Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Nach dem Favre-Rauswurf beginnen die Probleme erst
Sind wir einmal ehrlich: Wenn es nach der Hälfte der Experten und einem Großteil der Fans ging, wandelte Lucien Favre doch gefühlt seit seiner Verpflichtung am Rande der Entlassung. Kaum verlor der BVB ein Spiel oder zeigte einen etwas blutleeren Auftritt, stürzten sich die Massen, egal ob am Stammtisch oder im Internet, auf den Schweizer. Nun haben sie endlich ihren Willen bekommen. Doch sollte bei allem nicht vergessen werden: Favre ist und bleibt wohl noch etwas länger der punktbeste DortmundTrainer aller Zeiten. Keiner war je besser. Wäre seine Amtszeit in eine andere als diese Bayern-DominanzDekade gefallen, Favre wäre wohl vielfacher Meistertrainer. Die Wurzel liegt woanders und verfolgt den Trainer schon in seiner ganzen Karriere:
Der 63-Jährige ist zu introvertiert. Das zaudernde Sensibelchen an der Seitenlinie, das nach herben Klatschen sachlich argumentiert oder bei einem 1:1 gegen Frankfurt von Zufriedenheit über einen Punkt spricht, will so wenig in die aufgeregte Fußballwelt passen. Dass sich rund um den Borsigplatz ohnehin seit 2015 alle nach einem zweiten Jürgen Klopp – oder besser noch dem ersten – sehnen, macht es für einen Anti-Vulkan nicht einfacher. Dabei verdrängen viele die Prä-Favre-Phase mit ihrem Bosz-StögerWurschtel-Fußball und die sich daraus ergebende Frage: Wer soll nun übernehmen? Es kann nämlich durchaus noch schlimmer werden.
Es sei an dieser Stelle noch einmal erwähnt, dass Lucien Favre den Gewinn des DFB-Pokals mit Borussia Dortmund als Saisonziel ausgegeben hat. Insofern ist am Wochenende nichts passiert. Denn im Pokal sind die Dortmunder schließlich noch dabei. Zwei Tage vor Heiligabend steht die zweite Runde gegen Braunschweig für die favorisierten Borussen an.
Eigentlich ist am Wochenende aber doch ganz viel passiert. Denn schließlich hat eine der Topmannschaften der Bundesliga gegen einen Aufsteiger verloren. Im eigenen Stadion. Mit 1:5. Das Ergebnis rief bei den BVB-Fans zwar Entsetzen hervor, aber auch Gleichgültigkeit. Und das ist im Zweifel noch fataler, weil sie in Dortmund ja so arg auf echte Liebe stehen. Favre war schon immer ein Trainer, der genau das nicht verkörperte. Er war vielmehr einer, der einer jungen und wilden VollgasTruppe strenge Regeln aufzuerlegen versuchte, anstatt sie toben zu lassen. Deshalb war er auch von Beginn an umstritten. Es zweieinhalb Jahre in einem Verein ausgehalten zu haben, der zuvor die volle Dosis Jürgen Klopp genießen durfte, ist schon wieder fast respektabel. Aber nur fast. Einer wie Favre war, ist und wird niemals der richtige Mann für Borussia Dortmund sein. Deshalb musste die Erkenntnis des Wochenendes lauten: Es kann nicht noch schlimmer werden. Auch wenn jetzt Favres kaum bekannter Co-Trainer übernimmt.
„Folgt StögerBosz-WurschtelFußball?“
Von Felix Alex
„Es kann nicht noch schlimmer werden.“
Von Michael Panzram