Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Radler leben mancherorts gefährlich
SZ-Radserie: „Die „Schwäbische Zeitung“ruft Leser dazu auf, gefährliche Ecken zu melden
KREIS RAVENSBURG - Fahrradfahren ist gut für die Gesundheit, schont das Klima und ist derzeit voll im Trend. Doch nicht überall macht Radeln Spaß, gibt es doch im Landkreis Ravensburg noch viele Lücken im Radwegenetz und viele gefährliche Stellen für Menschen auf dem Fahrrad. Die „Schwäbische Zeitung“gibt mit einigen Beispielen einen kleinen Überblick und fordert die Leser auf, verbesserungsbedürftige Abschnitte und Ecken zu melden.
In den vergangenen Jahren hat sich kreisweit bereits viel getan in Sachen Radwege und Verkehrsführung. Doch noch immer ist das Radfahren stellenweise entweder nur erschwert möglich oder auf bestimmten Strecken beziehungsweise an speziellen Ecken sogar lebensbedrohlich, wie von Radfahrern kreisweit immer wieder kritisiert wird.
In Ravensburg trägt die derzeitige Baustellensituation besonders dazu bei, dass für Radler das sichere Fahren teilweise nur eingeschränkt möglich ist. Eine bekannte gefährliche Stelle ist der Bereich Frauenstraße und Schlierer Straße. Besonders für Radfahrer, die in den Wassertreter einbiegen wollen oder von dort in Richtung Innenstadt fahren wollen, ist die Situation hektisch, unübersichtlich und chaotisch, wie eine Ravensburger Radpendlerin berichtet. Verschärft wird die Situation dort durch den Autoverkehr, der seit den Baustellen in der Gartenstraße und an der Frauentorkreuzung im Bereich Wassertreter massiv zugenommen hat.
Aufpassen müssen in Ravensburg auch Radler, die von der Ziegelstraße kommend die Meersburger Straße überqueren wollen, denn sie müssen an der Fahrrad- und Fußgängerampel auf der Mittelinsel anhalten, da die Ampeln unterschiedlich geschaltet sind. Erst im vergangenen Jahr kam es dort zu einem Unfall, da ein Radler mit Kleinkind im Gepäckträgersitz die stadteinwärts führenden Fahrspuren bei Grün überfuhr, die Ampel am Überweg über die stadtauswärts führende Fahrspur zeigte jedoch Rot, was der Mann wohl nicht gesehen hatte. So kam es zu einem Zusammenstoß mit einem Auto, bei dem der Mann und das Kind verletzt ins Krankenhaus gebracht werden mussten. Da viele große Ravensburger Durchgangsstraßen Mittelinseln mit Ampeln haben und die Ampeln manchmal getrennt geschaltet sind, kann es zu brenzligen Situationen kommen. Denn vielfach sehen Fußgänger und Fahrradfahrer nur das grüne Signal und überqueren die Straße – ohne darauf zu achten, dass der zweite Teil des Überwegs noch Rot hat.
Immer wieder als gefährlicher Bereich im Gespräch ist die Kreuzung Gartenstraße/Wilhelmstraße/Schussenstraße. Wer auf dem Rad sicher sein will, wechselt von der Gartenstraße her kommend beim Parkhaus Frauentor auf den Gehweg und nutzt die Fußgängerampel. Nach Angaben der Stadt soll nach Abschluss der derzeitigen Straßenbauarbeiten bei den Markierungen von der Gartenstraße herkommend jedoch eine Linksabbiegerspur für Fahrradfahrer reserviert werden.
Für Verwunderung gesorgt hat im Herbst, dass beim Ausbau der Kreisstraße 7948 von Weingarten nach Schlier (durch das Lauratal) kein Radweg vorgesehen war. Das Landratsamt erläuterte, dass ein Radweg dort nicht geplant sei, da die Verbindung im Radwegnetzkonzept als mögliche Radfahrverbindung ohne separaten Radweg eingetragen sei. Außerdem seien auf dieser Strecke für Autofahrer maximal 60 Kilometer pro Stunde erlaubt. Erst ab einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit
von 70 Stundenkilometern und ab 4000 Autos pro Tag sei gemäß Richtlinie ein Radweg vorgesehen. Gezählt worden seien auf der Strecke aber zuletzt lediglich 2700 Autos täglich. Wer also mit dem Rad das Lauratal hochstrampelt, muss sich auf der kurvigen Strecke vor teilweise rasant heranrauschenden Autos in Acht nehmen.
Als suboptimal bezeichnen Radfahrer auch die unübersichtliche Radwegführung zwischen den beiden Städten Ravensburg und Weingarten an der Kreuzung Ulmer Straße und Hähnlehofstraße. Wer beispielsweise von der Schützenstraße kommend die Kreuzung geradeaus in Richtung Hähnlehofstraße überqueren will, muss erst einmal den Radweg suchen. Denn zuerst fahren auch Radler auf der Straße über die Kreuzung, müssen dann aber nach links auf den Radweg wechseln, was auf der viel befahrenen Autostraße mitunter zu recht brenzligen Situationen führen kann.
Über einige gefährliche Abschnitte und fehlende Radwege beklagen sich auch etliche Gemeinden im Landkreis Ravensburg. So fehlt beispielsweise auf der Landesstraße 314 von Bergatreute nach Baienfurt noch immer ein Radweg, die Strecke gilt unter Fahrradfahrern als hochgefährlich. Vor drei Jahren kam ein Rennradfahrer auf der Strecke ums Leben, als er von einem Auto erfasst wurde, dessen Fahrer auf der Gegenfahrbahn gerade ein anderes Fahrzeug überholt hatte. Der 58 Jahre alte Rennradfahrer erlitt so schwere Verletzungen, dass er noch an der Unfallstelle verstarb. Mit schnellen Autos müssen sich Radfahrer zwischen Hasenweiler und Ringgenbach abfinden, denn viele von ihnen sind auf der Landesstraße mit flottem Tempo unterwegs. Die beiden Gemeinden Grünkraut und Bodnegg kämpfen bereits nahezu seit 20 Jahren für einen Radweg an der Landesstraße 335, die die Gemeinden verbindet. Auch dort sehen sich Radler einigen Gefahrenschwerpunkten ausgesetzt.
Es gibt aber auch vorbildliche Strecken für Radfahrer im Landkreis Ravensburg, so zum Beispiel der Ende 2018 freigegebene und neu asphaltierte Radweg von Bad Waldsee nach Baindt-Sulpach, der unter anderem vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC, Kreisverband Ravensburg) immer wieder gelobt wurde. Vielfahrer und Radpendler heben auch die übersichtliche und logisch gut nachvollziehbare Radstreckenführung auf der alten B 30 (beispielsweise von Weingarten kommend in Richtung Bad Waldsee) hervor, besonders auch am Kreisverkehr auf Höhe der Spedition Dachser.
Ebenfalls lobenswert empfinden Radfahrer beispielsweise die Ampelschaltung in Baienfurt, etwa auf Höhe des Schwimmbads. „Dort bekommen Radler einige Sekunden früher Grün angezeigt. Das ist super, dann kann man als Radfahrer aus dem Stand heraus besser antreten“, berichtet etwa der Waldseer Vielfahrer und ehemalige GrünenStadtrat Bernd Zander. Wenn dann kurz darauf die Autos anfahren, sei der Verkehrsfluss bereits im Gange und es komme so zu weniger gefährlichen Situationen. Eine solche Ampelschaltung sei grundsätzlich wünschenswert im Landkreis.
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