Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Riesenpublikum für ein riesiges Event
Das erste Lichterfest in Ravensburg begeistert am Samstagabend Tausende
RAVENSBURG - Endlich kommen sie, das laute Getrommel kündigt sie an: Leuchtende Rochen gleiten durch die Luft, gigantische Fische mit Glubschaugen, riesigen Mäulern und spitzen Zähnen, Medusen schweben im Nachthimmel hoch über den unzähligen Köpfen der Menschenmenge in den Straßen um den Gespinstmarkt. Niemand hätte mit so viel Publikum zum ersten Lichterfest in Ravensburg gerechnet – Tausende waren gekommen, um die Parade der in unzähligen Stunden Handarbeit entstandenen Leuchtkörper zu sehen. Hoffentlich keine einmalige Sensation.
Als hätten die Wettermächte ein Einsehen gehabt mit diesem Vorhaben: ruhige Luft, ein kristallklarer Tag, die Kühle erträglich, rundum fantastische Bedingungen. Unterhalb vom Gänsbühl im Humpisquartier in der Roßbachstraße werden ab halb fünf die Figuren ausgegeben, zuerst die Riesenobjekte, dann die mittelgroßen und die kleinen, zuletzt kommen noch viele Eltern mit Kindern, die kleine Objekte in der Parade tragen wollen. Nicht für alle sind genügend LED-Lichterketten da, aber es klappt alles – dank WalkieTalkie und super Organisation wie am Schnürchen.
Das Figurenatelier leert sich, und die Figuren nehmen Aufstellung am Gespinstmarkt. Der ist allerdings schon übervoll mit Menschen, und die lassen kaum Gassen frei. Also besser in die Straßen ausweichen, wo nachher die Parade durchkommt. In der Brotlaube laufen Lichtmuster über die hohen Wände, auf der anderen Seite in der Marktstraße hat man einen Blick nach unten zu den Großfiguren.
Schon von Weitem sieht das einfach toll aus, was da alles entstanden ist in dem halben Jahr Arbeit und jetzt von etwa 500 Menschen auf die Beine gestellt wurde. Vom kleinsten Lampion bis zur Riesenschlange alles in Handarbeit in den Ateliers von Kindern bis zur Seniorin unter der
Anleitung des Kreativteams unter Projektleiterin Jeannine Delia, dem Designer Nikita Anders, der Künstlerin Sue Walpole, den Workshopleitern Pat Geddert, Robert Huber und Lisa Bourboulis. Die Kooperation zwischen dem Deutsch-Syrischen Freundschaftsverein Oberschwaben-Allgäu und seinem Vorstand Christian Mayer und dem integrativen Kapuziner- Kreativzentrum (Leiter Marcel Martetschläger) bildete den harten Kern dieses großartigen Projekts für Ravensburg und seine Bürger.
Nicht nur sehr viel handwerkliche Detailarbeit steckt in dieser fantasievollen an der Natur orientierten Fauna der Ozeane, mitsamt einem U-Boot und einem Taucher in historischer Ausrüstung von sechs Metern Höhe, gefertigt aus Japanpapier oder weißer Plane. Gerade das Fehlen von Farbe, nur ein paar kleinere sind mit farbigen LEDs beleuchtet, macht sie so intensiv und lässt ihr Skelett aus gespaltenen Weidenruten oder gewässertem Bambus sichtbar werden. Da gibt es Fischschuppen in Kreisen, die Augen bestehen mal aus einem Japanballonlampenschirm, die scharfen Haizähne, dessen Maul sich drohend bewegt, sind präzise Lanzetten, die blütenartigen Flügel eines Zierfischs sind gesäumt mit blauen LEDs.
Es geht ein unglaublicher Zauber von diesen Geschöpfen aus – die Leute stehen da, lächeln, staunen, jubeln, applaudieren, so mancher bekommt wieder für kurze Zeit sein Kindergesicht zurück. Nach dem Finale mit einer Lichtshow kommt der offizielle Dank: Der CDU-Landtagsabgeordnete August Schuler freut sich an den vielen Familien, Landessozialminister Manfred Lucha (Grüne) sieht Ravensburg als Vorbild für Integration, Kulturamtsleiterin Verena Müller ist begeistert vom großen Publikum und versichert, dass eine der Großfiguren im Humpis-Museum aufgestellt wird. Und ganz sicher ist, dass es ein nächstes Mal geben soll.