Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Hohe Corona-Dunkelziffer in China
Mehr als 1700 Ärzte und Helfer haben sich angesteckt
PEKING/PHNOM PENH (dpa) - Ein Ende der Covid-19-Epidemie ist weiter nicht absehbar. Die Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus in China stiegen mit einer neuen Zählweise am Freitag wieder stark. Landesweit sind derzeit in der offiziellen Statistik knapp 64 000 Infektionen mit Sars-CoV-2 erfasst, knapp 1400 Menschen starben demnach. Die Dunkelziffer liegt Experten zufolge aber deutlich höher. Der chinesische Staatssender CCTV berichtete, dass sich im Kampf gegen die Lungenkrankheit Covid-19 mehr als 1700 medizinische Helfer wie Ärzte und Krankenhauspersonal angesteckt haben. Mindestens sechs Helfer starben demnach.
Die Rückreise von zig Millionen Chinesen, die nach den wegen Covid-19 verlängerten Ferien wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, lässt neue Infektionswellen befürchten. „Wir sind momentan nicht in der Lage, die Dynamik des Ausbruchs zu prognostizieren“, sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, am Donnerstag in Berlin.
Aufatmen konnten die Menschen auf dem Kreuzfahrtschiff „Westerdam“: Nach tagelanger Irrfahrt durch asiatische Gewässer konnten die ersten von knapp 2300 Gästen und Crewmitgliedern am Freitag in Kambodscha das Schiff verlassen. Die erste Gruppe der Deutschen an Bord sollte am Abend Richtung Frankfurt reisen. In Thailand sollte noch am Freitag die „Aidavita“im Hafen von Laem Chabang ankommen. Das Kreuzfahrtschiff mit rund 1100 Passagieren zumeist aus Deutschland hatte nicht in Vietnam anlegen dürfen.
In China war die Zahl erfasster Infektionen am Donnerstag um etwa 5 000 gestiegen, weil sich die Zählweise in der besonders betroffenen Provinz Hubei verändert hatte. Die Vorgabe ist dort nun, auch klinische
nicht mehr nur über Labortests bestätigte.
Außerhalb von Festland-China sind in mehr als zwei Dutzend Ländern rund 580 Fälle bestätigt. Auch hier gehen viele Experten von vielen nicht erfassten Infektionen aus. In Deutschland wurden bisher 16 Infektionen festgestellt – 14 Patienten wurden in Bayern behandelt, zwei in Frankfurt. Nachdem am Donnerstag bereits einer der bayerischen Patienten entlassen wurde, konnten am Freitag auch die beiden Frankfurter Patienten nach Hause.
Bei den China-Rückkehrern in der Quarantäne in Germersheim liegen voraussichtlich am Sonntag Ergebnisse der letzten Tests vor. Sofern diese keine Auffälligkeiten aufweisen, wird die Quarantäne am Sonntagmittag aufgehoben, wie das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium mitteilte.
Immer stärkere Auswirkungen hat Covid-19 auf die Wirtschaft. Fluggesellschaften müssen sich auf Umsatzeinbußen
in Milliardenhöhe einrichten. Die Internationale Zivilluftfahrtbehörde en Schätzung ICAO von 4 geht bis 5 in Milliarden einer ersft Dollar (3,7 bis 4,6 Mrd Euro) für das erste Quartal aus.
In Singapur sagte Premier Lee Hsien Loong, dass die wirtschaftlichen Folgen von Covid-19 wahrscheinlich die der Sars-Epidemie von 2002/2003 übertreffen werden. Die Interimschefin des französischen Autobauers Renault, Clotilde Delbos, warnte vor Risiken. Der Konzern habe ein Krisenmanagement eingesetzt. Aus der besonders betroffenen Provinz Hubei in Zentralchina kommen viele Autoteile.