Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mutti statt Turnvater Jahn
Mutti wird die Bundeskanzlerin erstaunlicherweise gerne mal genannt, obwohl sie selbst gar keine Kinder hat, schon gar keine schulpflichtigen. Jedenfalls hat Angela Merkel beim Onlineradiosender „Radyo Metropol FM“nun mit ein paar Tipps zum Kampf gegen die Kälte im gut gelüfteten CoronaKlassenzimmer für Schmunzeln gesorgt. „Vielleicht macht man auch mal eine kleine Kniebeuge oder klatscht in die Hände“, sagte die Kanzlerin. Das solle jeder für sich entscheiden. „Nur, wenn einem kalt ist, hilft es ja manchmal.“
Oh Gott, da schlagen wohl die vielen coronesken Bund-Länder-Treffen durch! Doch nur weil Streber Söder und Rotzlöffel Ramelow aus der letzten Reihe immer machen, was sie wollen, können doch jetzt nicht alle Schüler selbst entscheiden, wann sie im Klassenzimmer ihren CoronaSport machen! Turnvater Jahn, der alte Disziplinfanatiker, rotiert bei dem Gedanken im Grab.
Je nach Außentemperatur und innerer Reife könnte ab sofort immer im unpassendsten Moment geturnt werden: Applaus statt Ableitung, Kniebeugen statt Klassenarbeit,
Klimmzüge an der Tafel, Liegestütze vor dem Lehrerzimmer. Zumindest die Sportlehrer dürften jubilieren.
Vielleicht ist es ja doch ganz gut, dass sich die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin nicht auf die Schulpolitik erstreckt. Zur Ehrenrettung sei aber erwähnt, dass Frau Merkel einen zweiten Tipp parat hatte: Eventuell, so die Kanzlerin, müssten sich die Schüler etwas Wärmeres zum Anziehen mitbringen. Oha, da wären wir ohne Regierungschefin jetzt nie draufgekommen. (jos)