Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Goldbarren im Rucksack
Ulmer Zoll beschlagnahmt Edelmetall im Wert von einer Million Euro – Reiserückkehrer im Fokus
ULM - Gold steht hoch im Kurs. Dass sie dieses in Barrenform am Zoll vorbei nach Deutschland bringen wollten, kommt zwei Italiener nun teuer zu stehen. Geschnappt wurden die Transporteure des Edelmetalls kurz hinter Ulm. Noch ist unklar, was mit dem Gold geschehen sollte. Marktwert: rund eine Million Euro.
Hauptreisezeit ist Hauptschmuggel-Zeit. Das weiß auch der Ulmer Zoll. In den vergangenen Wochen hatten die Beamten ihre Zelte auf einem ehemaligen Tankstellengelände bei Dornstadt (Alb-Donau-Kreis) aufgeschlagen. Im Fokus: vor allem Pkw mit Insassen, die eine schöne Zeit im südlichen EU-Ausland verbracht haben – mit womöglich dem ein oder anderen Urlaubs-Mitbringsel im Gepäck, welches beim Zoll angezeigt werden muss. Die Kontrollen firmierten unter dem EinsatzSchlagwort „Rückreise“.
Prinzipiell gilt: Wer nach Deutschland aus einem Mitgliedstaat der EU einreist, hat dem Zoll „mündlich anzuzeigen“, wenn er Geld oder vergleichbare „Zahlungsmittel“mit sich führt. Diese Vorschrift gilt ab einem Wert von 10 000 Euro.
Nicht sehr auskunftsfreudig zeigten sich zwei Italiener. Woraufhin sie in den „Genuss“einer Routine-Kontrolle kamen. Arg lange mussten die Beamten jedoch gar nicht suchen, bis sie fündig wurden.
Wer etwas zu verbergen hat, legt nicht selten eine gehörige Portion Kreativität an den Tag. Dies stellte der Ulmer Zoll auch bei seinen jüngsten Kontrollen fest. So entpuppte sich das Reserverad eines angehaltenen Autos als Lager für nicht angegebene Zigaretten. Auch bei Utensilien im Kulturbeutel schaut der Zoll genau hin. Handelt es sich tatsächlich um Duschgel oder doch um irgendetwas anderes, Verbotenes? Drogen zum Beispiel?
Auch die kamen zum Vorschein in den vergangenen Wochen unter dem ehemaligen Tankstellen-Dach bei Dornstadt. Genauso wie Waffen. Demnächst legt das Ulmer Hauptzollamt seine Bilanz vor. In dieser werden sich dann aufgelistet finden: Softair-Waffen ohne das notwendige Prüfzeichen, Schlagringe, Springmesser, Totschläger und Elektroschocker – und sechs Goldbarren.
Diese führten jene beiden Italiener mit – in zwei Rucksäcken. Ein für den Ulmer Zoll ganz und gar ungewöhnlicher Fund, vor allem auch, was den Wert angeht. 20 Kilogramm schwer sind die sechs Barren, was einem aktuellen Marktwert von rund einer Millionen Euro entspricht.
Der Goldschatz lagert nun beim Hauptzollamt. Es soll geprüft werden, ob mit den Barren möglicherweise Schindluder getrieben werden sollte oder wurde. Der Verdacht der Geldwäsche steht im Raum.
Rund vier Wochen kontrollierte der Zoll mit einem Großaufgebot im Raum Ulm. Kam den Beamten ein Fahrzeug komisch vor, wurde dessen Fahrer aus dem fließenden Verkehr heraus, beispielsweise von der A 8, auf das nahe Dornstadter Kontrollgelände geleitet. Es folgte: die eingehende Untersuchung von Gefährt und Gepäck. Betroffen waren ausschließlich nach Deutschland Eingereiste.
Der – neben dem Gold – wohl kurioseste Fund: 97 Hundewelpen sowie ein Katzenbaby, die in einem Transporter unterwegs waren. Einige der Tiere haben nun im Ulmer Tierheim ein neues Zuhause gefunden.
Warum die groß angelegte Kontrolle rund um Ulm stattfand? Wegen der prädestinierten Lage und der vorhandenen Infrastruktur auf dem ehemaligen Tankstellengelände. Im Einsatz waren neben den Ulmer Zöllnern auch Kollegen vom Hauptzollamt Stuttgart und Fahnder des Polizeipräsidiums Ulm. Und als ganz wichtiger Helfer: ein Röntgenmobil, um das Reisegepäck schnell durchleuchten zu können.
Einige der aufgeflogenen Schmuggeleien werden wahrscheinlich auch noch Gerichte beschäftigen. 46 Strafverfahren wurden eingeleitet. Was nach viel klingt, jedoch verhältnismäßig überschaubar ist. Denn im Vergleich zu den Vorjahren hat der Zoll (der Reisende bei Ulm immer wieder gezielt unter die Lupe nimmt) einen deutlichen Rückgang beim sommerlichen Urlaubs-Verkehr festgestellt. Wahrscheinlich war es die Pandemie, die vielen die Lust auf grenzüberschreitendes Reisen genommen hat, mutmaßt der Zoll.
Die Beförderer der mit Gold gefüllten Rucksäcke sind auf freiem Fuß, jedoch nicht nur erleichtert um die sechs Barren (unklar ist, ob sie diese überhaupt wieder zurückbekommen), sondern auch um ein Bußgeld, das sich gewaschen hat. 63 000 Euro kostet es sie, dass sie gegenüber dem Zoll geschwindelt haben, als dieser wissen wollte, ob sie Wertgegenstände mit sich führen. Eine teure „Erinnerungslücke“.