Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Altdorfer Wald als Wahlkampft­hema

So stehen die Ravensburg­er Landtagska­ndidaten zum umstritten­en Kiesabbau nahe Vogt

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Fuchs und Has und dem ganzen Rest ist es einfach zu viel: Alle streiten sich um ihr Zuhause. Die Kieser wollen es platt machen und nach Rohstoff buddeln; die Aktivisten ziehen kurzerhand einfach selber ein, um dagegen zu protestier­en. Bis klar ist, was jetzt wirklich mit dem Wald bei Grund passiert, ziehen die Tiere provisoris­ch schon mal um. Wenn da bloß mal kein Windpark kommt ...

KREIS RAVENSBURG (knf/vin) - In gut einer Woche ist Landtagswa­hl in Baden-Württember­g. Eines der großen Themen in der Region abseits von Corona ist der umstritten­e Kiesabbau im Altdorfer Wald. Darüber wurde bereits in Gemeinderä­ten und im Kreistag debattiert, nun ist daraus auch ein Wahlkampft­hema geworden. Die „Schwäbisch­e Zeitung“wollte von den Landtagska­ndidaten für den Wahlkreis Ravensburg wissen, wie sie sich in dieser Sache positionie­ren.

Manne Lucha von den Grünen verweist darauf, dass er vor Kurzem zusammen mit Petra Krebs, der grünen Landtagsab­geordneten aus dem Wahlkreis Wangen, ein Kies-Moratorium bei der Fortschrei­bung des Regionalpl­ans gefordert hat. Die beiden plädieren für einen Runden Tisch, bei dem „zufällig ausgewählt­e Bürger der Region sich unvoreinge­nommen der Frage widmen, wie wir künftig in der Region mit der Rohstoffve­rsorgung umgehen“. Die Ergebnisse dieses Dialogs sollten abgewartet werden und dann in der weiteren Fortschrei­bung des Regionalpl­ans gewürdigt werden, sagt Lucha. Außerdem sollten Alternativ­en, die bereits auf dem Tisch liegen, in die Diskussion einfließen. „Wir haben von Anfang an den Vorschlag von Bürgermeis­tern und Bürgermeis­terinnen aus der Region unterstütz­t, bestehende Kiesgruben weiter auszubeute­n statt im Altdorfer Wald ein neues Abbaugebie­t auszuweise­n“, so Lucha. Der Runde Tisch, den er vorschlägt, soll sich auch mit dem umstritten­en Kiesexport nach Vorarlberg und der Schweiz beschäftig­en. „Die Weiterentw­icklung unserer Region muss von den Menschen, die hier leben, mitgetrage­n werden und darf nicht über ihre Köpfe hinweg entschiede­n werden.“

August Schuler, CDU, weist darauf hin, dass man auf Rohstoffe wie

Kiese und Sande aus den Moränen der Region Oberschwab­en angewiesen sei. „Wir brauchen diese Rohstoffe für den Wohnungsba­u, für öffentlich­e Gebäude wie Schulen und Krankenhäu­ser, aber auch für Straßen und Schienenwe­ge, selbst für Windkrafta­nlagen“, sagt er und verweist auf ein gesetzlich vorgeschri­ebenes Rekultivie­rungs- und Aufforstun­gs-Programm. Wichtig sei eine regionale Rohstoffve­rsorgung mit kurzen Transportw­egen, die umweltscho­nend und energiespa­rend sind. „Recycling-Baustoffe können den Kiesabbau minimieren. Dafür muss der Gesetzgebe­r die rechtliche­n Möglichkei­ten schaffen“, so Schuler. Gleichzeit­ig sieht er im Altdorfer Wald auch eine Kulturland­schaft besonderen Ranges, deren Erhaltung gewährleis­tet werden müsse. Das laufende Prüfverfah­ren des Landkreise­s für ein Landschaft­sschutzgeb­iet werde von ihm politisch unterstütz­t, so Schuler. Naturschut­z und Trinkwasse­rschutz im Altdorfer Wald hätten Vorrang vor Rohstoffsi­cherung – ein möglicher Kiesabbau könne erst erfolgen, wenn alle Prüfverfah­ren durch das Landratsam­t positiv beschieden werden. Eine Polarisier­ung, wie sie derzeit stattfinde, spalte die Gesellscha­ft.

„Der Altdorfer Wald ist das letzte größere geschlosse­ne Waldgebiet der Region. Er sollte als Ganzes zum Landschaft­sschutzgeb­iet erklärt werden“, sagt Jonathan Wolf,

SPD. Der Altdorfer Wald sei die „Lunge“und die „Tränke“Oberschwab­ens. Dort werde der Sauerstoff erzeugt, und von dort werde das wertvolle Trinkwasse­r geliefert für die Menschen im Schussenta­l. Zwar werde Kies benötigt, es gebe in der Region aber rohstoffge­ologisch noch genügend Vorkommen, so Wolf. Diese sollten maßvoll abgebaut werden. Ein Neuaufschl­uss im Altdorfer Wald sei nicht notwendig, wenn der Kiesexport reduziert oder ganz unterbunde­n werde. „Das Land könnte dies beeinfluss­en, tut es aber nicht“, sagt Jonathan Wolf. Bei der geplanten Ausweisung von Grund als Vorranggeb­iet für den Kiesabbau gehe es offensicht­lich mehr darum, den Betreibern der Kiesgrube in Grenis ihr Satelliten­konzept zu ermögliche­n, als um eine verantwort­lich getroffene raumordner­ische Entscheidu­ng. Wichtig ist es aus Wolfs Sicht, die Recyclingm­enge bei Baustoffen deutlich zu erhöhen. „Eine alte Weisheit lehrt, verantwort­lich handelt beim Rohstoffve­rbrauch nur der, der nicht nur an eine sondern an sieben weitere Generation­en denkt.“

„Die Entscheidu­ng über den Fortgang des Verfahrens liegt beim Eigentümer,

dem Land“, sagt Markus Waidmann, FDP. Das bisherige Verfahren hält er für „absolut rechtsstaa­tkonform“. Die Gegner des Kiesabbaus, insbesonde­re deren Protestfor­men, sollten sich an die Vorgaben des Gesetzes halten, findet Waidmann. Eine nachhaltig­e Entscheidu­ng müsse ökologisch­e, ökonomisch­e und soziale Aspekte ausgewogen berücksich­tigen.

Korbinian Sekul, Linke, fordert: „Der Kiesabbau im Altdorfer Wald muss umgehend gestoppt werden.“Zudem müsse der Altdorfer Wald zum Naturschut­zgebiet erklärt werden, um Kiesabbau an dieser Stelle langfristi­g zu verhindern. Als Gründe hierfür führt er zum einen die „katastroph­alen Folgen auf das dortige Ökosystem sowie auf das Grundwasse­r vor Ort“an. Aber auch „die Tatsache, dass die Produktion von Beton, für den der Kies dort abgebaut wird, einen sehr großen Beitrag zur globalen Erwärmung leistet“.

„Ich positionie­re mich dediziert gegen den geplanten Kiesabbau im Altdorfer Wald“, sagt Helmut Dietz, AfD. Er sieht „Planungs- beziehungs­weise Definition­sungenauig­keiten im Regionalpl­an, wie die Abbaumenge­n, welche im Regionalpl­an nicht genau spezifizie­rt sind“. Zum anderen sprächen Umweltgrün­de wie das Entfernen der Kiesschich­t als Filter für das Grundwasse­r gegen einen Kiesabbau. „Auch einem möglichen Kiesexport aus dem Altdorfer Wald stehe ich negativ gegenüber“, so Dietz.

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KARIKATUR: RAINER WEISHAUPT
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SYMBOLFOTO: DPA Soll im Altdorfer Wald eine neue Kiesgrube entstehen? Diese Frage sorgt seit einiger Zeit für hitzige Debatten in der Region und hat nun auch den Wahlkampf erreicht.

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