Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Im Süden leben die Menschen am längsten
Forschern zufolge hat die Arbeitslosenquote und die Quote der Hartz-IV-Empfänger in einem Landkreis Einfluss auf die Lebenserwartung
MÜNCHEN/ROSTOCK (epd/dpa) Die Lebenserwartung der Menschen in Deutschland ist laut einer Studie im Süden und Südwesten am höchsten. Unter den 40 bestplatzierten Kreisen sind 20 aus Baden-Württemberg; Stuttgart belegt dabei den vierten Platz. Bei den Frauen liegen 17 Städte und Kreise unter den Top 40 in Bayern, bei den Männern sind es sogar 18. Im bayerischen Landkreis Starnberg werden die Menschen am ältesten. Bundesweit unterscheide sich die Lebenserwartung in den 402 Kreisen bei den Männern um bis zu 5,4 Jahre, teilte das Max-Planck-Institut für demografische Forschung am Montag in Rostock mit.
Frauen werden in Stuttgart durchschnittlich 85,4 Jahre alt, im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt dagegen nur 81,8 Jahre. Auch bei den Männern fanden die Forscher ein Nord-SüdGefälle: Im Landkreis Tübingen beträgt die Lebenserwartung der Männer im Schnitt 80,6 Jahre, in Bremerhaven nur 75,8 Jahre.
Die Studie zeigt, dass mehr Landkreise mit niedriger Lebenserwartung im Osten Deutschlands liegen als im Westen. Allerdings gibt es auch etwa im Ruhrgebiet Regionen, in denen die Bewohner im Schnitt früher sterben. Dazu zählen Dortmund, Gelsenkirchen und Essen.
In Bayern auf den vorderen Plätzen bei der Lebenserwartung der Frauen liegen auch die Stadt München (bundesweiter Platz 2) und der Landkreis München (Platz 3) mit jeweils rund 85,5 Jahren, bei den Männern sind es die Stadt München (Platz 3) mit rund 80,8 Jahren sowie der Kreis Starnberg (Platz 4) mit etwa 80,7 Jahren.
Unter den bundesweiten Top-Ten befinden sich bei den Frauen auch noch der oberbayerische Kreis Weilheim-Schongau (Platz 8) sowie der Kreis Fürstenfeldbruck (Platz 10) mit jeweils einem Durchschnittsalter von rund 85,1 Jahren. Bei den Männern ist allerdings nur noch der Landkreis Fürstenfeldbruck (Platz 6) unter den bundesweit besten zehn – mit einem Durchschnittsalter von 80,6 Jahren.
Ein einziger Wert der bayerischen Städte und Kreise zählt zu den bundesweit untersten zehn Prozent: Im Kreis Wunsiedel in Oberfranken werden Männer im Schnitt nur rund 77,2 Jahre alt – das ist nicht nur der schlechteste Wert im Freistaat, sondern auch Platz 386 von bundesweit 402 Landkreisen und kreisfreien Städten.
Die Rostocker Forscher haben auch untersucht, welche Faktoren zur unterschiedlichen Lebenserwartung
beitragen. Starken Einfluss hat demnach die Arbeitslosenquote und die Quote der Hartz-IV-Empfänger in einem Landkreis. „Wer Unterschiede in der Lebenserwartung reduzieren will, muss vor allem die Lebensbedingungen des ärmsten Teils der Bevölkerung verbessern“, sagte Rau.
Andererseits zeigten die Daten, dass häufig debattierte Faktoren wie Durchschnittseinkommen, Arztpraxendichte oder die Bevölkerungsdichte einen weitaus geringeren Einfluss auf die Lebenserwartung haben.
Für die Studie haben die Rostocker Wissenschaftler mithilfe der Sterberaten der Jahre 2015 bis 2017 die Lebenserwartung für Frauen und Männer in den 402 Landkreisen geschätzt. Um statistische Unsicherheiten in sehr kleinen Landkreisen auszugleichen, wurden die Sterberaten mehrerer Jahre kombiniert. Die Studie wurde kürzlich im Ärzteblatt veröffentlicht.