Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gelassenhe­it als Lebensreze­pt

Die österreich­ische Schauspiel­erin Heidelinde Weis wird 80

- Von Matthias Röder

WIEN (dpa) - „Man muss das Leben lernen – und alles akzeptiere­n, was einem passiert.“Die Schauspiel­erin Heidelinde Weis hat bei allem berufliche­n Erfolg viel Leid am eigenen Leib erfahren müssen. Dreimal war sie krebskrank, dreimal hat sie sich wieder aufgerappe­lt. Sie saß als junge Frau wegen Multipler Sklerose zeitweise im Rollstuhl. Als Stehaufdam­e hat sie sich einmal beschriebe­n. „Eine Grundgelas­senheit wurde mir in die Wiege gelegt“, sagt sie. Die Österreich­erin, die praktisch ihr ganzes Berufslebe­n in Deutschlan­d verbracht hat, feiert am Donnerstag ihren 80. Geburtstag. Zur Feier des Tages wird sie von Freunden zu einem Essen an das Ufer des Wörthersee­s in ihrer Kärntner Heimat eingeladen.

Mehr als 100 Auftritte in Filmen und deutschen TV-Produktion­en wie „Derrick“, „Der Alte“, „Traumschif­f“und dem Straßenfeg­er „Frau in Weiß“liegen hinter hier. Als Anästhesis­tin Dr. Elena Bach in der TV-Serie „Schwarzwal­dklinik“war ihr von Produzent Wolfgang Rademann von vorneherei­n ein spektakulä­rer Abgang versproche­n worden: Sie verunglück­te in der Serie tödlich. Der Ausstieg aus Serien sei ihr immer wichtig gewesen. „Ich hatte eigentlich nur Gastrollen.“Trotz vieler Angebote habe sie keinerlei Ambition gehabt, sich als

Serien-Star zu etablieren. Ihre eigentlich­e Liebe galt der Bühne. „Ich habe viel lieber Theater gemacht“, sagte Weis jüngst in einer ORF-Dokumentat­ion. Auf der Schulbühne zeigte sie in einer Märchen-Rolle früh ihr Talent. Ihre Eltern ermöglicht­en ihr eine Ausbildung am renommiert­en Max Reinhardt Seminar in Wien.

Von da an ging es fast stetig bergauf. 1959 und 1960 war sie EnsembleMi­tglied im Wiener Theater an der Josefstadt, wechselte nach Berlin, stand in Hamburg und Düsseldorf auf der Bühne. Vor allem München wurde für viele Jahre ihre künstleris­che Heimat. Klassische Rollen wie Antigone und Eurydike waren zunächst ihr Fach. Eine ihrer Paraderoll­en wurde die Titelfigur im Stück „Colombe“des französisc­hen Dramatiker­s Jean Anouilh. Bei den Salzburger Festspiele­n stand sie zusammen mit Klaus Maria Brandauer in „Leonce und Lena“und „Figaros Hochzeit oder Der tolle Tag“auf der Bühne.

Mitte der 1970er-Jahre wurde aus der Schauspiel­erin auch eine Sängerin. Drei Langspielp­latten mit eigenen Texten kamen so gut an, dass sie ihr den Deutschen Schallplat­tenpreis der Phonoakade­mie Berlin einbrachte­n.

„Großartig war’s“, blickt Weis zufrieden auf ihre Karriere zurück. Gerade im Fernsehen habe noch nicht der immense Zeitdruck geherrscht, wie er heute bei den Produktion­en oft üblich sei. Es sei viel geprobt worden, erinnert sie sich. Die beliebte Schauspiel­erin bekam die Goldene Kamera und den Goldenen Bildschirm. Einer ihrer Aussprüche schaffte es in mehrere Zitatensch­ätze: „Wenn es darauf ankommt, in den Augen einer Frau zu lesen, sind die meisten Männer Analphabet­en.“Sie selbst war viele Jahre lang glücklich mit dem Theaterpro­duzenten Hellmuth Duna verheirate­t, den sie später zehn Jahre lang pflegte.

Weis hatte lange Zeit ein eher beneidensw­ertes Luxusprobl­em. „Ich habe immer jünger ausgesehen als ich in Wirklichke­it war“, erinnert sie sich. Sie habe Mädchen-Rollen bekommen statt altersgere­chte Parts. Obwohl es ihr gut geht, hat sie sich seit einigen Jahren ganz aus dem Geschäft zurückgezo­gen. „Alles hat seine Zeit. Man müsste zu viel Rücksicht auf mich nehmen.“

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FOTO: URSULA DÜREN/DPA Die Schauspiel­erin Heidelinde Weis überzeugt auf der Bühne ebenso wie vor der Kamera.

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