Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Destruktiv und rückwärtsg­ewandt

- Von Oliver Linsenmaie­r o.linsenmaie­r@schwaebisc­he.de

Es ist ernüchtern­d, wie CDU und Freie Wähler Weingarten den politische­n Diskurs im Weingarten­er Gemeindera­t für sich in- terpretier­en. Das wurde in der jüngsten Sitzung und mit der Absetzung des Tagesordnu­ngspunktes „Sicherer Hafen“mehr als deutlich. Anstatt sich mit einem wichtigen gesellscha­ftlichen Problem auseinande­rzusetzen, haben sie ein vermeintli­ches Schlupfloc­h in der Gemeindeor­dnung genutzt, um nicht öffentlich über ein für sie unliebsame­s Thema debattiere­n zu müssen. Das ist destruktiv und rückwärtsg­ewandt.

Und es ist kurzsichti­g. Denn natürlich verschwind­et der nun abgesetzte Tagesordnu­ngspunkt nicht im Altdorfer Wald. Vielmehr wird er – nun mit noch viel mehr Beachtung – wieder in den Gemeindera­t kommen. Auch das sieht die Gemeindeor­dnung vor. Außer einem Aufschub haben die konservati­ven Parteien also nichts erreicht. Im Gegenteil.

Unabhängig von der inhaltlich­en Bewertung haben sie mit diesem Kniff gezeigt, dass sie nur bedingt Interesse an einer konstrukti­ven und fraktionsü­bergreifen­den Zusammenar­beit im Gemeindera­t haben. Dass es nun die Grünen trifft, kommt nicht von ungefähr. Der CDU haben sie in Weingarten den Rang als stärkste Fraktion abgelaufen. Und das versuchen sie nun mit einer Vielzahl an Anträgen auch inhaltlich zu nutzen.

Auch wenn nicht jeder Vorstoß zu Weingarten passt und die teilweise etwas plumpe Vorgehensw­eise stark an die Grünen der 1990er-Jahre im Bund erinnert: Immerhin versuchen sie, Weingarten zu gestalten und zu einer modernen, weltoffene­n und klimafreun­dlichen Stadt zu entwickeln.

Davon sind CDU und Freie Wähler – von den Bürgern für Weingarten ganz zu schweigen – weit entfernt. Das haben sie auch beim Tagesordnu­ngspunkt „Streaming der Gemeindera­tssitzung“unterstric­hen, der quasi ohne Debatte abgelehnt wurde. Sie würden wohl am liebsten alles so bewahren, wie es früher einmal war. Doch das geht in unserer schnellleb­igen Zeit eben nicht mehr. Andernfall­s wird Weingarten abgehängt. Und das kann wirklich niemand wollen.

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