Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Douala-Fans spenden mehr als 22 000 Euro
Weil staatliche Hilfe stockend fließt, wollen nun Gäste den Ravensburger Kultclub retten
RAVENSBURG - Seit 13. März geht im Ravensburger Kultclub Douala coronabedingt gar nichts mehr. Miete, Betriebskosten oder Versicherungen muss Betreiber Johnny Sturm trotzdem bezahlen. Eigentlich wollte er das mit den staatlichen Hilfen hinbekommen. Doch weil die nur stockend und zeitverzögert fließen, wurde es ihm Ende Dezember dann doch mulmig: „Wir hingen völlig in der Luft.“Darum haben Freunde von Sturm die Spendenaktion unter dem Motto „Save Douala now – Save the Rave, rette die Clubkultur“gestartet. Nun erzählt er, wie die Aktion läuft und wie es mit dem weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Techno-Club weitergeht.
„Hab die letzten knapp 20 Jahre im Douala Hammer-Nächte erlebt. Bestimmt
nicht nur für mich ein unersetzbarer Club. Haltet bitte durch!!!“, schreibt etwa Tobias auf der Crowdfunding-Plattform betterplace.me. Und hat fürs Douala 100 Euro gespendet. Ein anderer findet: „Ravensburg ohne Douala? Geht nicht!“und steuert ebenfalls 100 Euro bei. Ein ZF-Mitarbeiter hat laut betterplace.me gar seine Gewinnbeteiligung von 370 Euro an Johnny Sturm weitergeleitet. Der ist dankbar und berührt, dass so viele Leute sich für das Überleben seines Ladens ins Zeug legen, und gesteht: „Das tut der Seele gut.“Dem Geldbeutel ebenfalls: Die rund 22 400 Euro, die bisher zusammengekommen sind, kann er nämlich mehr als gut gebrauchen – seine finanzielle Situation sei „ernst, angespannt und existenzbedrohend für den Club“, sagt Sturm. Und ergänzt, von den laufenden Rechnungen werde er teilweise „fast erschlagen“.
Inzwischen ist zumindest die staatliche November-Hilfe eingetroffen. Damit und mit den Spenden kann Sturm nun die aktuellen Kosten stemmen und Kredite, mit denen Freunde und Bekannte ihm unter die Arme gegriffen haben, zurückzahlen. Außerdem bringt er die Technik im Club auf Vordermann. Denn diverse DJs nehmen hier momentan Sets auf, die das Douala dann alle zwei Wochen online auf den Plattformen You
Tube oder
Twitch streamt – „um die Leute zu Hause zu unterhalten, und damit sie uns nicht vergessen“, wie Sturm ausführt. Die Künstler machen das umsonst, um den Club zu unterstützen. Im Februar sollen, wenn möglich, auch kleinere (Nachwuchs-)Bands in der Schubertstraße 2 Live-Musik aufnehmen, die dann ins Internet gestellt wird.
Obschon hier also ab und zu ein klitzekleines bisschen was los ist, herrscht im Douala eine merkwürdige Endzeit-Atmosphäre: Sofas und Tische sind zusammengeschoben, Stühle und Barhocker hochgestellt, auf dem Tresen wächst die Staubschicht. Wie es Johnny Sturm geht? „Durchwachsen“, gesteht er. Vor allem der Umstand, dass er keine Ahnung habe, wann es wieder losgeht und er daher nichts verbindlich planen könne, mache ihm zu schaffen. Die Ungewissheit zehre an den Nerven. Das Gerücht, der Ravensburger Pharmakonzern Vetter habe das Gebäude in der Schubertstraße 2 gekauft, dementiert er im Übrigen, da sei nichts dran. Um einigermaßen im
Lot zu bleiben, absolviert Sturm nach wie vor seine täglichen Sonnenaufund -untergangsspaziergänge zur Veitsburg, macht Yoga, malt und bekocht seine Familie. Außerdem hat er mit Freunden Bar und Toiletten im Club neu gestrichen. So versucht er, seinen Optimismus hochzuhalten und sich nicht unterkriegen zu lassen.
Dabei macht dem Clubbetreiber nicht zuletzt Mut, dass der Club, den er seit fast einem Vierteljahrhundert betreibt, einen Haufen Fans besitzt – die sowohl ideell als auch finanziell hinter dem Douala und seinem Chef stehen. So betont etwa ein Spender oder eine Spenderin auf betterplace.me, der Club sei „wichtig für die Kultur in der Region“. Ein anderer oder eine andere motiviert: „Johnny, harre aus! Das Douala ist systemrelevant!“Und ein Dritter oder eine Dritte schreibt: „Danke Douala für all die Nächte bei Euch, für musikalische Horizonterweiterung, die besten Partys und so viel gute Zeit!“Viele seien schon vor der Spendenkampagne auf ihn zugekommen und hätten gefragt, wie sie ihm helfen können, freut sich der Betreiber. Damit hatte er nicht gerechnet.
Trotzdem macht er sich nicht nur um das Überleben seines eigenen Ladens Sorgen, sondern generell um die Branche in der Region – etwa auch das Balthes in der Ravensburger Marktstraße und den Club Vaudeville in Lindau. „Kleine, privat geführte Clubs für anspruchsvollere elektronische Tanzmusik sind ohnehin äußerst rar, denn Subkultur hat es schwer in der Provinz.“
„Hab die letzten knapp 20 Jahre im Douala Hammer-Nächte erlebt. Bestimmt nicht nur für mich ein unersetzbarer Club.“
Das schreibt Tobias auf der Crowdfunding-Plattform betterplace.me