Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Nobelpreisträger kommen heuer nicht nach Lindau
Jubiläumstagung und Treffen der Wirtschaftswissenschaftler sollen erst im kommenden Jahr stattfinden
LINDAU - Weitere Absage in der Coronakrise: Auch die Nobelpreisträger werden heuer nicht nach Lindau kommen,. Die beiden geplanten Treffen sind um ein Jahr verschoben.
„Bis zuletzt hatten wir die Hoffnung, an unserer Planung festhalten zu können, aber die Folgen der Ausbreitung des Coronavirus betreffen gerade die Teilnehmer unserer Tagungen besonders, die Nobelpreisträger und Nachwuchswissenschaftler aus der ganzen Welt“, erklärt Bettina Gräfin Bernadotte, die Präsidentin des Kuratoriums. Doch die Gremien von Kuratorium und Stiftung für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau haben per Videokonferenz die Verschiebungen beschlossen. „Besonders schwer fiel uns diese Entscheidung mit Blick auf die jungen Forscher“, denn diese hatten nach den Zusagen die Vorfreude über Social Media verbreitet. Gräfin Bernadotte hat deshalb allen Jungforschern zugesagt, dass die Einladungen auch im kommenden Jahr gelten.
Die 70. Lindauer Nobelpreisträgertagung soll als Jubiläumstagung mit Forschern aus den Bereichen Medizin, Physik und Chemie vom 27. Juni bis 2. Juli 2021 stattfinden. Einen Termin für die 7. Lindauer Tagung der Wirtschaftswissenschaften im Sommer 2021 gibt es noch nicht.
Für die Nobelpreisträger sei die Unterbrechung der Lindauer Tradition „eine große Enttäuschung – für uns ein historischer Einschnitt“, sagt Gärfin Bernadotte. Seit der Gründung 1951 war die Nobelpreisträgertagung noch nie ausgefallen. Doch die Gesundheit der Teilnehmer und der Lindauer Bevölkerung als Gastgeber für Tagungsteilnehmer aus mehr als hundert Ländern sei wichtiger.
Dankbar sind Kuratorium und Stiftung, dass Partner der Tagungen die Absage unterstützen und bereits weitere Förderung zugesagt haben. „Unsere aktuelle Planung sieht vor, die Mittel für die diesjährig geplanten Tagungen im Wesentlichen 2021 einzusetzen“, sagt Prof. Dr. Jürgen Kluge, Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertagungen. Gleichzeitig planen Stiftung und Kuratorium in diesem ein umfangreiches Programm im Internet.
Ende Juni wollen die Nobels die Themen der Naturwissenschaftler und der Wirtschaftswissenschaftler kombinieren und von allen Kontinenten aus via Internet diskutieren. Nachwuchswissenschaftler sollen aktuelle Forschung vorstellen und Anregungen von Nobelpreisträgern oder Teilnehmern früherer Tagungen in Lindau bekommen. Weiterhin vorgesehen ist die Diskussion und Verabschiedung der „Lindau Guidelines“: Digital sollen möglichst viele Wissenschaftler diese Regeln für eine globale, nachhaltige und offene Wissenschaft im 21. Jahrhundert unterzeichnen und sich so zu eigen machen.
Ein Teil der Diskussionen und Vorträge soll für jedermann frei zugänglich sein, kündigt Gräfin Bernadotte an: „In diesem Fall können wir diese nicht nur Lindauern und der Region anbieten, sondern Interessenten weltweit.“
Da sich derzeit viele Hoffnungen auf Wissenschaft und Forschung richten, weisen die Tagungen auf ihr Angebot in der Lindauer Mediathek hin: Hier kann jedermann für sich erkunden, mit wie viel Aufwand, Akribie und Leidenschaft Wissenschaftler arbeiten. Es finden sich unter www.mediatheque.lindau-nobel.org Audio- und Video-Aifzeichnungen aller Tagungen (außer 1951) ebenso wie virtuelle Laborbesuche bei Nobelpreisträgern, zahlreiche Fotos und Mini-Lectures, die für den Einsatz in Schulen gedacht sind.