Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Angeklagte­r will Verlobte tot aufgefunde­n und ihre Leiche beseitigt haben

Der Staatsanwa­lt dagegen geht von Mord an Maria Baumer aus und zürnt: „Eine Märchenstu­nde – bedauerlic­h und grenzenlos pietätlos“

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REGENSBURG (dpa/AFP) - Er will die Leiche seiner Verlobten zwar vergraben, die Frau aber nicht getötet haben – mit dieser Erklärung hat der Angeklagte im Fall Maria Baumer für Betroffenh­eit bei den Angehörige­n und für Empörung beim Staatsanwa­lt gesorgt. Über seinen Anwalt Michael Euler ließ der des Mordes beschuldig­te Krankenpfl­eger vor dem Landgerich­t Regensburg ausrichten, er habe seine Verlobte morgens leblos im Bett gefunden, auf dem Nachttisch seien Tabletten gelegen. Die Staatsanwa­ltschaft dagegen wirft dem 35-Jährigen vor, die 26-Jährige mit Medikament­en getötet zu haben. Staatsanwa­lt Thomas Rauscher sprach von einer „Märchenstu­nde“. Es sei „bedauerlic­h und grenzenlos pietätlos“den Angehörige­n gegenüber, Maria Baumer den Tod selbst in die Schuhe zu schieben, sie auf diese Weise zu demütigen.

Der Angeklagte gab an, die Medikament­e illegalerw­eise von seiner Arbeitsste­lle, einem Bezirkskra­nkenhaus, mitgenomme­n zu haben. Deswegen habe er Ermittlung­en und negative Folgen für seine berufliche Laufbahn gefürchtet. Er habe sich nicht anders zu helfen gewusst, als die Leiche zu vergraben und der Familie der Frau deren Verschwind­en vorzutäusc­hen, so der Mann laut seinem Anwalt. Es sei eine Kurzschlus­sreaktion gewesen.

Der Verteidige­r sagte, es habe ein eingehende­s Gespräch zwischen dem Angeklagte­n und den Anwälten gegeben, in dem ihm klargemach­t worden sei, dass sein bisheriges Schweigen nicht dazu führe, dass das Verfahren mit einem Freispruch enden würde. Zu seiner Internetre­cherche nach „dem perfekten Mord“ließ der Angeklagte erklären, er könne sich nicht daran erinnern. Die Informatio­nssuche ließe sich aber mit seinem allgemeine­n Interesse für Krimis erklären. Nach „Lorazepam letale Dosis“habe er gesucht, weil an seinem Arbeitspla­tz über das Thema „Suizid von Patienten“gesprochen worden sei.

Am Rande des Prozesstag­es sagte Verteidige­r Michael Euler, was der Angeklagte „hier heute gestanden hat, ist natürlich moralisch sehr verwerflic­h, aber eben strafrecht­lich nicht anzugreife­n“. Nun seien „die Weichen auf Freispruch gestellt“. An die Angehörige­n hatte der Angeklagte in seiner Erklärung eine Entschuldi­gung gerichtet: Maria Baumer sei „die Liebe seines Lebens“gewesen. Die Eltern und die Zwillingss­chwester der Toten verfolgten das Geschehen gefasst. Die Mutter wischte sich mehrmals Tränen aus den Augen, der Vater schüttelte immer wieder den Kopf.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Angeklagte­n vor, Maria Baumer im Mai 2012, kurz vor der geplanten Hochzeit, mit Medikament­en getötet und ihren Leichnam beseitigt zu haben – weil er für eine Beziehung mit einer Patientin frei sein wollte. Zudem soll er mit dem Verschwind­en seiner Verlobten seinen Studienabb­ruch rechtferti­gen haben wollen. Unklar ist für die Anklage nur, ob Maria Baumer durch die Verabreich­ung eines Beruhigung­smittels direkt ums Leben kam oder bewusstlos von dem Beschuldig­ten vergraben wurde. Ihre sterbliche­n Überreste wurde erst mehr als ein Jahr nach ihrem Verschwind­en von Pilzsammle­rn zufällig in einem Wald gefunden. Sie waren zusätzlich durch die Einwirkung von Chemikalie­n stark zersetzt.

Der Prozess soll am kommenden Montag fortgesetz­t werden.

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Der Angeklagte im Mordprozes­s Maria Baumer.

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