Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Ware Mensch

Ulms Fußballer Adrian Beck über seine Zeit in Belgien und Schottland und seine Rückkehr zu den Spatzen

- Von Gideon Ötinger

ULM - Im Gedächtnis von Adrian Beck wird das Jahr 2019 einen besonderen Platz bekommen. In zwölf Monaten hat der 22-Jährige mehr von der Fußballwel­t gesehen als manche Regionalli­ga-Spieler in ihrer ganzen Laufbahn – wenn überhaupt. Deutschlan­d, Belgien, Schottland und dann wieder Deutschlan­d waren seine Stationen. Er will die Zeit im Ausland nicht missen, erklärt er. Aber: „Ich könnte ein Buch schreiben. Der Titel: Die Ware Mensch.“

Beck hatte ein starkes erstes halbes Jahr bei den Ulmern, nachdem er im Sommer 2018 zum Team von Trainer Holger Bachthaler dazugestoß­en war. Im offensiven Mittelfeld überzeugte­n seine Technik und sein Tempo am Ball, das fiel auch einigen Scouts auf. Ein Interessen­t war Royal Union Saint-Gilloise aus der zweiten belgischen Liga. „Das war eine große Chance.“Und so sagt Beck kurz nach dem Jahreswech­sel dem SSV-Sportvorst­and Anton Gugelfuß, dass er weggehen wird. „Er hat es zuerst gar nicht geglaubt“, erzählt Beck.

Zum großen Bruch kam es aber nicht. Heute wohnt Beck in einer Einliegerw­ohnung in Oberelchin­gen – Gugelfuß’ Einliegerw­ohnung. Beck macht sich Gedanken über seine Situation, sein Umfeld und die Branche, in der er sein Geld verdient. Nebenher studiert er Sportbusin­essManagem­ent. „Da studiere ich lieber, bevor ich fünf Stunden vor der Spielekons­ole verbringe. Man braucht ein zweites Standbein.“Bei den Ulmern gehört er damit zur Ausnahme. „Es gibt einige, die nur Fußball spielen“, sagt Beck und ein bisschen klingt es, als könne er das nicht so recht verstehen. Er hat schließlic­h gesehen, wie schnell es gehen kann.

Beim neureichen Club Saint-Gilloise brachte es Beck nur auf vier Spiele. Im Sommer kam ein neuer Trainer – Beck wurde verliehen. Am letzten Tag der Transferfr­ist im Sommer 2019 ging es für ihn zum Hamilton FC in die schottisch­e erste Liga. Doch auch in Schottland lief es nicht wie erhofft. „Ich bin ein Spielertyp, der gerne den Ball hat“, sagt Beck. „Der Fußball war in Schottland nicht unbedingt schlechter als in Belgien, nur komplett anders.“Auf sechs Partien brachte er es, darunter waren die Kracher gegen Celtic Glasgow und Glasgow Rangers – vor 50 000 und 60 000 Zuschauern. „Boah, schon krank“, dachte Beck, als er im Stadion der Rangers auflief. Auch deren Trainer flößte ihm Respekt ein: Liverpool-Legende Steven Gerrard.

Dennoch wollte er die Leihe vorzeitig beenden. Das kam in Belgien natürlich nicht gut an. Es kam zum Streit – und am 22. Februar spielt Beck wieder für Ulm in der Regionalli­ga. „Ich bin froh, wenn ich wieder Fußball spielen kann.“

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FOTO: HORST HÖRGER Adrian Beck

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