Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Sprössling
Aisultan Nasarbajew schreibt seit Tagen Facebook-Posts, die für den herrschenden Klan Kasachstans sehr peinlich sind. Zum Beispiel, dass seine Mutter Dariga und ihr Gatte versucht hätten, seinem früheren Schwiegervater Kairat Boranbajew einen Gasliefervertrag mit Russland abzujagen, an dem es jährlich 700 Millionen Dollar Schmiergeld zu verdienen gab. Er habe die Partei seines Schwiegervaters ergriffen, darum wollte seine Mutter ihn fertig machen. Seine Familie hätte ihn 14 Monate in einem Privatgefängnis im Russland festgehalten, erklärte er am Donnerstag. Und er beantrage in England politisches Asyl.
Auch das ein Skandal. Aisultans Großvater ist Nursultan Nasarbajew, Expräsident und auf Lebenszeit „Führer der Nation“. Aisultan absolvierte die britische Militärakademie Sandhurst, die Fußballakademie des FC Chelsea und die elitäre Londoner Drogenklinik Priory. Er ist 29, verheiratet, geschieden. Er wuchs privilegiert und verwöhnt wie ein Prinz auf, geriet aber in grausame Familienintrigen.
Sein Vater Rachat Alijew fiel nach einem Streit mit dem Großvater in Ungnade, floh, hing 2015 tot in einer Wiener Gefängniszelle. Aisultan sagte später, auch darum habe er Drogen konsumiert. Wirklich aber sei er nicht Enkel, sondern leiblicher Sohn Nursultan Nasarbajews, das klingt nach Inzest.
Regimekritiker sagen, Aisultans Behauptungen über die Korruption in der politischen Elite klängen sehr real. Aber kasachische Offiziellen parieren ohne Mühe: Er sei sehr lange unter Einfluss psychoaktiver Mittel gewesen.
2019 wurde Aisultan in London zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt: Er war in eine fremde Wohnung eingedrungen, biss einem herbeigerufenen Polizisten heftig in den Arm. Das schwarze Schaf des Nasarbajew-Klans lässt keine Chance aus, um zu zeigen: In Macht und Reichtum aufzuwachsen, ist eher Fluch als Segen.