Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Den inneren Schweinehund überwinden
Startschuss für „Fit bis 100“: Leistungstests im Diagnostikzentrum Tettnang
TETTNANG/RAVENSBURG - Fit bis 100? Oder zumindest bis ins hohe Alter? Wie das funktioniert, erleben die sechs Teilnehmer, die die Kooperationspartner „Schwäbische Zeitung“, der Ravensburger Gesundheitsdienstleister Radius und das Diagnostikzentrum Tettnang ausgewählt haben, in den kommenden Wochen und Monaten. Drei Frauen und drei Männer haben es geschafft, einen der begehrten Plätze zu ergattern. Am Montag fiel der Startschuss in Tettnang.
„Ich konnte mir nicht richtig vorstellen, was auf mich zukommt“, berichtet die 69-jährige Brigitte König aus Berg. Die ehemalige Bankangestellte pflegte bis vor Kurzem die Eltern. „Jetzt bin ich mal dran“, findet sie und freut sich riesig über die Möglichkeit, aktiv und unter Anleitung etwas für ihre Gesundheit zu tun. „Gerade aufs Frühjahr hin und zusammen mit einer Gruppe ist das jetzt genau der richtige Zeitpunkt“, stellt sie fest.
Los geht es mit einer allgemeinärztlichen Untersuchung. „Die soll einfach grünes Licht geben, dass keine körperlichen Beeinträchtigungen vorliegen, die den Fitnesswochen entgegenstehen“, beschreibt der Allgemeinmediziner Georg Rudolf das Ziel. Er selbst ist ebenfalls im Ruhestand, hält sich jedoch mit fast täglichen Bergtouren im Oberallgäu fit. „Bewegung ist Leben“, lautet sein Motto.
Nach der körperlichen Untersuchung geht es zur ausführlichen Ganganalyse. Die Teilnehmer laufen barfuß über eine vier Meter lange elektronische Druckmessplatte. Sie misst während des Gehens und Laufens die Druckverteilung am Fuß und gibt Aufschluss über das Abrollverhalten, die anatomische Fußstellung und der damit verbundenen Fußstabilität. Gleichzeitig werden mit 2-DVideotechnik das Gangbild und der Laufstil aufgezeichnet. So können mögliche Ursachen für Fehl- und Überbelastungen untersucht und ausgeglichen werden.
Sportwissenschaftler Felix Heppeler vom Bewegungszentrum „Motion“in Tettnang bespricht das Ergebnis ausführlich und gibt den Teilnehmern hilfreiche Tipps an die Hand. Dazu gehören einfache Gleichgewichtsübungen oder Dehnübungen mit dem Thera-Band, je nach Ergebnis der Analyse.
Für den 92-jährigen Alois Thoma aus Baienfurt ist das Barfuß-Laufen kein Problem. Einlagen für die Schuhe? „Bis jetzt brauche ich noch keine“, schmunzelt er. Gespannt auf den ersten Tag im Diagnostikzentrum ist die 64-jährige Marianne Blumer aus Ebenweiler. Sie betreibt bereits regelmäßig Sport. Das Vorbild ist ihre Mutter, die 98
Jahre alt wurde und bis zuletzt fit war. „Das möchte ich auch erreichen“, sagt sie.
Nach der Gang-Analyse wird es für die Probanden anstrengend. Mit einem speziellen Messsystem wird die Kraft der verschiedenen Muskelgruppen erfasst. „Damit dokumentieren wir den Ist-Zustand der Muskulatur zu Beginn der Fitnesswochen“, erklärt Markus Weber, Leiter des Diagnostikzentrums Tettnang. „ Hopp hopp hopp“, feuert Benjamin Gstöhl, ebenfalls Sportwissenschaftler, den 71-jährigen Alfred Plewa
aus Weingarten bei dieser Aufgabe an. Dessen Ziel: den inneren Schweinehund überwinden. „Das Angebot kam wie gerufen, ich möchte gesünder leben und mich mehr bewegen, vor allem richtig bewegen“, erklärt der frühere Hochschullehrer.
So geht es auch dem 62-jährigen Peter Stache aus Staig. Der Frührentner ist der jüngste Teilnehmer der Gruppe. Er geht unregelmäßig Walken und unternimmt im Sommer ab und zu Bergwanderungen.
Die abschließende Untersuchung findet auf dem Ergometer statt. „Hier testen wir die Ausdauerfähigkeit“, so Weber. Dazu gehören ein BelastungsEKG,
außerdem ein Lungenfunktionsund ein Laktattest.
Wenn die Untersuchungen ausgewertet sind, erhalten die Teilnehmer einen individuellen Trainingsplan. „Dabei berücksichtigen wir die sportlichen Vorlieben der Probanden und ergänzen den Plan mit Übungen, die die Defizite ausgleichen sollen“, fasst der Leiter des Diagnostikzentrums zusammen. Sehr wichtig ist aus seiner Sicht, eine Überforderung zu vermeiden. „Der Körper und die Muskulatur brauchen auch Ruhepausen, die sind ebenfalls im Trainingsplan enthalten“, betont er.
Eine positive Bilanz vom ersten Tag zieht, stellvertretend für die gesamte Gruppe, Brigitte König: „Sehr interessant und abwechslungsreich“, lautet ihr Fazit, dem sich alle Teilnehmer nur anschließen können.