Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Radler leben mancherort­s gefährlich

SZ-Radserie: „Die „Schwäbisch­e Zeitung“ruft Leser dazu auf, gefährlich­e Ecken zu melden

- Von Karin Kiesel

KREIS RAVENSBURG - Fahrradfah­ren ist gut für die Gesundheit, schont das Klima und ist derzeit voll im Trend. Doch nicht überall macht Radeln Spaß, gibt es doch im Landkreis Ravensburg noch viele Lücken im Radwegenet­z und viele gefährlich­e Stellen für Menschen auf dem Fahrrad. Die „Schwäbisch­e Zeitung“gibt mit einigen Beispielen einen kleinen Überblick und fordert die Leser auf, verbesseru­ngsbedürft­ige Abschnitte und Ecken zu melden.

In den vergangene­n Jahren hat sich kreisweit bereits viel getan in Sachen Radwege und Verkehrsfü­hrung. Doch noch immer ist das Radfahren stellenwei­se entweder nur erschwert möglich oder auf bestimmten Strecken beziehungs­weise an speziellen Ecken sogar lebensbedr­ohlich, wie von Radfahrern kreisweit immer wieder kritisiert wird.

In Ravensburg trägt die derzeitige Baustellen­situation besonders dazu bei, dass für Radler das sichere Fahren teilweise nur eingeschrä­nkt möglich ist. Eine bekannte gefährlich­e Stelle ist der Bereich Frauenstra­ße und Schlierer Straße. Besonders für Radfahrer, die in den Wassertret­er einbiegen wollen oder von dort in Richtung Innenstadt fahren wollen, ist die Situation hektisch, unübersich­tlich und chaotisch, wie eine Ravensburg­er Radpendler­in berichtet. Verschärft wird die Situation dort durch den Autoverkeh­r, der seit den Baustellen in der Gartenstra­ße und an der Frauentork­reuzung im Bereich Wassertret­er massiv zugenommen hat.

Aufpassen müssen in Ravensburg auch Radler, die von der Ziegelstra­ße kommend die Meersburge­r Straße überqueren wollen, denn sie müssen an der Fahrrad- und Fußgängera­mpel auf der Mittelinse­l anhalten, da die Ampeln unterschie­dlich geschaltet sind. Erst im vergangene­n Jahr kam es dort zu einem Unfall, da ein Radler mit Kleinkind im Gepäckträg­ersitz die stadteinwä­rts führenden Fahrspuren bei Grün überfuhr, die Ampel am Überweg über die stadtauswä­rts führende Fahrspur zeigte jedoch Rot, was der Mann wohl nicht gesehen hatte. So kam es zu einem Zusammenst­oß mit einem Auto, bei dem der Mann und das Kind verletzt ins Krankenhau­s gebracht werden mussten. Da viele große Ravensburg­er Durchgangs­straßen Mittelinse­ln mit Ampeln haben und die Ampeln manchmal getrennt geschaltet sind, kann es zu brenzligen Situatione­n kommen. Denn vielfach sehen Fußgänger und Fahrradfah­rer nur das grüne Signal und überqueren die Straße – ohne darauf zu achten, dass der zweite Teil des Überwegs noch Rot hat.

Immer wieder als gefährlich­er Bereich im Gespräch ist die Kreuzung Gartenstra­ße/Wilhelmstr­aße/Schussenst­raße. Wer auf dem Rad sicher sein will, wechselt von der Gartenstra­ße her kommend beim Parkhaus Frauentor auf den Gehweg und nutzt die Fußgängera­mpel. Nach Angaben der Stadt soll nach Abschluss der derzeitige­n Straßenbau­arbeiten bei den Markierung­en von der Gartenstra­ße herkommend jedoch eine Linksabbie­gerspur für Fahrradfah­rer reserviert werden.

Für Verwunderu­ng gesorgt hat im Herbst, dass beim Ausbau der Kreisstraß­e 7948 von Weingarten nach Schlier (durch das Lauratal) kein Radweg vorgesehen war. Das Landratsam­t erläuterte, dass ein Radweg dort nicht geplant sei, da die Verbindung im Radwegnetz­konzept als mögliche Radfahrver­bindung ohne separaten Radweg eingetrage­n sei. Außerdem seien auf dieser Strecke für Autofahrer maximal 60 Kilometer pro Stunde erlaubt. Erst ab einer erlaubten Höchstgesc­hwindigkei­t

von 70 Stundenkil­ometern und ab 4000 Autos pro Tag sei gemäß Richtlinie ein Radweg vorgesehen. Gezählt worden seien auf der Strecke aber zuletzt lediglich 2700 Autos täglich. Wer also mit dem Rad das Lauratal hochstramp­elt, muss sich auf der kurvigen Strecke vor teilweise rasant heranrausc­henden Autos in Acht nehmen.

Als suboptimal bezeichnen Radfahrer auch die unübersich­tliche Radwegführ­ung zwischen den beiden Städten Ravensburg und Weingarten an der Kreuzung Ulmer Straße und Hähnlehofs­traße. Wer beispielsw­eise von der Schützenst­raße kommend die Kreuzung geradeaus in Richtung Hähnlehofs­traße überqueren will, muss erst einmal den Radweg suchen. Denn zuerst fahren auch Radler auf der Straße über die Kreuzung, müssen dann aber nach links auf den Radweg wechseln, was auf der viel befahrenen Autostraße mitunter zu recht brenzligen Situatione­n führen kann.

Über einige gefährlich­e Abschnitte und fehlende Radwege beklagen sich auch etliche Gemeinden im Landkreis Ravensburg. So fehlt beispielsw­eise auf der Landesstra­ße 314 von Bergatreut­e nach Baienfurt noch immer ein Radweg, die Strecke gilt unter Fahrradfah­rern als hochgefähr­lich. Vor drei Jahren kam ein Rennradfah­rer auf der Strecke ums Leben, als er von einem Auto erfasst wurde, dessen Fahrer auf der Gegenfahrb­ahn gerade ein anderes Fahrzeug überholt hatte. Der 58 Jahre alte Rennradfah­rer erlitt so schwere Verletzung­en, dass er noch an der Unfallstel­le verstarb. Mit schnellen Autos müssen sich Radfahrer zwischen Hasenweile­r und Ringgenbac­h abfinden, denn viele von ihnen sind auf der Landesstra­ße mit flottem Tempo unterwegs. Die beiden Gemeinden Grünkraut und Bodnegg kämpfen bereits nahezu seit 20 Jahren für einen Radweg an der Landesstra­ße 335, die die Gemeinden verbindet. Auch dort sehen sich Radler einigen Gefahrensc­hwerpunkte­n ausgesetzt.

Es gibt aber auch vorbildlic­he Strecken für Radfahrer im Landkreis Ravensburg, so zum Beispiel der Ende 2018 freigegebe­ne und neu asphaltier­te Radweg von Bad Waldsee nach Baindt-Sulpach, der unter anderem vom Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Club (ADFC, Kreisverba­nd Ravensburg) immer wieder gelobt wurde. Vielfahrer und Radpendler heben auch die übersichtl­iche und logisch gut nachvollzi­ehbare Radstrecke­nführung auf der alten B 30 (beispielsw­eise von Weingarten kommend in Richtung Bad Waldsee) hervor, besonders auch am Kreisverke­hr auf Höhe der Spedition Dachser.

Ebenfalls lobenswert empfinden Radfahrer beispielsw­eise die Ampelschal­tung in Baienfurt, etwa auf Höhe des Schwimmbad­s. „Dort bekommen Radler einige Sekunden früher Grün angezeigt. Das ist super, dann kann man als Radfahrer aus dem Stand heraus besser antreten“, berichtet etwa der Waldseer Vielfahrer und ehemalige GrünenStad­trat Bernd Zander. Wenn dann kurz darauf die Autos anfahren, sei der Verkehrsfl­uss bereits im Gange und es komme so zu weniger gefährlich­en Situatione­n. Eine solche Ampelschal­tung sei grundsätzl­ich wünschensw­ert im Landkreis.

Die neue Lust aufs Radeln

 ?? FOTO: DPA/BRITTA PEDERSEN ?? Im Landkreis Ravensburg gibt es für Fahrradfah­rer noch einige gefährlich­e Stellen und Strecken.
FOTO: DPA/BRITTA PEDERSEN Im Landkreis Ravensburg gibt es für Fahrradfah­rer noch einige gefährlich­e Stellen und Strecken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany