Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Geistreiches Abspecken mit dem Rumtopf
Die wahren Philosophen unserer Zeit sind natürlich die Fernsehköche. Kaum etwas, dem wir in diesen Tagen mehr Aufmerksamkeit widmen. Schließlich weisen uns diese Koryphäen in Küchenschürzen den Weg in ein kulinarischeres und besseres Leben. Sie lehren uns das Einmachen, das Fermentieren und Tranchieren. Das Filetieren und Confieren, das Hobeln und Mahlen, das Rösten und Säuern. Mit einem Wort: das Leben selbst.
In der Tradition der griechischen Philosophen hat sich jüngst auch Alfons Schuhbeck mit einem Vorschlag zu geistiger Diät zu Wort gemeldet. Das Küchengenie schrieb in einem Gastbeitrag für die „Augsburger Allgemeine“: „Rennt nicht herum wie die Wahnsinnigen und redet einen rechten Schmarrn, sondern ordnet eure Gedanken, speckt ab, was ihr nicht wirklich braucht, was nicht wirklich Sinn macht.“Für ihn sei Kochen ein geistiger Selbstreinigungsprozess, der mystische Kraft besitze. „Macht euch mal wieder einen schönen Rumtopf“, schloss der Aristoteles der bayerischen Schmankerlküche. Ein Rumtopf sei in vielerlei Hinsicht geistreich.
Das Gebot der Mäßigung ist in vielen philosophischen Schulen verbreitet. Aber Schuhbeck ist wahrscheinlich der Erste seiner Art, der zur Erlangung höherer Seinszustände das Zusammenrühren einer klebrigen Spirituosenplörre empfiehlt. Hoch anzurechnen ist ihm, dass er wenigstens keine unseriösen Diätversprechungen macht. Denn – großer Küchenphilosoph, der er ist – weiß er natürlich, dass wir stets den intellektuellen Jo-Jo-Effekt fürchten müssen. (nyf )