Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Eine Missachtung des Wählerwillens
Zu „Steuerzahlerbund dringt auf Verkleinerung des Landtags“(29.3.):
Die Wahlbeteiligung bei der Landtagswahl betrug 63,8 Prozent, das heißt nur etwa zwei Drittel aller Wahlberechtigten haben überhaupt gewählt. Die CDU hat knapp 279 000 Stimmen verloren, davon 80 000 an Nichtwähler. Auf Grund von Zweitausteilung bleibt die Zahl ihrer Mandate gleich. Diese Zweitausteilung stellt eine massive Missachtung des Wählerwillens dar. Die Parteien bedienen sich an Mandaten und Pöstchen nach Belieben. Der Wählerwille spielt keine Rolle. Diese Selbstbedienung der Parteien muss beendet werden. Eine einfache Möglichkeit wäre, die Zahl der Nichtwähler in die Sitzverteilung miteinzuberechnen. Also zum Beispiel 50 Prozent Nichtwähler heißt, 50 Prozent der Sitze werden nicht besetzt. Damit hätte man ziemlich genau die vom Steuerzahlerbund vorgeschlagene Zahl von 100 Sitzen erreicht.
Natürlich werden die Politiker das nicht beschließen. Wir müssen sie schon dazu zwingen. Eher werden sie noch weitere kreative Methoden zur Berechnung der Sitzverteilung erfinden, um ihr Schäfchen unabhängig vom Wahlausgang ins Trockene zu bringen.
Biberach
So funktioniert das nicht
Zur Debatte um eine Verschärfung der Corona-Regeln:
Es wäre schon mal angebracht, nicht immer nur über die Handelnden in den Regierungen zu schimpfen. Aber wenn ich höre, dass immer mehr Leute die einfachsten Regeln nicht befolgen, braucht von denen keiner auf irgendeinen der politisch Verantwortlichen schimpfen. Frau Merkel kann keine Kontakte für uns vermeiden und sich für uns pandemiegerecht verhalten. Das müssen wir schon noch selber auf die Reihe bringen. Aber ich habe den Eindruck: schimpfen, meckern, sich an nix halten, schuld sind immer die anderen, in dem Fall die Regierenden. So funktioniert das nicht.
Ehingen
CDU-Desaster hat Vorgeschichte Zu „Länderchefs lassen Merkel auflaufen“und dem Kommentar „Leere Drohungen der Kanzlerin“(30.3.):
Das derzeitige Desaster der CDU hat eine lange Vorgeschichte. Bundeskanzlerin Angela Merkel, auch ehemalige Parteivorsitzende, hat die Partei mit ihrer Politik schon über lange Zeit gespalten. Bei ihrem Kurs eher zur schon von anderen Parteien besetzten Mitte hin, hat sie es nicht geschafft (oder gewollt?), den eher „konservativ-wirtschaftsliberalen“Teil der Partei, der etwa ein Drittel der Partei ausmacht, mitzunehmen. Sie hat durch geschicktes taktisches Agieren darüber hinaus mit dazu beigetragen, den einzigen Hoffnungsträger der CDU, ihren Erzfeind Friedrich Merz, der von immerhin fast 50 Prozent der Delegierten gewählt wurde, zu verhindern. Das Impfchaos ist nicht nur Jens Spahn anzulasten und nicht nur Ursula von der Leyen. Angela Merkel bestimmt auch in der Gesundheitspolitik die Richtlinien der Politik und trägt die Verantwortung für Deutschland auch in Brüssel. Ursula von der Leyen wurde von Merkel im Übrigen auf den Brüsseler Posten gehievt, die dem schwierigen Posten offensichtlich nicht gewachsen ist („Impfstoffbestellung“). Jetzt ist die CDU auch noch durch die Maskenaffäre in Not und steht vor einem Scherbenhaufen. Und dann noch die „Kanzlerkandidatur“. Ein nicht überzeugender CDU-Vorsitzender, Armin Laschet, der auch „natürliche Kanzlerambitionen“hat und ein auf seinen Sprung zum Kanzlerkandidaten lauernden Markus Söder, der als Krisenmanager zwar gute Umfragewerte hat, dem aber die Statur zum Kanzler fehlt. Die Entwicklung erinnert an das Ende der Ära Kohl. „Rot-RotGrün“lässt schön grüßen.
Biberach
Normalerweise unproblematisch Zu „Immer Ärger mit den Mountainbikern“(29.3.):
Ich habe Mitgefühl für die schwierige wirtschaftliche Situation vieler Waldbesitzer nach Dürre, Sturm und Schneebruch der letzten Jahre. Die Behauptung, die Natur würde unter der Freizeitnutzung leiden, ist vor dem Hintergrund der durch jahrelang fehlgeleiteten Forstwirtschaft hausgemachten Probleme des Waldes allerdings gewagt. Der Witz des Tages ist aber die Aussage, der Waldboden werde durch Mountainbike-Reifen stark verdichtet, Brutstätten aufgegeben und Frösche, Kröten und Käfer überfahren. Haben Sie schon mal einen Wald gesehen, in dem ein Harvester unterwegs war? Oder einen Wiesenweg bei Regenwetter, auf dem ein Traktor mit vollem Güllefass gefahren ist? Solche Flurschäden bringen selbst Tausende von Mountainbikern nicht zustande (übrigens auch Wanderschuhe
oder Pferdehufe nicht). Für die Natur sind erholungssuchende Menschen normalerweise unproblematisch, solange man zu Fuß, Rad oder Pferd und nicht mit Verbrennungsmotor unterwegs ist – zumal sich der mit Abstand meiste Freizeitverkehr auf Wegen und bei Tageslicht abspielt. Wer würde im Ernst behaupten, die Belastung für das Wild sei durch Spaziergänger oder Mountainbiker größer als durch Forstarbeiten, die meistens im Winter stattfinden, wenn das Wild mit seinem auf Energiesparbetrieb heruntergefahrenen Stoffwechsel besonders empfindlich für Störungen beziehungsweise den Verlust seines Lebensraumes durch Abholzung ist.
In besonders sensiblen Naturgebieten ist eine Einschränkung der Freizeitnutzung manchmal angebracht, begründet und zeitlich befristet.
Vogt