Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Siegfried Roths Vision für die Region
Das will der neue Leiter des Bad Wurzacher Naturschutzzentrums hier erreichen
BAD WURZACH - Ein „Landwirt von der Pike auf“, der eigentlich Förster werden wollte, wird neuer Chef des Naturschutzzentrums (NAZ) Wurzacher Ried. Vor allem ist Siegfried Roth aber eins: ein anerkannter Fachmann, der für alle Arbeitsbereiche des NAZ viel Erfahrung mitbringt. Im SZ-Gespräch verriet er auch seine Vision für die Region.
56 Jahre alt wird Siegfried Roth in wenigen Tagen. Geboren in Untermarchtal (Alb-Donau-Kreis), besuchte er die Realschule in Munderkingen und legte anschließend am Wirtschaftsgymnasium Biberach das Abitur ab. „Eigentlich wollte ich Förster werden, aber das war damals gerade ein überlaufener Modeberuf“, erzählt er. Und so studierte er Agrarwissenschaft an der Universität Hohenheim und Biologie an der Universität Marburg – später auch noch nebenberuflich Bildungswissenschaf- ten an der PH Ludwigsburg.
Ebenso breit gefächert ist sein Berufsleben. Wie ein roter Faden zieht sich aber das Thema Moor hin- durch. So nahm er Ende der 1990erJahre an einem Forschungsprojekt des Bundes über Niedermoore teil. Er war dabei mit der Friedländer Großen Wiese befasst, einem Niedermoor in Mecklenburg-Vorpommern.
„Das war total entwässert. Ziel des Projekts war eine Wiedervernässung, um einerseits wieder einen tollen Lebensraum für Mensch und Tier zu schaffen und zum anderen durch Biomasse erneuerbare Energie zu gewinnen“, skizziert Roth, der für das Projekt nach Greifswald zog und dort „in der größten Plattenbausiedlung Ostdeutschlands“wohnte. Im Jahr 2000 promovierte er über dieses Niedermoor. Seine Diplomarbeit hatte er zuvor über das Osterried im Landkreis Biberach geschrieben.
Als das Projekt im Norden auslief, zog es Siegfried Roth zurück nach Süddeutschland. Bis 2006 war er Leiter der Landvolkshochschule Wernau-Leutkirch, an der er wieder mehr mit der Landwirtschaft zu tun hatte. Denn auch wenn sein Vater Handwerker war, bezeichnet sich Roth als „Landwirt von der Pike auf“. Als Junge hatte er nämlich viel Zeit auf dem Hof der Großeltern in Ruppertshofen verbracht. Als Leiter der Landvolkshochschule realisierte er auch einen Hochseilgarten in Wernau.
Es folgte bis 2013 die Tätigkeit als Geschäftsführer des Schwäbischen Heimatbunds. Dabei ging es um viele Themen, die Roth bis heute wichtig sind, wie Naturschutz, Landes- und Kulturgeschichte sowie Denkmalpflege. „In dieser Zeit hatte ich auch die Fachaufsicht im Naturschutzzentrum Pfrunger-Burgweiler Ried“, erzählt Siegfried Roth. Dort war er für den Neubau mit Dauerausstellung ebenso mitverantwortlich wie für das erfolgreich abgeschlossene Großprojekt der Wiedervernässung.
Eine Wiedervernässung war auch seine Hauptaufgabe in der nächsten, knapp einjährigen Station seines Berufswegs. Für den Nabu BadenWürttemberg arbeitete er am Projekt „Moore mit Stern“mit, das maßgeblich von der Daimler AG finanziert wurde. „Das erste Projekt rein für den Klimaschutz“, wie er nicht ohne Stolz betont. Projektorte waren das Hinterzartener Moor und die Bodenmöser bei Isny. Ende 2013 übernahm Siegfried Roth schließlich den Posten des Geschäftsführers des „Unesco Global Geopark Schwäbische Alb“. „Ein solcher Geopark hat einen Status wie ein Weltkulturerbe, also etwa der Limes“, erläutert Roth den etwas sperrigen Begriff. Zu seinem Aufgabengebiet gehörten nun auch die Bereiche Bildung, Tourismus und Regionalentwicklung.
Und „weil ich nach etwa acht Jahren immer den Drang verspüre, etwas Neues anzufangen“, bewarb sich Siegfried Roth vergangenes Jahr für den Posten des Leiters des NAZ Wurzacher Ried. Unter 58 Bewerbern wurde er vom Stiftungsrat des Naturschutzzentrums mit Vertretern von Land, Kreis und Stadt ausgewählt – was angesichts seiner beruflichen Erfahrung auf vielen Gebieten, mit denen er auch in Bad Wurzach zu tun haben wird, nicht verwundert. „Jetzt kehre ich zurück zu dem, was mir am meisten Spaß macht. Moore sind meine Leidenschaft“, kommentiert er den bevorstehenden Wechsel.
Oberschwaben kenne und schätze er, sagt Roth. Als ausgebildeter Wanderführer habe er häufiger Exkursionen ins Ried geleitet, als begeisterter Hobby-Ornithologe wird er sicherlich auch schon durch die hiesige Landschaft gestreift sein. Als an Kulturgeschichte interessierter Mensch fasziniert ihn der Barock Oberschwabens und die Volksfrömmigkeit. Engen Kontakt pflegt er auch seit langem mit dem Arbeitskreis Heimatpflege in Leutkirch, allen voran mit Georg Zimmer und Manfred Thierer.
Mit solchen Unterstützern an der Seite will er an seinem neuen Wirkungskreis auch neue Impulse setzen. Als eine Möglichkeit schwebt ihm die Schaffung einer Regionalmarke vor. „Man kann aus der Natur eine Wertschöpfung durch neue Produkte erzielen“, ist sich Roth sicher und nennt als Beispiel „Honig aus dem Ried“. Eine „Nachhaltigkeitsregion“, die von Leutkirch bis Kißlegg und von Bad Wurzach bis Ravensburg sich erstreckt, kann er sich vorstellen und will diese anschieben.
„Am wichtigsten ist es natürlich, dass die Menschen hier sich mit der Natur um sie herum identifizieren.“Das will er fördern und weiter ausbauen. Auch dabei denkt er über die Grenzen des Rieds hinaus. „Die gesamte Eiszeitlandschaft ist total interessant und in ihrer Form bundesweit einmalig“, schwärmt der Fachmann, der sich in Gospoldshofen niederlassen wird.
Mit seiner Begeisterung für die Kulturgeschichte und die Landschaft der Region will Siegfried Roth in den kommenden Jahren die Menschen begeistern. Will in seine Arbeit auch Vereine, Naturschützer und Heimatpfleger miteinbinden. Will das dann Erreichte auch offensiv nach außen tragen („tue Gutes und rede darüber“), um auch Touristen anzuziehen und sie für die Region zu begeistern.
Übernehmen wird Siegfried Roth die Leitung des Naturschutzzentrums Wurzacher Ried am 1. Juli. Bis zum 31. August steht ihm sein Vorgänger Horst Weisser noch unterstützend zur Seite.