Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wie vor 100 Jahren: Fasnetsrössle führen in Bad Waldsee den Umzug an
Närrische Gruppe zu neuem Leben erweckt – Restauration der original Pappmaschee-Pferde
BAD WALDSEE - Vor 100 Jahren waren die Fasnetsrössle der Waldseer Zunft erstmals unterwegs. Im Laufe der Zeit verschwanden die auffälligen Pappmaschee-Pferde dann aus der Straßenfasnet und lagerten in der Ölmühle. Dieser Dornröschenschlaf ist nun beendet. Zur diesjährigen Fasnet wurden Schimmel (Franz Mosch), Rappe (Walter Schranz), Brauner (Karl-Heinz Lamperle) und der Zirkusdompteur (Hermann Pfaff) zu neuem Leben erweckt. Und dabei wird ihnen gleich eine große Ehre zuteil. Sie führen fortan den Waldseer Narrensprung an und sorgen – wie in den 20er- bis 60er-Jahren – für Ordnung und Humor an der Umzugsstrecke.
Kurier Paul Maucher, der als Institution hoch zu Ross den Beginn des Umzugs markierte, saß im vergangenen Jahr letztmals im Sattel, um bei einem Narrensprung voranzureiten. Die Suche nach einem Nachfolger gestaltete sich schwierig, und genau zu diesem Zeitpunkt machte die Wiederauferstehung der Rössle-Gruppe die Runde. Schnell war klar, die vier bekannten Waldseer Narren übernehmen diese Aufgabe. „Auf diese Weise greifen wir die alte Tradition komplett wieder auf“, berichten die Mitglieder der „Pferdetroika“samt Dompteur.
Um die Pferderestauration machten sich unter Federführung von Walter Schranz nicht nur die vier Mitglieder der Rössle-Gruppe verdient. Bei der Bearbeitung der Originalpferde erhielten sie Unterstützung von Simone Kolb, Jürgen Wirth, Hans-Gerd Hendricks und Maikel Auer. Herbert Pohl sprayte den Pferden täuschend echte Gesichtszüge auf, und Franz Daiber frisierte die Pferd zu guter Letzt noch. Zuvor mussten die PappmascheeKonstruktionen verstärkt und wetterfest gemacht werden – und zwar Lage um Lage. Etliche Abende und
Nachmittage brachten die Helfer damit zu, Glasfaser, Karton, Gewebe, Spachtelharz oder Epoxidharz aufzutragen und trocknen zu lassen. Rund 100 Arbeitsstunden wurden in jedes Pferd investiert.
Eine weitere Herausforderung war es, einen Herrenschneider zu finden, der die Fräcke schneidern konnte, berichtet Mosch. Fündig wurden Sie bei Christine Kühefuß in Weingarten. Gemeinsam erarbeiteten sie die bunten und aufeinander abgestimmten Kostüme. „Die Häser sind aufwendig geschneidert und mit hochwertigen Stoffen ausgestattet“, berichten die vier und zeigen sich erfreut über das gelungene Ergebnis. Rund 7500 Euro haben die vier Kostüme insgesamt gekostet. Gesponsert wurde die Rössle-Gruppe dabei von der Volksbank Allgäu-Oberschwaben.
Mosch, Schranz, Lamperle und Pfaff werden als Närrische Gruppe ausschließlich bei den Narrensprüngen in Bad Waldsee zu bewundern sein. Am Gumpigen Donnerstag und am Fasnetsmontag bilden sie den Kopf des Umzugs und werden auch zuvor schon in den Gaststätten und Fasnetshäusern zur Fasnet einladen. „Wir werden das Stadtgeschehen karikieren, wollen aber keine Gruppe kopieren“, verdeutlicht Mosch. Und so haben sich die vier dazu entschieden, ihre Erzählungen aus der Sicht der Pferde aufzubereiten. Auf ihre erste Fasnet als Rössle-Gruppe freuen sich die verdienten Zunftmitglieder schon sehr und scherzen selbst darüber, dass sie in ihrem Alter – Lamperle (66), Mosch (66), Pfaff (64) und Schranz (52) – so nochmals ein wichtiger Teil der Waldseer Fanset sein können. Verewigt hat sich die Närrische Gruppe jetzt schon. Denn die Rössle sind das diesjährige Motiv der Fasnet-Pins. Die Idee, die Unikate wieder zu reaktivieren, hatten übrigens Franz Mosch und VizeZunftmeister Christoph Mayer.