Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Stadt braucht Baugebiete als Einnahmequ­elle

Umstritten­e 13b-Neubaugebi­ete bringen Ravensburg mehrere Millionen Euro

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Die Ravensburg­er Neubaugebi­ete sind umstritten: Einerseits wird Wohnraum dringend benötigt, anderersei­ts schadet die Versiegelu­ng der Umwelt. Aber die Stadt hat die Einnahmen schon fest eingeplant.

Sechs Neubaugebi­ete entstehen demnächst in den Ravensburg­er Ortschafte­n und am Andermanns­berg – die Vergabe der begehrten Bauplätze soll nach den Sommerferi­en beginnen (die SZ berichtete). Möglich wurde die schnelle Erschließu­ng durch den Paragrafen 13b im Baugesetzb­uch, der vom Gesetzgebe­r eigentlich geschaffen worden war, um Flüchtling­swohnheime im Außenberei­ch errichten zu dürfen. 2019 lief er aus, doch zahlreiche Städte und Gemeinden nutzten die günstige Gelegenhei­t, auf die Schnelle Bauland auszuweise­n – ohne die sonst bei Baugebiete­n vorgeschri­ebene Umweltprüf­ung samt ökologisch­en Ausgleichs­maßnahmen. Im Verwaltung­sund Wirtschaft­sausschuss des Ravensburg­er Gemeindera­ts wurde das Thema am Montagaben­d noch einmal ausführlic­h diskutiert.

Man sah und hörte Oberbürger­meister

Daniel Rapp an, dass er ein wenig Bauchschme­rzen hat, weil er die Kritik von Umweltschü­tzern an den Hauruck-Baugebiete­n verstehen kann. „Wir haben als Verwaltung eine durchaus differenzi­erte Meinung zu dem Thema und haben versucht, diese Neubaugebi­ete mit großem Verantwort­ungsgefühl und hoher

Qualität zu gestalten.“Obwohl es eigentlich nicht vorgeschri­eben ist, hat Ravensburg beispielsw­eise freiwillig für ökologisch­e Ausgleichs­flächen gesorgt. Dennoch hätte es diese Neubaugebi­ete im Außenberei­ch ohne den Paragrafen 13b nicht gegeben – oder zumindest nicht so schnell. „Aber wir brauchen sie auch aus finanziell­en Gründen“, sagte das Stadtoberh­aupt. „Das ist einfach die Wahrheit: Wir planen im Doppelhaus­halt mit sieben Millionen Euro Erlösen aus Liegenscha­ftsverkäuf­en.“

Maria Weithmann, Fraktionsv­orsitzende der Grünen, hatte zuvor bedauert, dass der Landkreis Ravensburg „trauriger Spitzenrei­ter“bei den 13b-Baugebiete­n sei. Allein in der Stadt Ravensburg werden sechs ausgewiese­n. „Ursprüngli­ch sollten es nur drei sein, und eigentlich ohne Einfamilie­nhäuser.“Diese machten nun etwa 20 Prozent der neuen Bebauung aus, der Rest sollen Mehrfamili­enhäuser sein. Die Grünen favorisier­en grundsätzl­ich Verdichtun­gen innerhalb bestehende­r Baugebiete, weil dabei weniger freie Fläche versiegelt wird. Doch auch das bringt Probleme – meist mit den Nachbarn, die keine Neubauten vor der Nase haben wollen.

Baubürgerm­eister Dirk Bastin beschrieb den Konflikt, den die Verwaltung bei der Stadtentwi­cklung auszutrage­n habe. „Es ist ein Dreiklang aus sozialer Gerechtigk­eit, Ökologie und wirtschaft­licher Entwicklun­g.“Auch die Ravensburg­er Ortschafte­n müssten die Möglichkei­t haben, sich weiterzuen­twickeln. Die Stadt habe bei der Ausweisung der Gebiete darauf geachtet, dass sie sich harmonisch an die bestehende Bebauung anschmiege­n und auch gut durch den öffentlich­en Personenna­hverkehr erschlosse­n sind. „Perspektiv­isch wollen wir sie so entwickeln, dass sie klimaneutr­al sind.“Das lässt sich hauptsächl­ich durch den Einsatz regenerati­ver Energien oder Wärmenetze erreichen.

„Ich verstehe den negativen Touch nicht, dass sich die Verwaltung schon fast dafür entschuldi­gt, Baugebiete auszuweise­n“, empörte sich CDU-Stadtrat Rudi Hämmerle. „Es ist ja nicht so, als würden wir nur noch Einfamilie­nhäuser bauen. Wir bauen auch 3000 Wohnungen. Es ist unredlich, zu behaupten, dass alles so schlecht ist.“Und sein Parteifreu­nd Rolf Engler meinte, dass auch die Nachverdic­htung in der Bürgerscha­ft Probleme bereite. Als Beispiele nannte er die Federburgs­traße, eine der begehrtest­en Wohnlagen und besten Adressen in Ravensburg, die nach dem Empfinden vieler Bürger aber verschande­lt wurde durch Terrassenb­auten. Und die Galgenhald­e in der Weststadt, wo derzeit ebenfalls nachverdic­htet wird: „Die Leute dort fühlen sich einfach überfahren.“

 ??  ?? Bauland in Ravensburg ist begehrt. Selbst in den Ortschafte­n sind die Bauplätze (hier ein Archivbild von „Leim-Nord“in Oberzell) schnell vergeben.
Bauland in Ravensburg ist begehrt. Selbst in den Ortschafte­n sind die Bauplätze (hier ein Archivbild von „Leim-Nord“in Oberzell) schnell vergeben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany