiß von nichts. Ich war nicht vor Ort“, sagte der 25-Jährige, den die Polizei vorführte, weil er zum Prozessauftakt nicht erschienen war. Er kenne zwar das Opfer, den Angeklagten nur vom Namen her. Von einer Verletzung, die ihm zum Tatzeitpunkt am Tatort am Arm zugefügt worden sein soll, wollte er nichts wissen. Er sei zwar im Weingartener Stadtgarten gewesen, sei aber nach Hause gegangen, weil er sich nicht mehr wohlgefühlt habe. Andere Zeugen hatten aber gesagt, er sei bei der Tat dabei gewesen.
Auch nach mehrfacher Aufforderung des Vorsitzenden Richters Heiko Böhm blieb er bei seiner Aussage. Staatsanwalt Peter Spieler kündigte daraufhin ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage gegen den 25-Jährigen an. Bei einer Verurteilung droht ihm nun eine Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten.
Wie berichtet, hatten die Streitigkeiten zwischen dem Angeklagten und dem Opfer im Stadtgarten begonnen. Wüste Beschimpfungen und Beleidigungen hatten die Auseinandersetzung eskalieren lassen. Darin sei auch das Motiv für die spätere Hackbeil-Attacke zu suchen. Dem Angeklagten waren im Stadtgarten ein Messer und ein Pfefferspray weggenommen worden. Er sei daraufhin nach Hause gegangen.
Danach habe auch das Opfer mit vermutlich einem oder zwei jungen Männern den Stadtgarten verlassen. Auf dem Weg zu seiner Freundin seien sie dann in der Burachstraße auf den Angeklagten getroffen.
Wie ein Polizeibeamter den Vorfall aufgrund der Vernehmung des Opfers rekonstruierte, sei der Angeklagte mit den Worten „Ich töte dich“auf das Opfer losgegangen, habe mit einem Hackbeil auf den Kopf gezielt, das Opfer am Ohr getroffen und habe ihm mit einem Messer in die Schulter und das Bein gestochen. Danach sei die Freundin des Angeklagten aus ihrer Wohnung gekommen und habe ihren Freund weggeschickt. Das Opfer sei mit den anderen Männern ins Krankenhaus 14 Nothelfer gegangen, wo er ärztlich versorgt wurde. Anschließend sei er zur Polizei gegangen. Wie der Prozesstag weiter zum Vorschein brachte, versuchte die Freundin des Angeklagten, die Beteiligten dazu zu bewegen, die Anzeige zurückzuziehen. Das gelang aber nicht.
An Hackbeil und Messer konnte eine Sachverständige des Landeskriminalamts Gebrauchsspuren des Angeklagten feststellen. Ob das Gericht dies als Tatbeteiligung des Angeklagten wertet, bleibt abzuwarten. Der Prozess wird am kommenden Dienstag, 18. Februar, fortgesetzt. Dann könnten laut Richter Böhm bereits die Plädoyers gehalten und ein Urteil verkündet werden.