Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Todesursache Geschwindigkeit
963 Menschen starben 2019 in Deutschland, weil „nicht angepasstes“Tempo zu einem Unfall geführt hat
WIESBADEN (dpa) - Fast jeder dritte Verkehrstote in Deutschland 2019 war Opfer eines Unfalls im Zusammenhang mit zu hoher Geschwindigkeit. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag mitteilte, wurden im vergangenen Jahr 963 Menschen bei Geschwindigkeitsunfällen getötet. 53 687 wurden verletzt, 13 769 von ihnen schwer. Weitere häufige Unfallursachen sind die falsche Straßenbenutzung, riskantes Überholen oder Alkoholeinfluss.
Von einem Geschwindigkeitsunfall wird gesprochen, wenn die Polizei mindestens einem der in den Unfall verwickelten Fahrer ein „nicht angepasstes“Tempo vorwirft. Manchmal könne auch eine Geschwindigkeit unter dem normal zulässigen
Tempo zu hoch sein, hieß es – etwa bei besonderen Wetterbedingungen wie Starkregen oder Nebel. Laut Statistischem Bundesamt hat die Polizei in mehr als 41 000 Fällen eine nicht angepasste Geschwindigkeit bei Unfällen mit Verletzten und Toten festgestellt. Lediglich 2130-mal sei dabei die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten worden.
„Die Geschwindigkeit – sowohl die nicht angepasste als auch die überhöhte – ist eine Hauptursache für Todesfälle im Straßenverkehr“, sagte Unfallforscher Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Seiner Ansicht nach müssten die Unfallzahlen bei überhöhter Geschwindigkeit deutlich größer sein, da genau diese
Werte oft erst im Nachhinein per Gutachter – und nicht an Ort und Stelle von der Polizei – festgestellt werden.
In Deutschland sinkt die Zahl der Verkehrstoten seit Jahrzehnten – mit kleinen Ausreißern. 1970 war mit 21 000 tödlich Verunglückten der bisherige Spitzenwert erreicht worden. Im vergangenen Jahr starben 3046 Menschen bei Unfällen. Das war der niedrigste Stand seit Beginn der Statistik vor mehr als 60 Jahren. Im Vergleich zu 2010 ging die Anzahl der Verkehrstoten 2019 um 16,5 Prozent zurück. Die Zahl der Opfer, die bei Geschwindigkeitsunfällen starben, sank sogar markant um 33,2 Prozent. Dennoch: Laut Statistik starb 2019 alle neun Stunden ein Mensch bei einem Geschwindigkeitsunfall.
„Die gute Nachricht ist, dass die Todeszahl bei Geschwindigkeitsunfällen überproportional zurückgegangen ist“, sagte Siegfried Brockmann. „Das liegt sicher an der besseren Technik – und auch an Assistenzsystemen, die den Abstand zum Vordermann vernünftig justieren.“Um das Unfallrisiko weiter zu verringern, sollten diese Assistenzen aber noch besser weiterentwickelt werden, etwa, damit sie die Sicht bei Nebel oder die nasse Fahrbahn besser erfassen.
Unfallforscher Brockmann spricht sich zudem für eine stärkere Tempobeschränkung aus, ob in der Stadt, auf der Landstraße oder der Autobahn: „Das würde eindeutig zu weniger Unfällen führen.“