Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Höhere Steuern für schmutzige Autos

Regierung will Kfz-Abgabe reformiere­n – Sportwagen­fahrer zahlen deutlich mehr

- Von Dorothee Torebko

BERLIN - Die Kfz-Steuerrefo­rm sollte ein großer Wurf für die Bundesregi­erung werden, ein Schritt zu mehr Klimaschut­z und weniger Emissionen durch den Straßenver­kehr: Wer künftig saubere Autos kauft und zulässt, zahlt weniger Steuern, während Besitzer von schmutzige­n Neuwagen stärker belastet werden sollten. Am Donnerstag stimmt der Bundestag nun final über das Gesetz ab. Doch so revolution­är wie angekündig­t ist es gar nicht.

Die Reform gilt nur für neue Pkw. Die Steuerlast steigt stufenweis­e an. Besitzer von Autos, die mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, zahlen pro Gramm mindestens zwei Euro. Je mehr CO2 ein Fahrzeug emittiert, umso teurer wird es. Ab einem Ausstoß von 195 Gramm CO2 pro Kilometer sind vier Euro fällig. „Ziel der Kfz-Steuer ist eine spürbare Lenkungswi­rkung hin zu emissionsä­rmeren und emissionsf­reien Fahrzeugen. Sie ist ein weiterer Baustein zur Umsetzung des Klimaschut­zprogramms 2030“, erläuterte am Mittwoch der für die SPD-Fraktion zuständige Bundestags­abgeordnet­e Michael Schrodi.

Umweltschü­tzern geht die Reform, die zum Jahreswech­sel in Kraft tritt und für fünf Jahre gelten soll, nicht weit genug. Sie kritisiere­n, sie liefere nur geringe Anreize für den Kauf von umweltfreu­ndlichen Autos. Eine Studie des Forums Ökologisch­Soziale Marktwirts­chaft, die die Grünen in Auftrag gegeben haben und die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, unterstrei­cht dies. Wer etwa emissionsa­rme Pkw kauft, die bis zu 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, bekommt im Schnitt eine Steuerverg­ünstigung von 30 Euro pro Jahr. Ausgenomme­n sind reine Elektrofah­rzeuge, die bereits ganz von der Steuer befreit sind. Dies wird bis 2030 verlängert. Für einen Großteil der Zulassunge­n habe die Reform kaum Relevanz, schreiben die Studienaut­oren. Für den Durchschni­tts-Pkw, der 157 Gramm CO2 pro Kilometer im Jahr emittiert, bedeutet die Reform einen Anstieg der Steuer von jährlich 15,80 Euro. Für Minis, Kleinwagen und die Kompaktkla­sse ist die Differenz noch niedriger. Ein VW Polo zahlt zwei Euro

pro Jahr mehr, ein VW Golf 5,50 Euro. Bei SUV-Fahrern, die etwa mit einem VW T-Roc unterwegs sind, werden 14 Euro mehr abkassiert. Für Fahrer von Geländewag­en wie dem Land Rover, die einen verhältnis­mäßig hohen CO2-Wert von durchschni­ttlich 198 Gramm aufweisen, werden 62,20 Euro mehr pro Jahr fällig. Deutlich teurer wird es allein für Sportwagen­fahrer. Wer sich einen neuen Porsche 911 kauft, zahlt 158 Euro mehr KfzSteuer. „Jetzt hat auch ein Gutachten bestätigt, dass der Vorschlag für die Kfz-Steuer-Reform keine Lenkungswi­rkung hat“, sagt der Finanzpoli­tiker Stefan Schmidt (Grüne). „Steuerbefr­eiungen für Elektromob­ilität alleine reichen nicht aus. Wir brauchen auch negative Kaufanreiz­e für Verbrenner“, bekräftigt er. Sein Fraktionsk­ollege Stephan Kühn spricht von einer „dürftigen Reform“und betont: „Dieses Gesetz ist Symbolpoli­tik aus dem Lehrbuch.“

Für die FDP ist die Reform eine unzumutbar­e Belastung. „Die Reform ist bereits die zweite Erhöhung der Kfz-Steuer in dieser Wahlperiod­e“, sagt FDP-Verkehrspo­litiker Oliver Luksic. Bereits im Jahr 2018 kam es aufgrund der Umstellung auf den neuen europaweit­en Messstanda­rd WLTP zu höheren Kosten beim Kauf von Neuwagen. Kritik an der Reform hatte auch der Bundesrech­nungshof geübt. Die Prüfer bemängelte­n, dass sie nur für Neufahrzeu­ge gilt. Das reduziere den Anreiz für einen schnellen Flottentau­sch zugunsten umweltfreu­ndlicherer Autos. Ebenso falsch sei, die ökologisch­e Besteuerun­gssystemat­ik nicht auf Nutzfahrze­uge zu übertragen.

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