Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
AfD will raus aus der EU
Delegierte beschließen in Dresden „Dexit“-Forderung
BERLIN - Die AfD hat auf ihrem Bundesparteitag in Dresden mit einer denkbar knappen Mehrheit von 50,89 Prozent beschlossen, die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl nicht vor Ort, sondern durch eine Onlineabstimmung unter allen Mitgliedern zu bestimmen. Damit hat die Partei einen offenen
Konflikt über die personelle Ausrichtung verschoben. Ein Antrag zur Abwahl von Parteichef Jörg Meuthen wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.
So will die Partei vor der Bundestagswahl Einigkeit demonstrieren. Beim Wahlprogramm war in den wichtigen Fragen schon vorher weitgehend Konsens gefunden worden, gestritten wurde nur über Details. Mit einer Ausnahme: Die AfD hat sich, gegen den ausdrücklichen Wunsch von Meuthen, für den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union („Dexit“) ausgesprochen. „#Dexit“war am Sonntag unter den Top-Themen im Kurznachrichtendienst Twitter. Das wäre das „Ende der EU und des Binnenmarkts, unseres wichtigsten Exportmarktes“, schrieb FDP-Vize Alexander Graf Lambsdorff. Er warf der AfD „stumpfen Nationalismus“vor.
Einig war sich die Partei auch bei der Verabschiedung einer CoronaResolution, in der die AfD neben einem sofortigen Ende des Lockdowns, „jedweden, auch indirekten, Zwang zur Durchführung von Tests, Impfungen, unter anderem durch Einführung sogenannter Schnelltest-Apps und des grünen Impfpasses, sowie Benachteiligungen
für Maskenbefreite zu unterlassen“fordert. Der Frontmann des rechtsextremen „Flügels“, Björn Höcke, hatte sich für die Resolution eingesetzt. Er argumentierte: „Die Anzahl der Testungen führt überhaupt dazu, dass wir eine Pandemie haben.“
Beim Thema Migration setzten sich die Hardliner durch. Die Einwanderung – auch von Fachkräften – soll stark eingeschränkt werden. Als Vorbild soll Japan dienen. Trotz Warnung eines Delegierten wurde auch ein Passus beschlossen, der einen Fachkräftemangel im Grund leugnet. Der „sogenannte Fachkräftemangel“sei ein „konstruiertes Narrativ der Industrieund Wirtschaftsverbände sowie anderer Lobbyvereine“, heißt es nun. Die AfD verlangt zudem die „Ablehnung jeglichen Familiennachzuges für Flüchtlinge“. Kritiker dieser Formulierung wiesen darauf hin, dass das rechtlich gar nicht möglich sei.
Meuthen schwor die Delegierten auf den Kampf gegen die politischen Gegner ein. Schwarz-Grün werde im Bund kommen, damit würden „sozialistische Verbotsfanatiker“in Deutschland den Ton angeben. Eigentlich, so Meuthen, müssten die Wähler nur zwei Programme lesen: Das der „sogenannten Grünen“und das AfD-Wahlprogramm. Dieses stehe für „Freiheit statt Sozialismus“– eine Anspielung auf den Wahlkampf von Helmut Kohl 1976.
Meuthen hob zudem die Bedeutung der Landtagswahl in SachsenAnhalt im Juni hervor. Hier könne die AfD zum ersten Mal stärkste Kraft werden und damit den Regierungsauftrag erhalten. „Ohne uns wäre nur eine absurd anmutende Vier-Parteien-Koalition möglich.“Innerparteilich bemerkenswert daran ist, dass der Landesverband in Sachsen-Anhalt einer der kritischsten gegenüber Meuthen ist.