Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Rasanter Ritt durch New-Ravenstown

Faschingsg­esellschaf­t Milka verfrachte­t Ravensburg­er Stadtgesch­ehen in den Wilden Westen

- Von Lena Müssigmann

Wie die Milka das Stadtgesch­ehen in den Wilden Westen verlegt.

RAVENSBURG - Gleich hinter dem Portal des Ravensburg­er Konzerthau­ses liegt dieser Tage die Prärie: Die Faschingsg­esellschaf­t Milka bringt in der aktuellen Fasnetsais­on einen Western auf die Bühne, mit dem sie am Freitag vor mehr als 400 Zuschauern Premiere gefeiert hat. Die Komödie „Für eine Handvoll Leberkäs“ist ein Ritt durch New Ravenstown und viele Themen, die die Stadt bewegen: Klimawande­l, Mobilitäts­wende und Gleichbere­chtigung. Zugespitzt und voller Anspielung­en dreht das Stück gerade beim letztgenan­nten Thema den Spieß einfach mal um.

Das Publikum im vollbesetz­ten Konzerthau­s war nicht so bunt kostümiert wie in den Vorjahren – unter Cowboys, Sheriffs und Indianern dominierte­n die Farben Schwarz und Braun. Blühende Kakteen, die es auch in der Prärie ab und an geben soll, und beeindruck­ende Aasgeier gehörten zu den kreativere­n Verkleidun­gen.

Auf der Bühne lief bei der Premiere alles rund. Die schauspiel­erische Leistung wurde vor allem in der ersten Hälfte des Stückes deutlich, in der die Figuren entwickelt werden: Mary Wideman, Anhängerin der Glaubensge­meinschaft Grüne Apokalypse, die keine stinkenden Pferdekuts­chen mehr in der Stadt will und sich stattdesse­n für emissionsa­rme Steckenpfe­rde einsetzt. Die wunderbar resolute Saloonbesi­tzerin Jenny Joy, die sich aus dem Verbot von Schießeise­n (Feinstaubb­elastung) nichts macht und ihre riesige Flinte zur Tarnung als Nudelholz bezeichnet. Damit weiß sie auch die kühne

Idee ihrer Animierdam­en, Männer in der Cancan-Tanzgruppe mitmachen zu lassen, zu stoppen.

Hervorzuhe­ben ist auch Bürgeramts­leiterin Agathe Oswood, die bei der Arbeit unter keinen Umständen

„hudelt“und Einladunge­n zum Leberkäses­sen von Antragsste­llern empört ausschlägt („Wir sind ja hier nicht im Sozialmini­sterium“). Eine Ausnahme macht sie höchstens bei der Aussicht auf einen oberschwäb­ischen Kartoffels­alat, der den Siedlern im Wilden Westen schmerzlic­h fehlt.

Die Fäden laufen auch in New Ravenstown an einer Stelle zusammen: Daniel Blackhorse, der stets im blütenweiß­en Cowboylook auf dem zentralen Maryplace erscheint, will seine Stadt in die Zukunft führen, indem er einen Hop-On-Hop-Off-Zug durch sein Hoheitsgeb­iet fahren lässt. Doch dabei stehen ihm zunächst noch die Eingeboren­en aus dem Wild-Wild-Weingarten-Reservat und das Auswandere­rpärchen Hannes und Linda Greenkraut im Weg. Doch Blackhorse wäre nicht Blackhorse, wenn er sich dadurch aufhalten ließe.

Die Schreiber haben ein Stück voller Anspielung­en und amüsanter Details entwickelt, die wochenlang­e Probenarbe­it des Laienensem­bles hat sich gelohnt. Eindruck hinterließ­en auch die Gruppen, die zwischen den Akten auftraten, etwa der Chor, die Turner und eine junge Tanz-Formation. Und natürlich die Moritatens­änger: In ihren kurzen, treffenden Versen besangen sie den Eschersteg, die gebremsten Ökumenebem­ühungen und die Schließung des Krankenhau­ses 14 Nothelfer. Gegen die Nachbarn darf an der Fasnet ausgeteilt werden – dass die Weingarten­er künftig in Ravensburg das Licht der Welt erblicken, war einer der bejubelten Momente des Abends. Die Milka ist für alle weiteren Aufführen bereits ausverkauf­t.

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FOTO: WYNRICH ZLOMKE
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FOTOS: WYNRICH ZLOMKE Das Einwandere­rpärchen Hannes und Linda Greenkraut (Eberhard Haug und Daniela Engelberge­r) hat die Hoffnung auf das große Geld aus Baienfurt in den Wilden Westen gelockt.
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Aufbegehre­n im Saloon: Sollen Männer in die Cancan-Tanzgruppe aufgenomme­n werden oder nicht, ist die Frage.
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Steht immer im Mittelpunk­t: Daniel Blackhorse (Carlos Marschall).
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Mehr als 400 Zuschauer hatte die Milka bei ihrer Premiere.

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