Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Die Knochen tun weh, da muss ich durch“
Ex-Weltmeister Christian Zeitz, 39, über sein Bundesliga-Engagement beim TVB Stuttgart
STUTTGART - Ausnahmespieler Christian Zeitz ist zurück in der Bundesliga. Der Überraschungstransfer des TVB Stuttgart ist in dieser Woche die Nachricht, die durch die deutsche Handballszene wie ein Lauffeuer gegangen ist. David Drenovak hat mit dem gebürtigen Heidelberger über sein gelungenes Comeback am Donnerstagabend in Melsungen und das bevorstehende Spiel gegen seine alten Teamkameraden in Kiel gesprochen und ihn gefragt, wie es ist, mit 39 Jahren zurück in die Spitzenklasse des deutschen Handballs zu kommen.
Willkommen zurück in der Bundesliga, Christian Zeitz. Viele haben Sie dort sicher sehr vermisst?
Ich glaube, ich wurde nicht so sehr vermisst, aber die Freude war umso größer, dass ich wieder da bin. Das hat man am Donnerstagabend auch in Melsungen gespürt. Einige Zuschauer waren da, die sich sehr gefreut haben, mich mal wieder spielen zu sehen.
Sie konnten gleich ein gelungenes Comeback feiern und drei Tore zum Sieg beisteuern. Wie fühlt es sich an, zurück im Oberhaus zu sein?
Es war anders als früher, ich war darauf nicht vorbereitet, dass ich gleich wieder spielen muss. Ich habe die vergangenen drei Monate nicht gespielt. Ich habe aktuell auch nicht dafür trainiert, dass ich am Donnerstagabend Bundesliga spiele. Ich habe mich auf die neue Saison vorbereitet. Hab viel Krafttraining und Grundlagenausdauer gemacht – und das war natürlich das komplett Falsche. Eigentlich hätte ich in die schnellen Sprints gehen müssen, wenn ich das gewusst hätte. Aber es war schön, wieder dabei zu sein, und es hat gutgetan, mal wieder zu spielen.
Tun Ihnen die Knochen heute trotzdem ein bisschen weh oder fühlen Sie sich fitnesstechnisch gut?
Die Knochen tun weh, aber das liegt eher daran, dass ich die letzten vier, fünf Tage nur im Auto verbracht habe und zwischen Heidelberg und Stuttgart zu Fitnesstests und Trainings gependelt bin. Aber da muss ich jetzt durch, und das wird sich in den nächsten zwei Wochen auch wieder legen.
Ihr neues Team hat am Donnerstagabend gleich einen wichtigen 26:21Auswärtssieg in Melsungen geholt. Was trauen Sie dem TVB bis zum Ende der Saison zu?
Das Ziel ist ganz klar der Klassenerhalt. Wir haben jetzt wichtige Spiele vor uns gegen Balingen, Friesenheim und Erlangen. Wenn wir die gewinnen, können wir noch den einen oder anderen Platz steigen.
Haben Sie ein persönliches Ziel für den Rest der Saison oder freuen Sie sich einfach nur, zurück zu sein?
Natürlich freue ich mich, zurück zu sein. Aber ich möchte vor allem der Mannschaft helfen, den Tabellenplatz zu sichern und – wenn möglich – noch ins Mittelfeld zu kommen. Und schönen Handball spielen.
Der Wechsel ging jetzt von außen betrachtet sehr schnell. Haben Sie überhaupt Bedenkzeit gehabt beziehungsweise gebraucht?
Montagfrüh habe ich einen Anruf von Jürgen Schweikardt (Stuttgarts Trainer; d. Red.) bekommen, ob ich Lust hätte, mal vorbeizukommen und mal mitzutrainieren. Von dem Moment an war mir eigentlich klar: Wenn die Chance besteht, noch mal Bundesliga spielen zu dürfen, dann werde ich sie auch nutzen.
Sie werden im November 40. War das für Sie ein Thema bei der Entscheidung, noch mal Bundesliga zu spielen, oder gab’s diesen Gedankengang gar nicht?
Den Gedankengang gab’s schon, aber ob man 39 oder 40 ist, das macht keinen Unterschied. Ich glaube, ich hab’ es noch drauf und kann der Mannschaft noch helfen. Das war für mich dann wichtiger. Da spielt das Alter nicht so ’ne große Rolle.
Ihr Vertrag läuft aktuell bis zum Ende der Saison, verlängern Sie bei einem entsprechenden Angebot?
Ich möchte natürlich noch weiter Handball spielen und plane gerade, wie es für mich weitergeht. Generell bin ich für alle interessanten Angebote offen.
Gibt es überhaupt einen Posten, der Sie reizen würde zu sagen: „Ich häng’ die Handballschuhe dafür an den Nagel“? Trainer, Manager oder ein Posten im Verband?
Ich warte aktuell auf die Anmeldung für die B-Lizenz und möchte mich für den Lehrgang anmelden. Das heißt, ich möchte irgendwann ins Trainergeschäft einsteigen.
Gegen Kiel hat der TVB Stuttgart nichts zu verlieren, allerdings brauchen die Kieler die Punkte im Kampf um den Titel genauso nötig. Was erwarten Sie vom Spiel, wie schätzen Sie die Chancen ein?
Da wird es schon richtig zur Sache gehen am Sonntag, das wird kein einfaches Spiel. Wir sind ganz klar der Außenseiter, wir fahren hin, um Kiel zu ärgern. Wir müssen da aber auch keine Punkte holen, sondern wir müssen unsere Aufgaben gegen die Tabellennachbarn lösen, da müssen wir die Punkte holen.
Die Ostseehalle war 13 Jahre lang Ihr Wohnzimmer. Trotz aller Erfahrung, sind Sie ein wenig aufgeregt vor Sonntag?
Die Aufregung ist da, aber natürlich freue ich mich auch, wieder in die Halle zu kommen und meine ehemaligen Mitspieler zu sehen. Ich bin gespannt, wie ich empfangen werde. So ein Spiel ist schon etwas Besonderes und nicht wie jedes andere.