Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Im Auge des Sturms
Mit Verteidigersorgen fahren die Towerstars nach Kaufbeuren – dort treffen sie auf einen alten Bekannten
RAVENSBURG - Den Ravensburg Towerstars steht in der DEL2 ein Derbywochenende bevor. Am Sonntag empfangen die Ravensburger den EV Landshut in der CHG-Arena (17 Uhr), zunächst geht es aber am Freitag zum ESV Kaufbeuren (19.30 Uhr) – dort wartet unter anderem ein Verteidiger, der bis vor kurzem noch das Trikot der Towerstars trug. Für den Tabellenfünften wird es eine Reise ins Auge des Sturms.
Beim Blick auf den Spielplan wird Sören Sturm gewusst haben, dass es nach seinem Wechsel nach Kaufbeuren zum Jahreswechsel ein schnelles Wiedersehen mit seinen Teamkollegen aus Ravensburg geben wird. Dass die Towerstars bei seinem Anblick aber ganz besonders wehmütig werden könnten, dachte er wohl nicht. Denn weil sich kurz nach seinem überraschenden Transfer die Towerstars-Verteidiger Pawel Dronia und James Bettauer schwerer verletzten, ist in der Defensive der Oberschwaben die Personalnot ausgebrochen. Ganz besonders deshalb, weil Sturm und Bettauer die beiden Abwehrspieler der Towerstars waren, die Torgefahr ausstrahlten und regelmäßig punkteten. „Uns fehlt die Offensivpower aus der Defensive“, sagt denn auch Maximilian Kolb, der mit Kilian Keller, Daniel Stiefenhofer und Patrick Seiffert übriggeblieben ist, um in erster Linie das eigene Tor zu beschützen.
Nur mit zwei Defensivblöcken müssen die Towerstars deshalb aber nicht auskommen. Denn einerseits steht in Eric Bergen ein Nachwuchsspieler zur Verfügung, der sich schon bewiesen hat. Zudem hilft wieder der eigentlich stürmende Kapitän Vincenz Mayer hinten aus. Heißt: Gegen Kaufbeuren und in Landshut wird Towerstars-Coach Rich Chernomaz auf sechs Verteidiger zurückgreifen können. „Das hat ganz gut funktioniert“, blickt Kolb auf den Sieg gegen die Dresdner Eislöwen am vergangenen Sonntag zurück. Da sah die Defensive nämlich auch schon so aus – und funktionierte bestens. Gerade einmal drei Gegentore ließen sie zu. Vorne schlug es dagegen sechsfach ein; die Negativeserie war damit beendet. Wirkliche Sorgen wegen der zuvor sechs Pleiten in Folge machte sich Maximilian Kolb nicht. „In den fünf Jahren, die ich jetzt hier bin, habe ich noch keine Saison erlebt, in der alles glatt lief“, sagt er. Nie sei die Mannschaft „auf einem Niveau durchmarschiert“, sogar in der Meistersaison 2018/19 habe es ein Leistungsloch gegeben.
Auch wegen der verletzten Teamkollegen macht sich Kolb keine Sorgen. Denn auch das hat er schon öfters erlebt. Die Mannschaft sei in solchen Situationen immer enger zusammengerückt, der Einsatz sei noch größer geworden. „Da bin ich auch jetzt zuversichtlich“, sagt Kolb.
Auf das kommende Wochenende freut er sich als gebürtiger Füssener ganz besonders. „Kaufbeuren ist immer geil“, blickt er auf das Spiel am Freitag. Gerne erinnert er sich zum Beispiel an die Play-off-Halbfinalserie 2019 zurück, als die Towerstars den ESVK besiegten und ins Finale einzogen. „Das war so cool“, sagt Kolb. Auf die Reise nach Kaufbeuren freut er sich aber auch, weil er dann seinen langjährigen „Mitbewohner“treffen wird. Mit Sören Sturm wechselte er 2016 gleichzeitig zu den Towerstars und wohnte anschließend im gleichen Haus. Nicht zuletzt deshalb sei eine Freundschaft entstanden. Sturm am Freitag im Kaufbeuren-Trikot zu sehen, werde zwar ungewohnt sein, aber: Letztlich werde er auf dem Eis ein Gegner wie jeder andere sein. Zumindest fast. „Wenn er meint, einen Ausflug machen zu müssen, stelle ich meinen Körper rein“, sagt Kolb und lacht.
Ans Lachen dachte TowerstarsCoach Chernomaz nach den schweren Verletzungen seiner Leistungsträger Dronia und Bettauer zunächst nicht. Zu sehr schmerzte der Ausfall seiner kompletten ersten Defensivreihe. Als dann der Blick auf den Transfermarkt kein befriedigendes Ergebnis brachte, weil kein deutscher Abwehrspieler verfügbar ist, drohte die Laune kurz tief in den Keller
zu gehen. Doch der erfahrene Chernomaz lässt sich von solchen Herausforderungen nicht unterkriegen. Er rückte den Nachwuchs ins Blickfeld. Sowohl Eric Bergen als auch der bisher nur in Lindau spielende Tim Sezemsky trainierten unter der Woche mit. Somit hat Chernomaz sechs Verteidiger – plus Sezemsky als Option.
Während diese Baustelle abgeräumt ist, weiß Chernomaz noch nicht, ob er Goalie Jonas Langmann nach seiner Verletzung schon zwei Spiele an einem Wochenende zumuten kann. Jedenfalls werde Langmann am Freitag in Kaufbeuren spielen, danach werde die Situation neu bewertet.