Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Liste rechtsextremer Vorfälle bei der Polizei wächst
Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang sagte schon Ende vergangenen Jahres, es gebe „zu viele Einzelfälle“rechtsextremistischer Umtriebe bei der Polizei und warf die Frage auf, ob es Netzwerke gebe. Im August berichtete der „Spiegel“unter Berufung auf Angaben von Bund und Ländern, dass in den vergangenen Jahren mindestens 400 Verdachtsfälle von rechtsextremen, rassistischen oder antisemitischen Umtrieben unter Polizisten und Polizeianwärtern aktenkundig geworden seien. Dies entspricht bei etwa 260 000 Polizisten in Deutschland weniger als 0,2 Prozent der Polizisten.
„NSU 2.0“
Fast hundert rechtsextreme Drohschreiben mit dem Absender „NSU 2.0“in Anlehnung an die rechtsextreme Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) beschäftigten seit 2018 die Ermittler. Die Absender der Schreiben griffen auch auf Polizeicomputer zu und nutzten dabei gewonnene Daten. Zwölf Briefe soll ein ehemaliger bayerischer Polizist verschickt haben, der im Juli enttarnt wurde.
„Gruppe S.“
Die im Februar aufgeflogene rechtsextreme Gruppe soll einen Polizeimitarbeiter als Unterstützer gehabt haben. Der bei der Polizei im nordrhein-westfälischen Hamm tätige Mann soll dort Waffenscheine ausgestellt haben. Die Polizei musste einräumen, Hinweise auf seine Gesinnung nicht verfolgt zu haben. So trug der Verdächtige für die rechte Szene typische Kleidung und hatte Reichskriegsflaggen auf dem Balkon.
„Nordkreuz“
Die 2017 aufgeflogene rechtsextreme Gruppe besteht zum großen Teil aus Verdächtigen aus dem Umfeld von Polizei und Bundeswehr. Im Dezember verurteilte das Landgericht Schwerin einen ehemaligen SEK-Polizisten aus der Gruppe zu einer Bewährungsstrafe. Er soll rechtsextremes Gedankengut verbreitet sowie Waffen und Munition gehortet haben - Ermittler entdeckten bei ihm mehr als 50 000 Schuss Munition.
Im baden-württembergischen Lahr wurden im Februar sieben Polizeischüler entlassen, die in einer Chatgruppe nationalsozialistische und antisemitische Nachrichten ausgetauscht haben sollen. Beim Bundeskriminalamt fielen im Februar drei Kommissaranwärter durch einen Chat auf - einer soll ein Hitler-Bild gepostet und vorgeschlagen haben, sich zu Halloween als der antisemitsche Attentäter von Halle zu verkleiden. (dpa)