Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wie es Wolfegg ohne Konzertgäste geht
Rund 2000 Festivalbesucher fallen weg – Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer
WOLFEGG - Im vergangenen Jahr feierten die internationalen Wolfegger Konzerte ihr 30-jähriges Bestehen. Dieses Jahr werden zum ersten Mal Ende Juni keine Konzerte stattfinden. Das steht seit vergangener Woche fest.
„Wir sind natürlich sehr traurig“, sagt Wolfeggs Bürgermeister Peter Müller zu dieser Situation, „aber es war keine andere Entscheidung möglich“. Die Gemeinde im Allgäu ist wie alle beliebten Ausflugsziele in der Region vom Ausbleiben des Tagestourismus und nun auch des Festivaltourismus stark betroffen.
Peter Müller findet auch, dass der Punkt erreicht war, an dem man zugunsten der Schadensbegrenzung nicht noch länger warten durfte, schließlich gehöre das treue und über Jahrzehnte gewachsene Publikum größtenteils zur Risikogruppe. Etwa 2000 Gäste sowie die Musiker, das Orchester und die Solisten besuchen an den Festivaltagen im Juni und im September den Ort mit dem Renaissanceschloss der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg, dessen Prunkräume, neben der Kirche St. Katharina, als Aufführungsorte der Konzerte dienen.
Vor allem dem Hotel Post und dem Landhotel Allgäuer Hof fallen die sicheren Übernachtungseinnahmen des Festivals weg, aber auch die im Mai üblichen Erstkommunion-Familienfeiern. Das ist für alle eine betrübliche Einbuße, vor allem auch für die Familien, die sich auf ein großes Fest gefreut und schon gebucht hatten.
Eine kleine Hoffnung gibt es noch für die Ludwigsburger Schlossfestspiele im September, da will die Gemeinde noch etwas warten mit der Entscheidung. Aber ob bis Anfang September die Corona-Pandemie schon so weit unter Kontrolle ist, dass wieder Veranstaltungen mit bis zu 1000 Personen zugelassen werden, weiß im Moment noch keiner. Denn wenn der Rittersaal nur mit 150 statt 700 Personen bestückt werden darf, lohnt sich das alles nicht.
Auch Bernd M. Mayer, Leiter der Kunstsammlungen und Geschäftsführer des Freundeskreises Wolfegger Konzerte, dessen Präsidentin Viviana Fürstin zu Waldburg-Wolfegg ist, sieht das genau so. Zusammen mit dem künstlerischen Leiter der Konzerte, Dirigent Manfred Honeck, hätten sie nicht zu spät entscheiden wollen und es sich auch nicht leicht gemacht.
„Aber mit der Abstandsregelung kann das nicht funktionieren“, meint Bernd Mayer, „das wäre eher surreal und auch für die Künstler und Musiker unmöglich“. Von den über 180 Mitgliedern des Vereins habe jedenfalls keines „gemurrt“und es sei schön, den tollen Zusammenhalt zu spüren, auch wenn man dieses Jahr zum Beispiel keine gemeinsame Ausfahrt zu einem Konzert veranstalten könne.
Die Zahl der Mitglieder bleibt seit Jahren stabil, ein Zeichen für eine gesunde Basis, denn der Verein hat drei Standbeine: die jährlichen Mitgliedsbeiträge, die Ticketeinnahmen und die Sponsorenbeiträge. Aus diesem Ganzen werden die Kosten für die Flyer und die Werbung sowie die Konzerte finanziert.
In diesem Jahr wurden Anfang März viele Karten noch zurückgehalten, andere haben Gutscheine bekommen oder auf eine Rückzahlung verzichtet. Denn die Konzerte sind auf denselben Zeitpunkt 2021 verschoben worden. Also bleibt abzuwarten, wie sich die Corona-Pandemie im Sommer und bis zum August entwickelt. Vielleicht gibt es ja doch Hoffnung auf September, und zum Jahresende mit der „Wolfegger Wintermusik“wäre noch ein tröstlicher Ausklang dieses schwierigen Jahres zu erwarten.