Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Diese Porsche fahren nur 30 „Sachen“
Ganz besondere Oldtimer machen Zwischenstopp in Eintürnen
EINTÜRNEN - 17 Porsche-Oldtimer haben am Freitagnachmittag Station im „kleinen Café“von Wolfgang Fussenegger in Eintürnen gemacht.
Wer sich dort freilich flotte 356er oder 911er anschauen wollte, war fehl am Platz. Diese Porsche-Karawane war mit einer Geschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde von Stuttgart ins Allgäu und zurück unterwegs. Denn bei den Fahrzeugen handelte es sich um Porsche-Diesel-Traktoren aus den 1950er- und 1960er-Jahren.
Die 17 Fahrer sind Mitglieder der Betriebssportgruppe der Porsche AG und des Vereins Allgaier-Porsche-Diesel-Freunde (APDF) Bodensee mit Sitz in Friedrichshafen.
In der Zeppelin-Stadt, genauer im Stadtteil Manzell, wurden die PorscheTraktoren
unter anderem auch hergestellt, wie der APDF-Vorsitzende Manfred Krämer aus Vogt erzählt. Porsche war 1937 vom NS-Regime beauftragt worden, einen günstigen und robusten „Volkstraktor“ähnlich des Volkswagens (der spätere „Käfer“) zu entwickeln. Während des Krieges kam man jedoch nicht über erste Prototypen hinaus.
Der Porsche-Traktor entstand aus der Weiterentwicklung dieses Volkstraktors und wurde ab 1950 gemeinsam mit den Uhlinger Allgaier-Werken gebaut. Später arbeitete Porsche mit Mannesmann und MAN zusammen. 1963, rund 120 000 gebaute Traktoren später, gab Porsche diesen Zweig der Produktion aber ab.
In diesem Jahr feiern die PorscheTraktoren also ihren 70. Geburtstag. „Wir hatten eine große Veranstaltung am Bodensee geplant“, sagt Krämer bedauernd, „daraus wurde leider wegen Corona nichts.“Zumindest aber die Rundfahrt in dieser Woche war möglich und entschädigte angesichts des herrlichen Ausflugswetters zumindest ein wenig.
In Stuttgart starteten am 7. September 15 Mitglieder der Betriebssportgruppe, die insgesamt etwa 50 Mitglieder zählt, unter Führung ihres Vorsitzenden Martin Scheu. Bei ihrem Zwischenstopp in Eintürnen am Dienstag schlossen sich Manfred Krämer aus Vogt und Bernhard Köser aus Horgenzell von den Allgaier-Porsche-DieselFreunden, die nach eigenen Angaben insgesamt rund 150 Mitglieder zählen, dem Korso an.
Weiter ging’s nach Röthenbach im Westallgäu, nach Missen, Steibis und ins österreichische Sulzberg. An mancher Tankstellen mag man sich verwundert die Augen gerieben haben, als die fast ausschließlich roten Gefährte dort Stopp machten.
Am Freitag begann die Rückreise nach Stuttgart. Weil’s ihnen am Dienstag im „kleinen Café“in Eintürnen so gut gefallen hatte, steuerten sie dieses am frühen Nachmittag wieder an, ehe es weiter zum Nachtlager in Ummendorf ging. Von dort aus ging’s am Samstag endgültig zurück in die Landeshauptstadt.
Ein, zwei oder drei Zylinder hatten die Porsche-Traktoren, erläutern Scheu und sein BSG-Kollege Peter Kremm beim Halt in Eintürnen den interessierten Passanten. Und erzählen, dass schon so mancher erfahrener Kfz-Mechaniker beim Versuch, die Motoren zu reparieren, verzweifelt seien. „Denn sie sind zwar im Prinzip einfach gebaut“, sagt Kremm, „aber wichtig ist das ,gewusst, wo’ man hinlangen muss.“
Zwei Fahrzeuge der Karawane hebt er besonders hervor. Das ist zum einen das älteste aus dem ersten Produktionsjahr, noch in Orange lackiert. Und dann sein altersmäßiges Gegenstück: ein von Porsche mit Deutz zusammen gebauter Großschlepper mit sechs Zylindern, von dem es aber laut Krämer nur noch Prototypen gegeben hat.
Die Oldtimer-Eigentümer arbeiten oder arbeiteten in den Porsche-Werken und sind dadurch mit diesem Hobby in Berührung gekommen. Oder sie stammen, wie Kremm, aus der Landwirtschaft. „Auf dem Hof meiner Eltern gab’s nur Porsche-Traktoren. Ich wusste viele Jahre gar nicht, dass es überhaupt was anderes gibt“, erzählt er lachend.