Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Deutsche Waffen für Konfliktregionen
Rüstungsexporte in Milliardenhöhe auch für Jemen-Konfliktparteien genehmigt
BERLIN (dpa) - Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr Rüstungsexporte für mehr als eine Milliarde Euro an Länder genehmigt, die in die Konflikte im Jemen oder in Libyen verwickelt sind. Alleine für Ägypten wurden bis zum 17. Dezember Ausfuhren von Waffen und militärischer Ausrüstung im Wert von 752 Millionen Euro erlaubt. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour hervor.
Auch nach Katar (305,1 Millionen Euro), in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE, 51,3 Millionen), nach Kuwait (23,4 Millionen) und in die Türkei (22,9 Millionen) dürfen in größerem Umfang Rüstungsgüter geliefert werden. Außerdem wurden Genehmigungen für Jordanien (1,7 Millionen) und Bahrain (1,5 Millionen) erteilt. Unter dem Strich summiert sich das alles auf 1,16 Milliarden Euro.
Alle genannten Länder spielen in mindestens einem der beiden seit Jahren andauernden Konflikte eine Rolle. Im Jemen bekämpft eine von SaudiArabien geführte Allianz an der Seite der dortigen Regierung die von Iran unterstützten Huthi-Rebellen. Dem Bündnis gehören die VAE, Ägypten, Kuwait, Jordanien und Bahrain an. An den Kampfhandlungen ist aber in erster Linie Saudi-Arabien beteiligt.
Im Libyen-Konflikt mischen Katar und die Türkei auf der Seite der international anerkannten Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch in Tripolis mit. Der mächtigste Widersacher
Sarradschs, General Chalifa Haftar, wird dagegen von den VAE und Ägypten unterstützt. Derzeit gibt es in Libyen einen Waffenstillstand und die Hoffnung auf Frieden.
Der Konflikt hält seit dem Sturz des Langzeit-Herrschers Muammar al-Gaddafi 2011 an. Deutschland nimmt eine Vermittlerrolle ein. Die Bundesregierung setzt sich vor allem für den Stopp von Waffenlieferungen in das Land ein und hat dazu vor einem Jahr ein Gipfeltreffen in Berlin organisiert. Aber auch danach wurden nach UN-Angaben noch Waffen nach Libyen geliefert, unter anderem aus der Türkei und den VAE.
Zu den Rüstungsexporten in die am Jemen-Krieg beteiligten Staaten hatten Union und SPD auf Drängen der Sozialdemokraten 2018 eine Klausel in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Demnach sollten die Lieferungen
an alle „unmittelbar“an dem Krieg beteiligten Staaten gestoppt werden. Was „unmittelbar“genau bedeutet, blieb aber unklar. Vollständig umgesetzt wurde der Beschluss bis heute jedenfalls nur für Saudi-Arabien, den zeitweise mit Bodentruppen am Jemen-Krieg beteiligten Sudan und den Jemen selbst.
Der Grünen-Außenpolitiker Nouripour kritisierte die anhaltenden Exporte an die anderen Staaten der Jemen-Kriegsallianz scharf. „Damit ist die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht“, sagte er. Er monierte außerdem, dass die Bundesregierung Rüstungslieferungen an Staaten erlaubt, die das Waffenembargo gegen Libyen gebrochen haben. „Zwischen den Worten und den Taten dieser Bundesregierung klaffen Lücken groß wie Mondkrater.“