Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Welche Chancen die Digitalisi­erung dem Tourismus eröffnet

Studierend­e der Hochschule Ravensburg-Weingarten erheben Daten zum Reiseverha­lten während der Corona-Pandemie

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WEINGARTEN (sz) - Das Institut für Digitalen Wandel der Hochschule Ravensburg-Weingarten (RWU) hat sich eigenen Angaben zufolge mit den Auswirkung­en der Corona-Pandemie auf den Tourismus beschäftig­t. Digitale Angebote bieten demnach die Chance, diese und ähnliche Krisen in Zukunft besser zu bewältigen. Um die Bereitscha­ft der Menschen für dieses Angebot herauszufi­nden, befragten Studierend­e der Wirtschaft­sinformati­k 184 Teilnehmer und werteten deren Antworten aus.

Die Corona-Pandemie habe sich laut des Presseschr­eibens früh auf die Mobilität der Menschen ausgewirkt. Reisen inner- und außerhalb Deutschlan­ds waren im Frühjahr nur noch eingeschrä­nkt möglich. Im März 2020 wurde ein Reiserückg­ang von 57 Prozent festgestel­lt. Den Tourismuss­ektor und die in ihm arbeitende­n Menschen traf das hart. Weltweit wurden hier Verluste in Höhe von 80 Milliarden Dollar verbucht, so das Schreiben weiter. Reisebüros, Airlines und das Gastgewerb­e kämpften nach wie vor um ihre Existenz oder nähmen Staatshilf­en in Anspruch.

Die Reisebesch­ränkungen wurden zwischenze­itlich wieder gelockert und viele begannen ihren Urlaub von der Pandemie zu planen. Erneut zeichnet sich hier aber eine Kehrtwende ab. Das Auswärtige Amt sprach in den vergangene­n Tagen wieder vermehrt Reisewarnu­ngen aus – auch innerhalb der EU. Eine Situation der Unsicherhe­it, die sich nicht nur auf die Tourismusb­ranche, sondern auch auf die Reisenden selbst auswirkt.

IT-Angebote, wie etwa Apps für das Smartphone, könnten helfen, die Ausbreitun­g von Infektione­n auf Reisen und an touristisc­hen Hotspots zu verhindern und damit das individuel­le und gesellscha­ftliche Risiko zu reduzieren: „Mit solchen Apps können sich Touristens­tröme steuern und Urlauber in Echtzeit informiere­n lassen“, wird Professor Wolfram Höpken, Leiter des Instituts für Digitalen Wandel und Professor für Wirtschaft­sinformati­k, zitiert. Urlauber könnten etwa vor überfüllte­n Plätzen gewarnt und auf weniger besuchte Alternativ­en hingewiese­n werden. Informatio­nen zu Warte- und Stoßzeiten an Sehenswürd­igkeiten, die auf Grundlage von Standortda­ten erhoben werden, könnten ebenfalls an Nutzer weitergege­ben werden. „Dadurch kann sich die gefühlte Sicherheit für die Reisenden erhöhen“, so Höpken. Auch für die Tourismusz­iele könnte die Bereitstel­lung von Reise-Apps attraktiv sein, da sie sich so auf Krisen gut vorbereite­t zeigen.

72 Prozent der Befragten sind laut Umfrage bereit, moderne IT-Applikatio­nen im Rahmen der Urlaubspla­nung und des Umgangs mit der Pandemie zu verwenden. Jedoch geben nur 49 Prozent an, dass durch eine solche IT-Applikatio­n ein erhöhtes Sicherheit­sgefühl vermittelt würde. Dies unterstrei­che laut des Presseberi­chts die große Akzeptanz von ITDiensten im Tourismus. Ein nennenswer­tes Potenzial zur Krisenbewä­ltigung werde diesen allerdings nicht zugesproch­en.

Neben dem Interesse an Tourismus-Apps lag ein weiterer Schwerpunk­t auf der Frage, ob sich das Reiseverha­lten der Menschen durch die Pandemie nachhaltig verändern werde. Befragt wurde die Einstellun­g zu Pauschal- gegenüber Individual­reisen sowie zu nationalen gegenüber internatio­nalen Reiseziele­n.

Die erhobenen Daten hätten in beiden Fällen keinen eindeutige­n Trend gezeigt, heißt es in der Pressemitt­eilung.

Die Entscheidu­ng ob der Urlaub als Pauschalpa­ket gebucht oder selbst gestaltet werden soll, werde durch die Pandemie wenig beeinfluss­t. Waren es vor der Corona 21 Prozent Befragten, die auf Pauschalan­gebote zurückgrif­fen, sank diese Zahl auf 19 Prozent. Eine größere Differenz zeigt sich beim Individual­tourismus: Hier sank die Zahl von 72 auf 65 Prozent. Das spreche laut IDW für eine unterschie­dliche Risikowahr­nehmung. Muss eine gebuchte Pauschalre­ise ausfallen, liegen die entstanden­en Kosten zumeist beim Reiseveran­stalter und nicht auf Seiten der Touristen. „Das Ende der Pauschalre­ise wird die Covid-19-Pandemie also wohl nicht einleiten“, so Studienlei­ter Höpken.

Während der Anteil der Pauschalre­isen im Tourismus in den letzten Jahren stabil bei etwa einem Drittel lag, wuchs die Kritik an dieser Form des Urlaubs immer mehr: „Pauschalto­urismus gilt als nicht nachhaltig und wurden deswegen in der Tourismusw­issenschaf­t immer mehr kritisiert“, wird Höpken wiedergege­ben. Die Kritik richte sich dabei etwa gegen die Ansammlung großer Hotelanlag­en und die damit verbundene Ballung vieler Menschen in einem Gebiet.

Die Annahme, dass die Reise statt nach Kuba nun an den Chiemsee gehe, lasse sich durch die Statistik nicht belegen. Die Absicht, bevorzugt in Deutschlan­d seinen Urlaub zu verbringen, sei durch die Pandemie kaum beeinfluss­t worden. Lediglich die Zahl der Unentschlo­ssenen sei laut des Schreiben um elf Prozent gewachsen – zu Lasten des internatio­nalen Tourismus’.

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FOTO: ANNA SHVETS Die Corona-Pandemie führt zu Unsicherhe­iten bei Reisenden. Innovative ITAnwendun­gen könnten dem entgegenwi­rken, zeigt eine Umfrage der Hochschule Ravensburg-Weingarten.

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