Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Da ist Musik drin

Beim Spiel Friedrichs­hafen gegen Berg treffen zwei emotionale Trainer aufeinande­r

- Von Giuseppe Torremante

FRIEDRICHS­HAFEN - Wenn am Samstag in der Fußball-Verbandsli­ga der VfB Friedrichs­hafen und der TSV Berg aufeinande­rtreffen (15.30 Uhr, Zeppelinst­adion), dann ist es auch ein Spiel zweier emotionale­r Trainer. VfB gegen Berg – da ist Musik drin. Auf der einen Seite der TSV-Chefcoach Oliver Ofentausek, der nach 90 Minuten fast keine Stimme mehr hat und auf der anderen Seite VfB-CoTrainer Giovanni Rizzo, der deutlich besonnener geworden ist. Für beide gehören die Emotionen zum Fußball, wie die Luft zum Atmen. Ofentausek und Rizzo haben aber ganz klare Vorstellun­gen, wo die Emotionen fehl am Platz sind.

Rückblende: Toni Leistner, Profi beim Zweitligis­ten Hamburger SV, stand nach der verlorenen Pokalparti­e gegen Dynamo Dresden zum Interview bereit. Von der Tribüne wurde er von einem Fan derart beleidigt, dass er hochklette­rte, den Fan packte, ihn einmal durchschüt­telte und dann wieder zurückkehr­te. Die Folge: drei Spiele Sperre für Leistner. Muss sich ein Fußballer bei den Profis oder bei den Amateuren alles gefallen lassen? Hier haben sowohl Oliver Ofentausek als auch Giovanni Rizzo eine klare Meinung: Irgendwo sei eine Grenze, die weder von einem Trainer noch von einem Zuschauer, überschrit­ten werden darf. Fünf oder sechs Euro für den Eintritt rechtferti­gten keine einzige verbale Attacke, die unter die Gürtellini­e gehe.

„Die Emotionen beim Fußball sind das berühmte Salz in der Suppe und für mich ein großer Teil meiner Arbeit beim TSV Berg. Allerdings ist nicht jeder Mist von außen ertragbar“, sagt Ofentausek. „Ich habe früher viel mehr nach hinten geschaut, als gut war. Heute schaue ich nur nach vorne und ignoriere alles andere. Da fahre ich besser damit“, meint Rizzo.

Beide Trainer lieben beim Fußball die Emotionen. Wer Oliver Ofentausek nicht kennt und ihn bei einem Spiel seines TSV Bergs beobachtet, der hat folgenden Gedanken: Entweder hat er zu Hause nichts zu sagen oder er hat nicht alle Latten am Zaun. Diese Außendarst­ellung vermittelt er, sie ist aber völlig falsch. Ofentausek ist ein Besessener, der jeden Spieltag von seiner Mannschaft ein engagierte­s Auftreten sehen will. Mit weniger gibt er sich nicht zufrieden.

„Ich arbeite die ganze Woche mit der Mannschaft. Meine Tätigkeit als Trainer hört nicht vor dem Spiel auf. In den 90 Minuten kommunizie­re ich mit meinen Spielern. Das ist mein Charakter. 90 Prozent des Gesagten haben mit Fußball zu tun. Wenn ich ein unpassende­s Wort sage, dann tut es mir gleich leid. Das darf mir nicht passieren“, sagt der 45-Jährige. Lob und Kritik müssten die Fußballer aber ertragen. „Ich bin stets sachlich, auch wenn mir manchmal andere Worte ausrutsche­n. Mir geht es aber immer um die Sache“, betont Ofentausek. Er sei ein emotionale­r Trainer und lebe das vor. Seine Spieler wissen das. Wer beim TSV Berg unterschre­ibt, dem muss bekannt sein, was ihn erwartet. Ofentausek vergleicht den Fußball mit einem Boxkampf. Man müsse immer hellwach sein. „Ein unerwartet­er Schlag kann alles entscheide­n“, meint er. Am Samstag in Friedrichs­hafen erwartet er ein offenes und emotionale­s Spiel. „Die

Grenzen des Anstandes und des Respekts dürfen aber nicht überschrit­ten werden“, sagt er.

Rizzo unterschre­ibt diesen Satz sofort. Er hat in seiner Laufbahn als Trainer schon viel mitgemacht. „In jüngeren Jahren war ich zu emotional, heute bin ich deutlich ruhiger“, sagt er. Seine Heirat und seine zwei Kinder sind für ihn der Mittelpunk­t des Lebens. „Du hast als Vater und Ehemann eine große Verantwort­ung und bist auch Vorbild. Das darf man nie vergessen“, meint er. Der Co-Trainer des VfB verschränk­t nicht 90 Minuten die Arme und lässt alles laufen. Er kommunizie­rt, wie Ofentausek, mit seinen Spielern. Manchmal verstehen sie es, manchmal muss er Dinge mehrmals sagen. „Entweder bin ich zu leise, oder meine Spieler brauchen Hörgeräte“, sagt er mit einem Augenzwink­ern. Tatsache ist, dass in der Hektik des Spiels viele Ansagen verpuffen. „Wichtig ist es, dass die Spieler die Botschaft verstehen, auch wenn ich sie mehrmals sagen muss. Ich unterstütz­e die Mannschaft in schwierige­n Situatione­n, lobe und tadle aber auch“, meint er. Man müsse sachlich bleiben und immer den Ton wahren.

Er versteht sich aber nicht als HBMännchen, das dann in die Höhe springt, wenn etwas nicht funktionie­rt. Die Spieler müssten die Entscheidu­ngen auf dem Platz selbst treffen. Er wirke von außen nur unterstütz­end. Alles könne er nicht korrigiere­n. Wenn Zuschauer verbal ihn oder die Spieler attackiere­n würden, dann denkt er sich, das ist ihre Meinung. Basta. Bei ihm gehen unqualifiz­ierte Bemerkunge­n links rein und rechts raus. Oftmals nimmt er sich auch ganz zurück, weil er der Ansicht ist, dass zu viel Kommunikat­ion auch schaden kann. „Als Trainer musst du immer die richtige Balance finden, sonst schalten die Spieler irgendwann ab und du erreichst sie nicht mehr“, betont Rizzo.

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FOTOS: ROLF SCHULTES/ALEXANDER HOTH Ihre Mannschaft­en treffen am Samstag in Friedrichs­hafen aufeinande­r: Bergs Trainer Oliver Ofentausek (links) und VFB-CoCoach Giovanni Rizzo.
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