Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mit staatlicher Hilfe durch die Krise
Auch Fußballclubs dürfen Kurzarbeitergeld beantragen – Champions-League-Clubs spenden
DORTMUND (dpa) - Keine Spiele, keine Einnahmen. Nach der Empfehlung des DFL-Präsidiums, eine Aussetzung des Spielbetriebs in der 1. und 2. Bundesliga mindestens bis zum 30. April zu verlängern, wächst bei den 36 Proficlubs der finanzielle Druck. Vier von denen gingen nun mit einer einmaligen Solidaraktion voran. Mit rund 20 Millionen Euro wollen die vier deutschen Champion-League-Clubs die finanziell notleidenden Fußballvereine der beiden Topligen unterstützen.
Über ein Modell für die Hilfsaktion hätten sich der FC Bayern München, Borussia Dortmund, RB Leipzig und Bayer Leverkusen verständigt. Die vier Clubs wollen laut „Bild“auf 12,5 Millionen Euro verzichten, die ihnen aus dem aktuellen TV-Vertrag zustünden. Das Geld fließt nun in den Solidartopf.
Die vier Top-Clubs stocken diese Summe mit eigenen Mitteln zudem um insgesamt 7,5 Millionen Euro auf – somit stünden 20 Millionen Euro zur Verfügung. Die Deutsche Fußball Liga solle „je nach Bedürftigkeit“entscheiden, welcher Verein Geld erhält. Ein erster Schritt ist also gemacht. Auch die Bereitschaft einiger Profis, in der Corona-Krise auf Teile ihres Gehaltes zu verzichten, trägt vielerorts zur Sicherung der Liquidität bei. Doch mit all dem allein scheint es nicht getan. Immer mehr Vereine erwägen, staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Auch wenn wir noch keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen müssen, so denken wir über Maßnahmen wie Kurzarbeit nach“, sagte Hertha-Geschäftsführer Ingo Schiller.
Landesweit gibt es einen Ansturm von Unternehmen auf das erweiterte Kurzarbeitergeld. Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt dabei 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Bei Arbeitnehmern mit Kind sind es 67 Prozent. Auch Fußballclubs können diese Hilfe in Anspruch nehmen. Vor allem Dritt- und Viertligisten machen davon rege Gebrauch. „Wie viele andere Unternehmen und Vereine der Region sind auch wir in dieser sehr schwierigen Situation von der Existenz bedroht. Deshalb müssen wir nun auch die staatlichen Maßnahmen in Anspruch nehmen“, sagte Mario Kallnik, Geschäftsführer des Drittligisten Magdeburg der „Volksstimme“.
Für Profis aus den Topclubs mit üppigen Gehältern ist das jedoch kein Thema. Schließlich liegt die
Beitragsbemessungsgrenze für Kurzarbeit im Westen bei 6900 Euro, im Osten bei 6450 Euro monatlich. Allerdings könnten Vereinsangestellte der Topclubs betroffen sein. So schickt der Zweitliga-Neunte Hannover 96 einen Teil seiner Geschäftsstellen-Mitarbeiter vom 1. April an in Kurzarbeit. Mit den Profis soll separat über Gehaltsverzicht geredet werden. Auch die Konkurrenten Aue und Dresden führten Kurzarbeit ein.
Nach Schätzungen des „Kicker“zahlen die Bundesligisten etwa 22 Millionen Euro für die Mitarbeiter in Handel und Verwaltung. In der 2. Liga soll diese Summe bei etwa fünf
Millionen Euro liegen. Die Einsparpotenziale sind deshalb auch in diesen Personalbereichen groß.
Gerade in den unteren Ligen wird die Möglichkeit der Kurzarbeit stark genutzt. Auch Traditionsclubs wie Preußen Münster, Rot-Weiss Essen, Würzburger Kickers, Eintracht Braunschweig, 1. FC Kaiserslautern oder Hansa Rostock sahen sich zu diesem Schritt gezwungen. In allen Fällen, in denen auch die Spieler davon betroffen sind, mussten diese – gemäß gesetzlicher Regelung – zustimmen. „Die Kurzarbeit kann von dem jeweiligen Spieler abgelehnt werden, wenn es diesbezüglich keine tarifvertragliche Regelung oder eine Betriebsvereinbarung gibt“, sagte Kolja Hein, Rechtsanwalt für Arbeitsund Sportrecht, dem „Kicker“.
Weil sich viele Fußballclubs beim Thema Kurzarbeit auf unbekanntes Terrain begeben, hat der DFB eigens ein Merkblatt erstellt. Zudem suchen viele Spieler juristischen Rat bei der Vereinigung der Vertragsfußballspieler (VDV), wie Geschäftsführer Ulf Baranowsky weiß: „Die Nachfrage ist beträchtlich – vor allem aus der 3. Liga und der Regionalliga.“
Bleibt zu hoffen, dass es sehr zeitnah auch wieder nur um rein sportliche Nachrichten geht.