Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zwei Verbündete von Nawalny gewinnen in Tomsk
NOWOSIBIRSK (AFP) - Der Opposition ist bei den Regionalwahlen in Russland ein symbolischer Sieg gelungen: In Tomsk, wo mutmaßlich der Giftanschlag auf Alexej Nawalny verübt wurde, konnten sich laut vorläufigen Wahlergebnissen vom Montag zwei Verbündete des Kreml-Kritikers durchsetzen. Landesweit betrachtet rechnet der Chef der Regierungspartei Geeintes Russland mit einem Wahlsieg seiner Partei.
Im sibirischen Tomsk, wo Nawalny Ende August mutmaßlich vergiftet worden war, gewannen die ihm nahestehenden Politiker Xenja Fadejewa und Andrej Fatejew in zwei Wahlbezirken die meisten Stimmen und zogen in den Stadtrat ein. „Ich denke, jeder wird verstehen, dass es eine Frage des Prinzips war, in Tomsk zu gewinnen, nach dem, was dort passiert ist“, schrieb Fadejewa im Onlinedienst Twitter. Insgesamt setzte sich in der 500 000-Einwohner-Stadt mit 24,46 Prozent die Regierungspartei von Präsident Wladimir Putin durch. 2015 hatte die Kreml-treue Partei dort jedoch noch 52,27 Prozent der Stimmen gewonnen.
Auch in Russlands drittgrößter Stadt Nowosibirsk gelang fünf Kandidaten aus Nawalnys Umfeld der Einzug in den Stadtrat, wie Sergej Boiko, örtlicher Leiter von Nawalnys AntiKorruptionsorganisation, mitteilte. Boiko, der nun selbst im Stadtrat sitzen wird, sprach im Onlinedienst Twitter von einem „guten Ergebnis“, da Geeintes Russland nur noch 22 statt 33 Abgeordnete stelle und die Kommunistische Partei nur noch acht statt 15. Die Regionalwahlen in Russland galten ein Jahr vor der Parlamentswahl als Stimmungstest für Putin. Sein Ansehen hat unter einer unpopulären Rentenreform und der schlechten wirtschaftlichen Lage wegen der Öl-Krise und der CoronaPandemie gelitten. In 41 der 85 Regionen war von Freitag bis Sonntag gewählt worden. Abgesehen von Regionalund Kommunalparlamenten sowie Gouverneuren wurde in Nachwahlen auch über vier Sitze im russischen Parlament entschieden.
Die offiziellen Ergebnisse sollten am Montag bekannt gegeben werden. Ex-Ministerpräsident Dmitri Medwedew, der auch Parteichef von Geeintes Russland ist, hatte schon nach Schließung der letzten Wahllokale seine Partei zum Sieger erklärt.