Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Vom Straßenrab­auken zum Olympionik­en

Der Lindauer Gerd Egger hat sich weltweit im Judo einen großen Namen gemacht – auf und neben der Matte

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Ein weiterer Höhepunkt seiner Sportkarri­ere war seine erste JapanReise im Jahr 1966: ins Mekka des Judosports. Drei Athleten schickte der deutsche Judo-Bund auf den Weg. „Damals kostete ein Flug nach Japan 6000 Deutsche Mark, das war natürlich zu teuer“, beschreibt Egger. Deshalb ging es zunächst nach Russland – mit dem Zug nach Moskau, dort mit dem Flieger nach Chabarowsk und weiter mit dem Zug nach Wladiwosto­k. Per Schiff ging es schließlic­h nach Yokohama in Japan. Zehn Tage dauerte die Reise zu Zeiten des „Kalten Krieges“. In der japanische­n Stadt Tenri trainiert Egger zusammen mit Klaus Klan und Peter Herrmann vier Monate lang mit dem Nationaltr­ainer Matsumoto. In dieser Zeit perfektion­iert er seine spätere Lieblingst­echnik, den Ko-uchi-gari (deutsch: kleine Innensiche­l, Anm. d. Red.). „Da ich häufig in der offenen Klasse startete, war die Technik sehr gut gegen schwere Gegner“, sagt Egger. Für diese Reise hatte er extra seinen Job bei der Stadt Konstanz hingeschmi­ssen. „Ich kam im November zurück und habe dann 1967 bei der Stadt München eine Stelle im Straßenund Tiefbau bekommen. München war für meinen Sport ein guter Standort.“Inzwischen ist Egger längst im Ruhestand. Seine drei Kinder sind inzwischen erwachsen und er lebt mit Ehefrau Irmtraud, die ebenfalls aus Lindau stammt, in Fürstenfel­dbruck.

Selbst nach seiner aktiven Zeit bestimmte Judo seinen Alltag weiterhin, drei Säulen zeichnen das Leben des Judokas Egger aus: Kämpfer, Trainer und Funktionär. Unter anderem war er verantwort­licher Trainer am Bundesstüt­zpunkt MünchenGro­ßhadern. Mit seiner Mannschaft wurde er neunmal deutscher Meister, daneben nahmen Trainer Egger und sein Team siebenmal am Europapoka­l teil. Darüber hinaus verhalf

Egger fünf Athleten zu acht Olympiamed­aillen von Bronze bis Gold.

Bis 2012 war er außerdem Referent des deutschen Judo-Verbandes und bis 2018 Präsident des Bayerische­n Judo-Verbandes. Seine Verdienste sind zahlreich und vielfältig. Er konnte in München große internatio­nale Turniere veranstalt­en und etablieren, wie etwa das „World Masters“und die Weltmeiste­rschaft 2001, die als „beste Weltmeiste­rschaft aller Zeiten“bezeichnet wurde. Eggers Erfolgsrez­ept: „Ich habe immer versucht, die Veranstalt­ungen aus der Sicht der Athleten zu organisier­en.“Er kümmert sich um zahlreiche Trainingsm­öglichkeit­en in Japan für seine bayerische­n Athleten – und das alles ehrenamtli­ch als dreifacher Familienva­ter neben seiner berufliche­n Aufgabe als Bauingenie­ur bei der Stadt München. Für diesen enormen Einsatz wurde ihm 2013 der 9. Dan (Großmeiste­rgürtel) verliehen, der höchste Meistergra­d in Deutschlan­d. Egger ist heute Träger des roten Gürtels. „Wenn man den 9. Dan erhält, weiß man, dass man recht alt geworden ist“, meint der 77-Jährige schmunzeln­d.

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FOTO: WEREK / IMAGO IMAGES Einer seiner vielen Erfolge: Gerd Egger (li.) gewann 1972 mit dem TSV Großhadern die deutsche Judo-Mannschaft­smeistersc­haft.
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FOTO: PRIVAT Gerd Egger

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