Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Rasanter Ritt durch New-Ravenstown
Faschingsgesellschaft Milka verfrachtet Ravensburger Stadtgeschehen in den Wilden Westen
Wie die Milka das Stadtgeschehen in den Wilden Westen verlegt.
RAVENSBURG - Gleich hinter dem Portal des Ravensburger Konzerthauses liegt dieser Tage die Prärie: Die Faschingsgesellschaft Milka bringt in der aktuellen Fasnetsaison einen Western auf die Bühne, mit dem sie am Freitag vor mehr als 400 Zuschauern Premiere gefeiert hat. Die Komödie „Für eine Handvoll Leberkäs“ist ein Ritt durch New Ravenstown und viele Themen, die die Stadt bewegen: Klimawandel, Mobilitätswende und Gleichberechtigung. Zugespitzt und voller Anspielungen dreht das Stück gerade beim letztgenannten Thema den Spieß einfach mal um.
Das Publikum im vollbesetzten Konzerthaus war nicht so bunt kostümiert wie in den Vorjahren – unter Cowboys, Sheriffs und Indianern dominierten die Farben Schwarz und Braun. Blühende Kakteen, die es auch in der Prärie ab und an geben soll, und beeindruckende Aasgeier gehörten zu den kreativeren Verkleidungen.
Auf der Bühne lief bei der Premiere alles rund. Die schauspielerische Leistung wurde vor allem in der ersten Hälfte des Stückes deutlich, in der die Figuren entwickelt werden: Mary Wideman, Anhängerin der Glaubensgemeinschaft Grüne Apokalypse, die keine stinkenden Pferdekutschen mehr in der Stadt will und sich stattdessen für emissionsarme Steckenpferde einsetzt. Die wunderbar resolute Saloonbesitzerin Jenny Joy, die sich aus dem Verbot von Schießeisen (Feinstaubbelastung) nichts macht und ihre riesige Flinte zur Tarnung als Nudelholz bezeichnet. Damit weiß sie auch die kühne
Idee ihrer Animierdamen, Männer in der Cancan-Tanzgruppe mitmachen zu lassen, zu stoppen.
Hervorzuheben ist auch Bürgeramtsleiterin Agathe Oswood, die bei der Arbeit unter keinen Umständen
„hudelt“und Einladungen zum Leberkäsessen von Antragsstellern empört ausschlägt („Wir sind ja hier nicht im Sozialministerium“). Eine Ausnahme macht sie höchstens bei der Aussicht auf einen oberschwäbischen Kartoffelsalat, der den Siedlern im Wilden Westen schmerzlich fehlt.
Die Fäden laufen auch in New Ravenstown an einer Stelle zusammen: Daniel Blackhorse, der stets im blütenweißen Cowboylook auf dem zentralen Maryplace erscheint, will seine Stadt in die Zukunft führen, indem er einen Hop-On-Hop-Off-Zug durch sein Hoheitsgebiet fahren lässt. Doch dabei stehen ihm zunächst noch die Eingeborenen aus dem Wild-Wild-Weingarten-Reservat und das Auswandererpärchen Hannes und Linda Greenkraut im Weg. Doch Blackhorse wäre nicht Blackhorse, wenn er sich dadurch aufhalten ließe.
Die Schreiber haben ein Stück voller Anspielungen und amüsanter Details entwickelt, die wochenlange Probenarbeit des Laienensembles hat sich gelohnt. Eindruck hinterließen auch die Gruppen, die zwischen den Akten auftraten, etwa der Chor, die Turner und eine junge Tanz-Formation. Und natürlich die Moritatensänger: In ihren kurzen, treffenden Versen besangen sie den Eschersteg, die gebremsten Ökumenebemühungen und die Schließung des Krankenhauses 14 Nothelfer. Gegen die Nachbarn darf an der Fasnet ausgeteilt werden – dass die Weingartener künftig in Ravensburg das Licht der Welt erblicken, war einer der bejubelten Momente des Abends. Die Milka ist für alle weiteren Aufführen bereits ausverkauft.