Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ausgeguttenbergt
Auf Wikipedia haben manche Personen eine Rubrik, die sich „Kontroversen“nennt. Das ist eine Rubrik für Menschen, die in ihrem Leben so oft für ihr Handeln kritisiert wurden, dass dieses Handeln als Thema separat und ausführlich behandelt werden muss.
Wer keine Kontroversen-Rubrik auf Wikipedia hat, ist Karl-Theodor zu Guttenberg – erstaunlich eigentlich. Denn der Name des Ex-Verteidigungsministers stand zweitweise sogar als Synonym für „Plagiat“. Nach 2011 war herausgekommen, dass der CSU-Politiker für seinen Doktortitel so einige wissenschaftliche Standards missachtet hat, weswegen er als Minister zurücktreten musste. Die Gesellschaft für deutsche Sprache wählte 2011 das Verb „guttenbergen“als Wort des Jahres auf den siebten Platz. Es steht als Synonym für umfassendes Abschreiben, Abkupfern, Plagiieren. Die vor Kurzem bekannt gewordene Lobbyarbeit seiner Firma für Wirecard hätte die Rubrik „Kontroversen“nochmal schön angereichert.
Nun ja, vergessen war der Plagiatsfall nie ganz. Doch jetzt wurde bekannt: Karl-Theodor Maria Nikolaus
Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg, so sein vollständiger Name, hat wieder promoviert, und diesmal wird es dabei wohl auch bleiben. Denn er hat anscheinend aus seinen Fehlern gelernt und bewiesen, dass er richtig seriös arbeiten kann. Ganz im Geheimen gab er bereits 2018 in Großbritannien seine 467-Seiten-Arbeit ab. Nun darf er endlich den würdigen Titel „Doctor of Philosophy“tragen. Eine Kontroverse weniger. (amy)