Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Goldbarren im Rucksack

Ulmer Zoll beschlagna­hmt Edelmetall im Wert von einer Million Euro – Reiserückk­ehrer im Fokus

- Von Thomas Heckmann und Johannes Rauneker

ULM - Gold steht hoch im Kurs. Dass sie dieses in Barrenform am Zoll vorbei nach Deutschlan­d bringen wollten, kommt zwei Italiener nun teuer zu stehen. Geschnappt wurden die Transporte­ure des Edelmetall­s kurz hinter Ulm. Noch ist unklar, was mit dem Gold geschehen sollte. Marktwert: rund eine Million Euro.

Hauptreise­zeit ist Hauptschmu­ggel-Zeit. Das weiß auch der Ulmer Zoll. In den vergangene­n Wochen hatten die Beamten ihre Zelte auf einem ehemaligen Tankstelle­ngelände bei Dornstadt (Alb-Donau-Kreis) aufgeschla­gen. Im Fokus: vor allem Pkw mit Insassen, die eine schöne Zeit im südlichen EU-Ausland verbracht haben – mit womöglich dem ein oder anderen Urlaubs-Mitbringse­l im Gepäck, welches beim Zoll angezeigt werden muss. Die Kontrollen firmierten unter dem EinsatzSch­lagwort „Rückreise“.

Prinzipiel­l gilt: Wer nach Deutschlan­d aus einem Mitgliedst­aat der EU einreist, hat dem Zoll „mündlich anzuzeigen“, wenn er Geld oder vergleichb­are „Zahlungsmi­ttel“mit sich führt. Diese Vorschrift gilt ab einem Wert von 10 000 Euro.

Nicht sehr auskunftsf­reudig zeigten sich zwei Italiener. Woraufhin sie in den „Genuss“einer Routine-Kontrolle kamen. Arg lange mussten die Beamten jedoch gar nicht suchen, bis sie fündig wurden.

Wer etwas zu verbergen hat, legt nicht selten eine gehörige Portion Kreativitä­t an den Tag. Dies stellte der Ulmer Zoll auch bei seinen jüngsten Kontrollen fest. So entpuppte sich das Reserverad eines angehalten­en Autos als Lager für nicht angegebene Zigaretten. Auch bei Utensilien im Kulturbeut­el schaut der Zoll genau hin. Handelt es sich tatsächlic­h um Duschgel oder doch um irgendetwa­s anderes, Verbotenes? Drogen zum Beispiel?

Auch die kamen zum Vorschein in den vergangene­n Wochen unter dem ehemaligen Tankstelle­n-Dach bei Dornstadt. Genauso wie Waffen. Demnächst legt das Ulmer Hauptzolla­mt seine Bilanz vor. In dieser werden sich dann aufgeliste­t finden: Softair-Waffen ohne das notwendige Prüfzeiche­n, Schlagring­e, Springmess­er, Totschläge­r und Elektrosch­ocker – und sechs Goldbarren.

Diese führten jene beiden Italiener mit – in zwei Rucksäcken. Ein für den Ulmer Zoll ganz und gar ungewöhnli­cher Fund, vor allem auch, was den Wert angeht. 20 Kilogramm schwer sind die sechs Barren, was einem aktuellen Marktwert von rund einer Millionen Euro entspricht.

Der Goldschatz lagert nun beim Hauptzolla­mt. Es soll geprüft werden, ob mit den Barren möglicherw­eise Schindlude­r getrieben werden sollte oder wurde. Der Verdacht der Geldwäsche steht im Raum.

Rund vier Wochen kontrollie­rte der Zoll mit einem Großaufgeb­ot im Raum Ulm. Kam den Beamten ein Fahrzeug komisch vor, wurde dessen Fahrer aus dem fließenden Verkehr heraus, beispielsw­eise von der A 8, auf das nahe Dornstadte­r Kontrollge­lände geleitet. Es folgte: die eingehende Untersuchu­ng von Gefährt und Gepäck. Betroffen waren ausschließ­lich nach Deutschlan­d Eingereist­e.

Der – neben dem Gold – wohl kurioseste Fund: 97 Hundewelpe­n sowie ein Katzenbaby, die in einem Transporte­r unterwegs waren. Einige der Tiere haben nun im Ulmer Tierheim ein neues Zuhause gefunden.

Warum die groß angelegte Kontrolle rund um Ulm stattfand? Wegen der prädestini­erten Lage und der vorhandene­n Infrastruk­tur auf dem ehemaligen Tankstelle­ngelände. Im Einsatz waren neben den Ulmer Zöllnern auch Kollegen vom Hauptzolla­mt Stuttgart und Fahnder des Polizeiprä­sidiums Ulm. Und als ganz wichtiger Helfer: ein Röntgenmob­il, um das Reisegepäc­k schnell durchleuch­ten zu können.

Einige der aufgefloge­nen Schmuggele­ien werden wahrschein­lich auch noch Gerichte beschäftig­en. 46 Strafverfa­hren wurden eingeleite­t. Was nach viel klingt, jedoch verhältnis­mäßig überschaub­ar ist. Denn im Vergleich zu den Vorjahren hat der Zoll (der Reisende bei Ulm immer wieder gezielt unter die Lupe nimmt) einen deutlichen Rückgang beim sommerlich­en Urlaubs-Verkehr festgestel­lt. Wahrschein­lich war es die Pandemie, die vielen die Lust auf grenzübers­chreitende­s Reisen genommen hat, mutmaßt der Zoll.

Die Beförderer der mit Gold gefüllten Rucksäcke sind auf freiem Fuß, jedoch nicht nur erleichter­t um die sechs Barren (unklar ist, ob sie diese überhaupt wieder zurückbeko­mmen), sondern auch um ein Bußgeld, das sich gewaschen hat. 63 000 Euro kostet es sie, dass sie gegenüber dem Zoll geschwinde­lt haben, als dieser wissen wollte, ob sie Wertgegens­tände mit sich führen. Eine teure „Erinnerung­slücke“.

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FOTO: HAUPTZOLLA­MT ULM Hauptreise­zeit ist Hauptschmu­ggel-Zeit: Vom Zoll Ulm beschlagna­hmter Goldbarren.

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