Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
In Friedrichshafen heißt es weiter Warten auf den Pieks
KIZ hat anfangs nur 200 bis 300 Dosen am Tag für mehr als 25 000 Prio-1-Patienten – ZF bietet Kühleinheit an
FRIEDRICHSHAFEN - Anmeldung, Aufklärung, Impfung: Rund 60 Mitarbeiter von Verwaltung, Ärzteschaft und Hilfsorganisationen haben am Mittwochabend einen Probelauf im Kreisimpfzentrum (KIZ) auf der Messe Friedrichshafen absolviert. Einen derart geschäftigen Betrieb wird man in der aufwendig umgebauten Halle A2 aber so schnell nicht mehr sehen. Denn weiterhin mangelt es auch im Bodenseekreis an Impfstoff, so dass statt der langfristig anvisierten 750 Impfungen pro Tag in der Startphase nur 200 bis 300 pro Woche stattfinden werden.
„Geduld, Geduld und nochmal Geduld“– Landrat Lothar Wölfle gab in seiner kurzen Ansprache das Motto für die nächsten Wochen aus. Denn: Angekündigt habe man seitens des Landes eine wöchentliche Lieferung von 500 Impfdosen in der Startphase. Demgegenüber stehen aber die 14500 Bewohner im Bodenseekreis, die über 80 Jahre alt sind. Sowie die 1700 Bewohner von Pflegeheimen. Dazu kommt das Pflegepersonal und das medizinische Personal mit erhöhtem Coronarisiko. Man geht beim Kreis davon aus, dass zwischen 25 000 und 30 000 Menschen unter Priorität eins der Impfstrategie fallen. Und alle müssen bekanntlich zweimal geimpft werden. Mit den 500 Impfdosen sollen außerdem zunächst schwerpunktmäßig zwei mobile Impfteams des KIZ ausgestattet werden. Für das KIZ selbst bleiben dann noch 200 bis 300 Impfdosen pro Woche übrig. „Das heißt, wir werden zunächst nur an zwei oder drei Tagen öffnen“, sagt Robert
Schwarz, Pressesprecher des Bodenseekreises. Auch jeder, der über 80 sei, könne nicht erwarten, sofort geimpft zu werden.
Los geht der Betrieb im KIZ am 22. Januar, ab kommenden Dienstag, 19. Januar, werden Impftermine im KIZ über die Notfallnummer 116 117 vergeben. Wer einen ergattert, der gelangt über das Tor A gegenüber dem Zeppelin-Hangar zum Parkplatz der Messehalle A2. Schon bei der Einfahrt wird kontrolliert, ob der Patient einen Impftermin hat. Im Eingangsbereich der Halle wird dann der Name des Patienten mit dem 13-stelligen Code abgeglichen, den man bei der Terminvergabe bekommt. Anschließend kommt man in eines der Registrierungsbüros. „Hier wird die Krankenversicherungskarte eingelesen und der Anamnesebogen vorausgefüllt“, sagt Michael Fischer, der Leiter des KIZ. Auch der Impfpass und Personalausweis werden jetzt benötigt. In seiner normalen Funktion ist Fischer Sachgebietsleiter der Vollstreckungsbehörde bei der Kreisverwaltung und stellvertretender Kreisbrandmeister. Über ein Bodenleitsystem, Corona gemäß in eine Richtung, um Kontakte zu vermeiden, wird der Patient weiter durch die Halle geführt. In jedem Gang sind Mitarbeiter, die den Lauffluss der Patienten steuern, sagt Fischer.
Die nächste Station ist der Raum mit einer Videoinformation. Hier wird für maximal fünf Patienten gleichzeitig ein Film gezeigt, „der Fragen zum Thema Covid 19, Impfstoff und Nebenwirkungen“beantworten soll. Anschließend gelangt der Patient ins nächste Zimmer, hier findet die Impfberatung durch den
Arzt statt. Der Patient kann seine persönlichen Fragen stellen. Für Menschen mit Handicap gibt es laut Fischer überall entsprechend angepasste Angebote, zum Beispiel breitere Kabinen für Rollstuhlfahrer. Anschließend geht es weiter zum Impfraum, „wo medizinische Fachangestellte (MFA) den eigentlichen Pieks mit der Spritze setzen“, wie Fischer sagt.
Eine geeignete Kühleinheit für den Impfstoff wurde dem Kreis erst für Anfang Februar vom Land in Aussicht gestellt. Laut einem Unternehmenssprecher hat ZF dem Landkreis jetzt eine 350-Liter-Temperaturschrank als Zwischenlösung angeboten. Einen 100-Liter-Schrank hat ZF bereits dem Klinikum für die Kühlung von Impfstoff zur Verfügung gestellt. Durch das Verschieben von Tests habe man die Kapazitäten frei bekommen, sagte der Sprecher.
Einen Pool von rund 50 MFA hat der Kreis mittlerweile eingestellt, es werden aber noch weitere benötigt. Das KIZ soll irgendwann ja im ZweiSchicht-Betrieb laufen. Die Ärzte stellt dabei die Kassenärztliche Vereinigung, das Verwaltungspersonal kommt vom Kreis oder von den Gemeinden. Knapp 80 Mitarbeiter stellt die Stadt beziehungsweise deren Stiftungsbetriebe für den Verwaltungsbereich im KIZ ab. „Wir helfen, um die historische Aufgabe zu stemmen“, sagte OB Andreas Brand. Die Mitarbeiter kommen etwa von der
Stadtverwaltung, vom Zeppelin-Museum oder von der Zeppelin-Reederei. Laut Kreisverwaltung sind im KIZ an allen Stationen ausschließlich Profis im Einsatz, Freiwillige Helfer aus der Bürgerschaft werden nicht gesucht.
Das KIZ soll bis Ende Juni in Betrieb bleiben. Nach der Impfung gelangt der Patient schließlich in einen Beobachtungsraum, wo er 30 Minuten unter ärztlicher Aufsicht verbringt. „Wir zeigen hier einen Film zur Kriminalprävention, zum Beispiel über der sogenannten Enkeltrick“, sagt Fischer. Am Auslass aus der Halle wird dokumentiert, wann der Patient das KIZ verlässt. Spätestens jetzt bekommt er seinen Impfpass zurück.Die Kosten für das KIZ übernimmt laut Wölfle das Land, das Sozialministerium akzeptiere nach derzeitigem Stand das Konzept auf der Messe.
„Keine Generalprobe, sondern eine Übung“war die Veranstaltung am Mittwochabend, sagte Landrat Wölfle weiter. Laut Kreisverwaltung sind die Mitarbeiter des KIZ dabei erstmals als Team zu einem großen Test zusammengekommen, bei dem Freiwillige von THW, DRK. DLRG und Johanniter als Komparsen die Patienten spielten. Kontrolleure beobachteten die Abläufe und machten anschließend Verbesserungsvorschläge. Nicht abgewischte Türgriffe, falsch angebrachte Beschriftungen, ein zu komplizierter Weg – diese und ähnliche Dinge wurden beim Probelauf festgestellt, sie werden laut Wölfle jetzt nachgebessert. „Wir sind startklar“, sagt Fischer, und der Landrat: „Dann kann es los gehen, wenn wir den Impfstoff kriegen“