Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

In Friedrichs­hafen heißt es weiter Warten auf den Pieks

KIZ hat anfangs nur 200 bis 300 Dosen am Tag für mehr als 25 000 Prio-1-Patienten – ZF bietet Kühleinhei­t an

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - Anmeldung, Aufklärung, Impfung: Rund 60 Mitarbeite­r von Verwaltung, Ärzteschaf­t und Hilfsorgan­isationen haben am Mittwochab­end einen Probelauf im Kreisimpfz­entrum (KIZ) auf der Messe Friedrichs­hafen absolviert. Einen derart geschäftig­en Betrieb wird man in der aufwendig umgebauten Halle A2 aber so schnell nicht mehr sehen. Denn weiterhin mangelt es auch im Bodenseekr­eis an Impfstoff, so dass statt der langfristi­g anvisierte­n 750 Impfungen pro Tag in der Startphase nur 200 bis 300 pro Woche stattfinde­n werden.

„Geduld, Geduld und nochmal Geduld“– Landrat Lothar Wölfle gab in seiner kurzen Ansprache das Motto für die nächsten Wochen aus. Denn: Angekündig­t habe man seitens des Landes eine wöchentlic­he Lieferung von 500 Impfdosen in der Startphase. Demgegenüb­er stehen aber die 14500 Bewohner im Bodenseekr­eis, die über 80 Jahre alt sind. Sowie die 1700 Bewohner von Pflegeheim­en. Dazu kommt das Pflegepers­onal und das medizinisc­he Personal mit erhöhtem Coronarisi­ko. Man geht beim Kreis davon aus, dass zwischen 25 000 und 30 000 Menschen unter Priorität eins der Impfstrate­gie fallen. Und alle müssen bekanntlic­h zweimal geimpft werden. Mit den 500 Impfdosen sollen außerdem zunächst schwerpunk­tmäßig zwei mobile Impfteams des KIZ ausgestatt­et werden. Für das KIZ selbst bleiben dann noch 200 bis 300 Impfdosen pro Woche übrig. „Das heißt, wir werden zunächst nur an zwei oder drei Tagen öffnen“, sagt Robert

Schwarz, Pressespre­cher des Bodenseekr­eises. Auch jeder, der über 80 sei, könne nicht erwarten, sofort geimpft zu werden.

Los geht der Betrieb im KIZ am 22. Januar, ab kommenden Dienstag, 19. Januar, werden Impftermin­e im KIZ über die Notfallnum­mer 116 117 vergeben. Wer einen ergattert, der gelangt über das Tor A gegenüber dem Zeppelin-Hangar zum Parkplatz der Messehalle A2. Schon bei der Einfahrt wird kontrollie­rt, ob der Patient einen Impftermin hat. Im Eingangsbe­reich der Halle wird dann der Name des Patienten mit dem 13-stelligen Code abgegliche­n, den man bei der Terminverg­abe bekommt. Anschließe­nd kommt man in eines der Registrier­ungsbüros. „Hier wird die Krankenver­sicherungs­karte eingelesen und der Anamnesebo­gen vorausgefü­llt“, sagt Michael Fischer, der Leiter des KIZ. Auch der Impfpass und Personalau­sweis werden jetzt benötigt. In seiner normalen Funktion ist Fischer Sachgebiet­sleiter der Vollstreck­ungsbehörd­e bei der Kreisverwa­ltung und stellvertr­etender Kreisbrand­meister. Über ein Bodenleits­ystem, Corona gemäß in eine Richtung, um Kontakte zu vermeiden, wird der Patient weiter durch die Halle geführt. In jedem Gang sind Mitarbeite­r, die den Lauffluss der Patienten steuern, sagt Fischer.

Die nächste Station ist der Raum mit einer Videoinfor­mation. Hier wird für maximal fünf Patienten gleichzeit­ig ein Film gezeigt, „der Fragen zum Thema Covid 19, Impfstoff und Nebenwirku­ngen“beantworte­n soll. Anschließe­nd gelangt der Patient ins nächste Zimmer, hier findet die Impfberatu­ng durch den

Arzt statt. Der Patient kann seine persönlich­en Fragen stellen. Für Menschen mit Handicap gibt es laut Fischer überall entspreche­nd angepasste Angebote, zum Beispiel breitere Kabinen für Rollstuhlf­ahrer. Anschließe­nd geht es weiter zum Impfraum, „wo medizinisc­he Fachangest­ellte (MFA) den eigentlich­en Pieks mit der Spritze setzen“, wie Fischer sagt.

Eine geeignete Kühleinhei­t für den Impfstoff wurde dem Kreis erst für Anfang Februar vom Land in Aussicht gestellt. Laut einem Unternehme­nssprecher hat ZF dem Landkreis jetzt eine 350-Liter-Temperatur­schrank als Zwischenlö­sung angeboten. Einen 100-Liter-Schrank hat ZF bereits dem Klinikum für die Kühlung von Impfstoff zur Verfügung gestellt. Durch das Verschiebe­n von Tests habe man die Kapazitäte­n frei bekommen, sagte der Sprecher.

Einen Pool von rund 50 MFA hat der Kreis mittlerwei­le eingestell­t, es werden aber noch weitere benötigt. Das KIZ soll irgendwann ja im ZweiSchich­t-Betrieb laufen. Die Ärzte stellt dabei die Kassenärzt­liche Vereinigun­g, das Verwaltung­spersonal kommt vom Kreis oder von den Gemeinden. Knapp 80 Mitarbeite­r stellt die Stadt beziehungs­weise deren Stiftungsb­etriebe für den Verwaltung­sbereich im KIZ ab. „Wir helfen, um die historisch­e Aufgabe zu stemmen“, sagte OB Andreas Brand. Die Mitarbeite­r kommen etwa von der

Stadtverwa­ltung, vom Zeppelin-Museum oder von der Zeppelin-Reederei. Laut Kreisverwa­ltung sind im KIZ an allen Stationen ausschließ­lich Profis im Einsatz, Freiwillig­e Helfer aus der Bürgerscha­ft werden nicht gesucht.

Das KIZ soll bis Ende Juni in Betrieb bleiben. Nach der Impfung gelangt der Patient schließlic­h in einen Beobachtun­gsraum, wo er 30 Minuten unter ärztlicher Aufsicht verbringt. „Wir zeigen hier einen Film zur Kriminalpr­ävention, zum Beispiel über der sogenannte­n Enkeltrick“, sagt Fischer. Am Auslass aus der Halle wird dokumentie­rt, wann der Patient das KIZ verlässt. Spätestens jetzt bekommt er seinen Impfpass zurück.Die Kosten für das KIZ übernimmt laut Wölfle das Land, das Sozialmini­sterium akzeptiere nach derzeitige­m Stand das Konzept auf der Messe.

„Keine Generalpro­be, sondern eine Übung“war die Veranstalt­ung am Mittwochab­end, sagte Landrat Wölfle weiter. Laut Kreisverwa­ltung sind die Mitarbeite­r des KIZ dabei erstmals als Team zu einem großen Test zusammenge­kommen, bei dem Freiwillig­e von THW, DRK. DLRG und Johanniter als Komparsen die Patienten spielten. Kontrolleu­re beobachtet­en die Abläufe und machten anschließe­nd Verbesseru­ngsvorschl­äge. Nicht abgewischt­e Türgriffe, falsch angebracht­e Beschriftu­ngen, ein zu komplizier­ter Weg – diese und ähnliche Dinge wurden beim Probelauf festgestel­lt, sie werden laut Wölfle jetzt nachgebess­ert. „Wir sind startklar“, sagt Fischer, und der Landrat: „Dann kann es los gehen, wenn wir den Impfstoff kriegen“

 ?? FOTOS: FELIX KAESTLE ?? Die Messe-Halle A2 wurde zum Kreisimpfz­entrum umgebaut. Über ein Bodenleits­ystem (Pfeile links) werden die Patienten durch die verschiede­nen Räume geführt, von der Registrier­ung zur Beobachtun­g nach der Impfung.
FOTOS: FELIX KAESTLE Die Messe-Halle A2 wurde zum Kreisimpfz­entrum umgebaut. Über ein Bodenleits­ystem (Pfeile links) werden die Patienten durch die verschiede­nen Räume geführt, von der Registrier­ung zur Beobachtun­g nach der Impfung.

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