Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Angeklagter gesteht sexuelle Handlungen an Kind
Landgericht Ravensburg verhandelt Missbrauchsfall – Mann war enger Freund der Familie
RAVENSBURG - Vor dem Landgericht Ravensburg hat am Dienstag der Prozess gegen einen 46-jährigen Mann aus dem Landkreis wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern begonnen. Gleich zu Beginn des Verfahrens räumte der Angeklagte den Tatvorwurf ein. Er ist bereits einschlägig vorbestraft.
Ausführlich schilderte der Mann dem Gericht seine Lebensumstände und den Tathergang. Den zur Tatzeit zehn Jahre alten Sohn aus der Nachbarschaft kannte er schon seit dessen Geburt. Mit dessen Eltern war er gut befreundet, den Sohn nahm er während der Arbeit oft mit. So auch an einem Tag Ende 2018.
Danach gingen beide noch in die Wohnung des Angeklagten, wo der Junge nach dessen Angaben noch duschen wollte und ihn aufgefordert haben soll, mit ihm zu duschen und sich gegenseitig einzuseifen.
„Dann kam es zu einer Verkettung von miserablen und blöden Umständen“, sagte der 46-Jährige zur Tat. Und weiter: „Es war das erste Mal.“Er räumte gegenseitige sexuelle Handlungen unter der Dusche ein, habe diese jedoch nach etwa fünf Minuten abgebrochen.
Als das Kind wieder nach Hause kam, erzählte es der Mutter von dem Vorfall, die den Mann sofort telefonisch zur Rede stellte und ein sofortiges Kontaktverbot aussprach. Eine Woche später ging man zur Polizei und erstattete Anzeige. Tragisch: Kurz nach der Tat verstarben die Eltern. Das Kind ist nun in einem Heim untergebracht und wird von einem Vormund betreut.
Zu seiner Lebensgeschichte erzählte der Angeklagte, dass er sofort nach seiner Geburt adoptiert worden sei. Seine leibliche Mutter war damals 16 Jahre und wurde nach einer Disco-Bekanntschaft schwanger. Seine Adoptivmutter war eine Alleinstehende.
Im Kindergarten und dann in der Schule begannen die Probleme: von Schule schwänzen, Weglaufen, Messerbedrohung bis hin zum Diebstahl. Mit 14 Jahren wurde er zum ersten Mal verhaftet – wegen mehrfacher sexueller Nötigungen und Missbrauchs von Kindern. Es folgen mehr als 20 Jahre Aufenthalte in der Psychiatrie. Er macht später eine Ausbildung. Vor etwa zehn Jahren bekam er eine Stelle für eine andere berufliche Tätigkeit und zog in eine Ravensburger Landkreisgemeinde.
Um die Ausbildung zum Gartenbauer beginnen zu können, war die Voraussetzung eine antiandrogene Behandlung als Präventionsmaßnahme gegen seine pädophilen Neigungen. Nach über achtjähriger Einnahme des Medikaments setzt er die Behandlung nach Ende seiner Führungsaufsicht ab. Dies war vor etwa sechs Jahren.
Die Wiedereinnahme dieses Mittels ist laut dem psychiatrischen
Sachverständigen Udo Frank eine wichtige Maßnahme für die Zukunft des Mannes. Seine Diagnose lautete: Eine hohe Fixierung der Pädophilie gegenüber präpubertierenden Kindern beiderseitigen Geschlechts. Für die Zukunft sieht er auf der einen Seite ein „höhergradiges Rückfallrisiko“.
Andererseits befinde sich der Angeklagte in einem stabilen Lebensumstand. Kritisch sieht er, dass sich der Mann auf die enge Beziehung zu dem Sohn der Familie einließ: „In jeder Begegnung ist er ja in eine Versuchung geraten.“
Die Verhandlung wird am kommenden Donnerstag um 9.30 Uhr fortgesetzt. Es könnte dann auch schon zu einem Urteil kommen.