Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Lehrbeispiel im Kampf gegen Rassismus
Affenlaute verunglimpfen in Münster Leroy Kwadwo – Dann steht das Stadion zusammen
MÜNSTER (SID/dpa) - Leroy Kwadwo hätte sich einen anderen Anlass für seine erste Einladung ins Aktuelle Sportstudio gewünscht. Doch das Thema Rassismus ist im deutschen Fußball spätestens seit den Tränen des Hertha-Verteidigers Jordan Torunarigha wieder brandaktuell. Umso bestürzender ist, dass es am Freitag im Drittligaspiel zwischen Preußen Münster und den Würzburger Kickers zu neuerlichen Tiraden kam. Umso bemerkenswerter aber, wie couragiert viele Zuschauer auf den Krakeeler reagierten.
„Das kann nicht sein. Das geht gar nicht“, habe er gedacht, als er in der 85. Minute einen Einwurf ausführen wollte, erklärte Kwadwo: „Ich war sauer, enttäuscht und verwundert, dass so etwas möglich ist.“Sein großer Dank ging an die Fans von Preußen, die „schnell und toll“gehandelt hätten: „Dafür bin ich einfach dankbar.“Mehrere Preußen-Anhänger zeigten auf den Täter und halfen den Ordnungskräften damit bei der Identifizierung. Dank dieser solidarischen Aktion empfand Kwadwo nach eigener Aussage bei aller Wut „auch schon fast eine Genugtuung“. „Das hat mir geholfen, da noch ruhiger zu bleiben“, sagte er im ZDF. „Die Fans haben da schon einiges an Arbeit geleistet, dafür bin ich dankbar. Wenn sowas passiert, dass man dann im Verbund sowas im Keim erstickt und solchen Leuten keine Chance lässt.“
Der Mann wurde gestellt und festgenommen. Laut Polizei soll eine Anzeige wegen Volksverhetzung gestellt werden. Zudem hallten in den Schlussminuten der torlosen Partie „Nazis raus“-Rufe durch das Stadion.
„Eure Reaktion ist vorbildlich. WIR müssen alle weiter dagegen angehen, wie IHR es getan habt, und dies im Keim ersticken lassen“, ließ Kwadwo bereits am Samstag über die Webseite der Würzburger Kickers ausrichten. Am Ende seines Eintrags schrieb er zudem: „Danke für Eure Menschlichkeit.“
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nannte den Vorfall in einem Tweet „traurig und beschämend“, lobte aber ebenfalls die Reaktion des Publikums als „vorbildlich“. Münster distanzierte sich ausdrücklich vom Täter. „Nazis raus! Kein Platz für Rassismus im Preußenstadion“, stand auf der Homepage.
Vereinspräsident Christoph Strässer stellte klar: „Das ist nichts, was auf den Fußballplatz und schon gar nicht in unser Stadion gehört.
Solche Leute wollen und brauchen wir hier nicht. Ich habe mich unmittelbar nach dem Spiel bei den Würzburgern entschuldigt.“Torunarigha, der sich Anfang Februar während des DFB-PokalSpiels auf Schalke als Opfer von Tiraden fühlte, wollte es nicht glauben: „Ohne Worte“, twitterte der Berliner. Der schwarze DFBSpieler Antonio Rüdiger schrieb in den sozialen Netzwerken: „Wahnsinn ... und schon wieder ein Vorfall. Unfassbar. Aber Respekt vor den Reaktionen der Zuschauer. Bleib stark, Leroy Kwadwo.“
Leroy Kwadwo
Der Vorfall wirft abermals die Frage auf, wie mit Rassismus im Sport umzugehen ist. Die Zuschauer in Münster haben gezeigt, wie effektiv Zivilcourage sein kann. Und auf dem Rasen? Der dunkelhäutige Nationalspieler Benjamin Henrichs (AS Monaco) hatte jüngst dazu aufgerufen, dass die Spieler geschlossen den Platz verlassen sollten.
Diese Haltung teilt auch Kwadwo. „Die Mannschaften sollten das in die eigenen Hände nehmen. Dann spielen wir einfach nicht. Fußball hat eine große Macht.“Der 23-Jährige appellierte an den Geist der WM 2006, der damals Deutschland erfüllte: „Da war das Motto: Die Welt zu Gast bei Freunden. Das müssen wir jeden Tag leben.“
„Das war schon eine Genugtuung. Dafür bin ich einfach dankbar.“