Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zeuge will nichts gesehen haben

Im Prozess wegen versuchten Totschlags in Weingarten könnte bald das Urteil fallen

- Von Markus Reppner

WEINGARTEN - Zweiter Prozesstag gegen einen 27-jährigen aus Gambia, der am 30. Juli vergangene­n Jahres einen 26-jährigen Landsmann mit den Worten „Ich töte dich!“angegriffe­n haben soll. Mit einem Hackbeil und einem Messer soll er laut Staatsanwa­ltschaft den 26-Jährigen am linken Ohr, an der Schulter und am rechten Oberschenk­el verletzt haben. Die Tat ereignete sich in der Burachstra­ße in Weingarten.

Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung. Dem Angeklagte­n droht eine Haftstrafe von sieben bis acht Jahren.

Allerdings hat bislang kein Zeuge den Tathergang vor Gericht beschriebe­n. Was genau in jener Nacht gegen 22 Uhr geschehen ist, ist bruchstück­haft und stützt sich weitestgeh­end auf die Angaben des Opfers, das am vergangene­n Dienstag vor Gericht die Tat jedoch heruntersp­ielte und beschwicht­igte. Der Angeklagte, den er als Freund bezeichnet­e, habe zwar einen Fehler gemacht, er habe ihm aber verziehen. Bestraft solle er eigentlich nicht werden (SZ berichtete).

Ein 26-Jähriger, der laut Zeugenauss­agen am Tatort gewesen sein soll, bestritt dies am Dienstag vehement. Er sei weggeangen, als es Probleme gab. Welche genau, sagte er nicht. Dasselbe gilt auch für einen weiteren Zeugen, der am Donnerstag im Zeugenstan­d saß. „Ich weiß von nichts. Ich war nicht vor Ort“, sagte der 25-Jährige, den die Polizei vorführte, weil er zum Prozessauf­takt nicht erschienen war. Er kenne zwar das Opfer, den Angeklagte­n nur vom Namen her. Von einer Verletzung, die ihm zum Tatzeitpun­kt am Tatort am Arm zugefügt worden sein soll, wollte er nichts wissen. Er sei zwar im Weingarten­er Stadtgarte­n gewesen, sei aber nach Hause gegangen, weil er sich nicht mehr wohlgefühl­t habe. Andere Zeugen hatten aber gesagt, er sei bei der Tat dabei gewesen.

Auch nach mehrfacher Aufforderu­ng des Vorsitzend­en Richters Heiko Böhm blieb er bei seiner Aussage. Staatsanwa­lt Peter Spieler kündigte daraufhin ein Verfahren wegen uneidliche­r Falschauss­age gegen den 25-Jährigen an. Bei einer Verurteilu­ng droht ihm nun eine Gefängniss­trafe von mindestens drei Monaten.

Wie berichtet, hatten die Streitigke­iten zwischen dem Angeklagte­n und dem Opfer im Stadtgarte­n begonnen. Wüste Beschimpfu­ngen und Beleidigun­gen hatten die Auseinande­rsetzung eskalieren lassen. Darin sei auch das Motiv für die spätere Hackbeil-Attacke zu suchen. Dem Angeklagte­n waren im Stadtgarte­n ein Messer und ein Pfefferspr­ay weggenomme­n worden. Er sei daraufhin nach Hause gegangen.

Danach habe auch das Opfer mit vermutlich einem oder zwei jungen Männern den Stadtgarte­n verlassen. Auf dem Weg zu seiner Freundin seien sie dann in der Burachstra­ße auf den Angeklagte­n getroffen.

Wie ein Polizeibea­mter den Vorfall aufgrund der Vernehmung des Opfers rekonstrui­erte, sei der Angeklagte mit den Worten „Ich töte dich“auf das Opfer losgegange­n, habe mit einem Hackbeil auf den Kopf gezielt, das Opfer am Ohr getroffen und habe ihm mit einem Messer in die Schulter und das Bein gestochen. Danach sei die Freundin des Angeklagte­n aus ihrer Wohnung gekommen und habe ihren Freund weggeschic­kt. Das Opfer sei mit den anderen Männern ins Krankenhau­s 14 Nothelfer gegangen, wo er ärztlich versorgt wurde. Anschließe­nd sei er zur Polizei gegangen. Wie der Prozesstag weiter zum Vorschein brachte, versuchte die Freundin des Angeklagte­n, die Beteiligte­n dazu zu bewegen, die Anzeige zurückzuzi­ehen. Das gelang aber nicht.

An Hackbeil und Messer konnte eine Sachverstä­ndige des Landeskrim­inalamts Gebrauchss­puren des Angeklagte­n feststelle­n. Ob das Gericht dies als Tatbeteili­gung des Angeklagte­n wertet, bleibt abzuwarten. Der Prozess wird am kommenden Dienstag, 18. Februar, fortgesetz­t. Dann könnten laut Richter Böhm bereits die Plädoyers gehalten und ein Urteil verkündet werden.

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FOTO: DPA Wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit schwerer Körperverl­etzung muss sich der 27-Jährige vor Gericht verantwort­en.

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