Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Belastung für Bauern nicht so schlimm, wie es klingt
Was die Verdoppelung der Grundsteuer A für Ravensburer Landwirte bedeutet
RAVENSBURG - 3,4 Millionen Euro Mehreinnahmen erhofft sich die Ravensburger Stadtverwaltung durch die Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuern. Falls der Gemeinderat am Montag zustimmt, kommt die Stadt im laufenden Haushaltsjahr über die Runden. Wie Oberbürgermeister Daniel Rapp in der Sitzung des Verwaltungs- und Wirtschaftsausschusses am Montag klarmachte, müssten sonst lieb gewonnene Einrichtungen wie die Stadtbücherei geschlossen werden. Laut dem OB wäre das aber ein „Horrorszenario für die Lebensqualität“.
Der dringliche Appell des Wirtschaftsforums pro Ravensburg (Wifo), den Gewerbesteuer-Hebesatz nach der Erhöhung im Jahr 2020 um 17 Prozentpunkte in diesem Jahr nicht erneut um zehn Punkte zu erhöhen, kam bei der Sitzung gar nicht zur Sprache. OB Rapp kündigte aber ein Programm zur Ankurbelung von Wirtschaft und Tourismus an, „sobald die Stadt wieder zum Leben erwachen darf“. Außerdem berichtete er davon, dass in den Vorberatungen des Etats hinter verschlossenen Türen schnell klar geworden sei, dass die Steuererhöhungen nur „im Gesamtpaket“politisch durchsetzbar seien. SPD und Grüne hätten einer alleinigen Erhöhung der Grundsteuern, die Hausbesitzer und Mieter sowie Landwirte belasten, ohne eine gleichzeitige Erhöhung der Gewerbesteuer nicht zugestimmt, die CDU genau umgekehrt. Rapp: „Es ist klar, dass wir Steuererhöhungen alle ganz fürchterlich finden, aber wir wollen nicht so weit gehen, dass wir Einrichtungen schließen.“Immerhin seien durch Sparmaßnahmen auch Haushaltsverbesserungen von acht Millionen Euro erreicht worden, mehr sei ohne besagte Schließungen von Bücherei, Museen oder Bädern nicht drin.
Neben der Gewerbesteuer wird die Grundsteuer B für bebaute oder bebaubare Grundstücke von 400 auf 500 Punkte angehoben, auch diese kommunale Steuer war erst vor einem Jahr um 30 Punkte erhöht worden. Verdoppelt wurde sogar die Grundsteuer A für Landwirte von 250 auf 500 Punkte. Diese war jedoch abgesehen von der Anhebung im vergangenen Jahr um 20 Punkte jahrzehntelang nicht angetastet worden. Und in absoluten Zahlen macht die Erhöhung laut Rapp auch nicht so viel aus. „Eine Verdopplung des Hebesatzes sieht auf den ersten Blick spektakulär aus. Für 88 Prozent der Landwirte bedeutet es aber eine Erhöhung von null bis 500 Euro im Jahr für die gesamte Fläche.“Mehr als 60 Prozent der Bauern würden sogar nur mit einem Betrag von bis zu 100 Euro zusätzlich belastet, zudem sei die Grundsteuer A anders als die Grundsteuer B von der Einkommensteuer absetzbar. Auch Stadtrat Joachim Arnegger (Freie Wähler) als Mann vom Fach bestätigte das: „Bei mir macht das Mehrkosten von 12,05 Euro im Quartal aus.“
Der Beschluss, der noch vom Gemeinderat bestätigt werden muss, fiel nahezu einstimmig. Nur Oliver Schneider (FDP) enthielt sich der Stimme, weil er die Notwendigkeit zwar erkennt, in der jetzigen Lage Steuererhöhungen aber „für ein ganz miserables Zeichen“hält.