Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Harter Lockdown greift ab Mittwoch
Ferien beginnen früher – Einzelhandel schließt – Kretschmann appelliert an Vernunft
STUTTGART/BERLIN - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat sich am Sonntagnachmittag deutlich zu den beschlossenen bundesweiten Maßnahmen bekannt. „Das Virus ist stark“, sagte er. „Wir müssen jetzt zeigen, wir sind stärker.“Die am Freitag erlassenen landesweiten Ausgangsbeschränkungen gelten weiter, sagte Kretschmann.
Die Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten am Sonntagvormittag beschlossen, bis zum 10. Januar zum Eindämmen der Corona-Pandemie das öffentliche und private Leben in Deutschland schon von Mittwoch an drastisch herunterzufahren. BadenWürttemberg übernimmt im Wesentlichen diese Vereinbarungen. Konkret heißt das unter anderem, dass die Weihnachtsferien im Südwesten am Mittwoch beginnen, um weitere Kontakte zu vermeiden.
Von diesem Mittwoch an und bis zum 10. Januar muss der Einzelhandel mit Ausnahme der Geschäfte für den täglichen Bedarf schließen. Der Handelsverband Baden-Württemberg rechnet mit Umsatzverlusten in Höhe von 2,5 bis 3 Milliarden Euro.
Vor allem in Baden-Württemberg, sagte Kretschmann, sei die Lage sehr ernst. Von den deutschlandweit 100 000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus in der vergangenen Woche sei jede fünfte Ansteckung im Südwesten
verzeichnet worden. Die bisher getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hätten schlicht nicht gereicht. „Wir haben es nicht geschafft, die Infektionszahlen drastisch zu senken. Nun droht wieder ein exponentieller Anstieg“, so der Ministerpräsident: „Deshalb müssen wir jetzt das öffentliche Leben radikal herunterfahren, um die Zahl der Infektionen radikal zu drücken. Nur so können wir die Pandemie zurückdrängen.“
Ziel sei es, bis Anfang Januar wieder zu einem Wert von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche zu kommen. Aktuell vermeldet das Gesundheitsamt für Baden-Württemberg 180 Ansteckungen. „Die Intensivstationen werden voller und voller“, mahnte Kretschmann. „Die Verfügbarkeit an Intensivbetten nimmt ab.“Dadurch würden medizinische Behandlungen anderer Patienten verschoben. „Auch die haben ein Recht auf Behandlung ihrer Leiden“, so Kretschmann. „Wir müssen hier gegensteuern.“Erst bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 könnten die Gesundheitsämter wieder alle Kontakte Infizierter nachverfolgen und so dazu beitragen, dass das Virus sich nicht unbemerkt weiter ausbreite.
Gehe die Infektionsrate bis Anfang Januar nicht drastisch zurück, würden strenge Maßnahmen zur Kontaktvermeidung fortbestehen, kündigte Kretschmann bereits an.