Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wachsende Kritik an Verschwörungstheorien der Papstkritiker
Deutsche Bischöfe distanzieren sich von Kardinal Müller - Diskussion um angebliche dauerhafte Einschränkung der Grundfreiheiten
BONN/MÜNCHEN (KNA) - Die deutschen Bischöfe gehen auf Distanz zu einer Gruppe um die Kardinäle Gerhard Ludwig Müller und Joseph Zen Ze-kiun. Diese hatten zusammen mit Erzbischof Carlo Maria Viganò eine Warnung und Verschwörungstheorie veröffentlicht, nach der die Corona-Pandemie genutzt werden solle, um eine Weltregierung zu schaffen, „die sich jeder Kontrolle entzieht“.
„Die Deutsche Bischofskonferenz kommentiert grundsätzlich keine Aufrufe einzelner Bischöfe außerhalb Deutschlands“, sagte der Konferenz-Vorsitzende Bischof Georg Bätzing: „Allerdings füge ich hinzu, dass sich die Bewertung der Corona-Pandemie durch die Deutsche Bischofskonferenz grundlegend von dem gestern veröffentlichten Aufruf unterscheidet.“
Darin kritisieren die Unterzeichner, die Pandemie werde als Vorwand genutzt, um „Grundfreiheiten unverhältnismäßig und ungerechtfertigt“einzuschränken, einschließlich des Rechts auf Religionsfreiheit, freie Meinungsäußerung und Freizügigkeit. So ernst der Kampf gegen Covid-19 sein möge, dürfe er nicht „als Vorwand zur Unterstützung unklarer Absichten supranationaler Einheiten dienen, die sehr starke politische und wirtschaftliche Interessen verfolgen“.
Die deutschen Bischöfe hatten zur Corona-Pandemie erklärt, dass die Einschränkungen – auch bei Gottesdiensten – „vernünftig und verantwortungsvoll“gewesen seien und zugleich betont, man müsse die Beschränkungen „mit Verantwortung und Augenmaß“wieder lockern.
Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck schrieb, die Kirche könne einen klaren Beitrag leisten: „Solidarität zu üben als deutliches Zeichen der Entschlossenheit, sich für das Gemeinwohl und für soziale Gerechtigkeit einzusetzen“.
Nach wachsender Kritik verteidigte Kardinal Müller seine Unterschrift. Interessierte kirchliche Kreise hätten das Papier benutzt, „um daraus Empörungskapital gegen ihre vermeintlichen Gegner zu schlagen“, erklärte Müller am Sonntag. Sein Augenmerk habe auf der „zum Teil unzulänglichen kirchlichen Reaktion“gelegen, so der frühere Chef der römischen Glaubensbehörde.