Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Bahn testet, Go-Ahead übernimmt
Testphase, Beeinträchtigungen, Kosten und letzte Bauarbeiten auf der Allgäubahn
WANGEN/REGION (sz/jps) - Nach zweieinhalb Jahren Bauzeit ist die Deutsche Bahn eigenem Bekunden zufolge mit den Arbeiten zur Elektrifizierung der Strecke München-Lindau weitgehend am Ziel angekommen. Im Sommer fanden die letzten Tätigkeiten an Gleisen und Oberleitungsanlagen statt – wie berichtet auch im Raum Wangen, zum Beispiel an der großen Brücke über die A96. Laut Bahn stehen seit Ende August alle Streckenabschnitte unter Strom. Bevor auf diese Weise der reguläre Betrieb startet, wird es jetzt eine Testphase geben. Und die hat an einigen Tagen Folgen für Autofahrer im Raum Wangen.
Was steckt hinter der Testphase? Projektleiter Matthias Neumaier erklärt laut Bahnmitteilung dazu: „Nun folgt die Phase der Inbetriebsetzung. Dabei testen wir alle Anlagen millimetergenau. Die drei Monate bis zum Beginn des elektrischen Zugverkehrs sind genau durchgeplant.“
So veranlasse die Bahn Ende September Tests an der Bahnstromversorgung. Dabei komme erstmals ein elektrischer Zug auf die Strecke. Ab Anfang Oktober folgen demnach Messfahrten für den Neigetechnikbetrieb und für die Oberleitung. Die Fahrten sind mit dem im Fernverkehr zukünftig eingesetzten Schweizer Eurocity-Zug ETR 610 geplant.
Wie betrifft das den Autoverkehr?
In diesem Zusammenhang weist das Unternehmen auf Folgendes hin: Da die Messfahrten mit bis zu 176 Kilometern pro Stunde auch im Hochgeschwindigkeitsbereich stattfinden sollen, sei es notwendig, die Bahnübergänge im jeweiligen Messabschnitt zeitweise zusätzlich mit Bahnübergangsposten zu sichern.
Die Schranken können dann zwischen zehn und bis zu 25 Minuten geschlossen sein. Die einzelnen Streckenabschnitte würden mit fünf bis sechs Versuchsfahrten befahren.
Wann werden Bahnschranken länger unten sein?
Zwischen Kißlegg und Hergatz – beziehungsweise umgekehrt – sind diese vor allem am Sonntag, 11. Oktober, und eine Woche später, am Sonntag, 18. Oktober geplant. Dies geht aus einer Bahnmitteilung an Gemeindeverwaltungen entlang der Strecke hervor. Für die Strecke zwischen Kißlegg und Leutkirch ist dies auch noch am Samstag, 17. Oktober, der Fall.
Für die im Neigetechnikbetrieb gefahrenen höheren Geschwindigkeiten wird laut Bahn noch ein zusätzliches Sicherungssystem zur Geschwindigkeitsüberwachung installiert und bis Mitte November in Betrieb gesetzt.
Anschließend können dann Fahrten zur Lokführerschulung stattfinden.
Was hat Go-Ahead mit der Strecke zu tun?
Nicht nur die Deutsche Bahn bereitet sich auf den Zugverkehr unter Strom vor. Gleiches gilt auch für den bayerischen Ableger von Go-Ahead, der ab Dezember den Regionalverkehr auf der Strecke übernimmt. Beauftragt worden war das Unternehmen dafür von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft und dem Land Baden-Württemberg.
Was die Fahrgäste ab dann erwartet, beschreibt Go-Ahead so: „Es wird jede zweite Stunde einen durchgehenden Zug von Lindau über Memmingen nach München geben; diese Züge verkehren beschleunigt zwischen Memmingen und München und schaffen diesen Streckenabschnitt dann in gut einer Stunde. In der jeweils anderen Stunde verkehren Züge mit Halt an allen Stationen.“
Zudem verfüge jeder Zug über mindestens 21 Fahrradstellplätze und sei mit Klimaanlage, Stauraum für Gepäck und barrierefreier Toilette ausgestattet.
Warum kostet das Projekt so viel? Die Bahn äußerte sich jetzt auch zum aktuellen Kostenstand für den Streckenausbau
zwischen München und Lindau. Nachdem zuletzt die Rede davon war, dass dieser teurer wird als die bislang bekannten 440 Millionen Euro wird, nennt das Unternehmen in der aktuellen Pressemitteilung zum Testbetrieb jetzt erstmals 500 Millionen Euro. Dies hängt unter anderem mit zusätzlichem Lärmschutz zusammen, auch in Wangen, vor allem aber im Raum Lindau.
Dort wird es zudem eine zuerst nicht eingeplante Unterführung geben. Die Bahn erklärt, dass für Lärmschutzmaßnahmen entlang der gesamten Strecke insgesamt rund 100 Millionen Euro ausgegeben worden seien. Mit einem speziellen Schallmesswagen würden Anfang Oktober auch diese Lärmemissionen gemessen.
Welche Bauarbeiten stehen noch an?
Zum Stand der (Rest-)Arbeiten erklärt die DB: „In den kommenden Wochen finden noch kleinere Schallschutz-Restarbeiten statt. So werden zum Beispiel in Westerheim die Wandelemente in die bereits vorbereitete Schallschutzkonstruktion eingesetzt und in Buxheim noch eine kleine Lücke geschlossen.“
Ansonsten fänden Bauarbeiten und Schallschutzarbeiten im Zuge des Großprojekts ABS 48 nur noch im Stadtgebiet von Lindau statt.