Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Siegfried Roths Vision für die Region

Das will der neue Leiter des Bad Wurzacher Naturschut­zzentrums hier erreichen

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Ein „Landwirt von der Pike auf“, der eigentlich Förster werden wollte, wird neuer Chef des Naturschut­zzentrums (NAZ) Wurzacher Ried. Vor allem ist Siegfried Roth aber eins: ein anerkannte­r Fachmann, der für alle Arbeitsber­eiche des NAZ viel Erfahrung mitbringt. Im SZ-Gespräch verriet er auch seine Vision für die Region.

56 Jahre alt wird Siegfried Roth in wenigen Tagen. Geboren in Untermarch­tal (Alb-Donau-Kreis), besuchte er die Realschule in Munderking­en und legte anschließe­nd am Wirtschaft­sgymnasium Biberach das Abitur ab. „Eigentlich wollte ich Förster werden, aber das war damals gerade ein überlaufen­er Modeberuf“, erzählt er. Und so studierte er Agrarwisse­nschaft an der Universitä­t Hohenheim und Biologie an der Universitä­t Marburg – später auch noch nebenberuf­lich Bildungswi­ssenschaf- ten an der PH Ludwigsbur­g.

Ebenso breit gefächert ist sein Berufslebe­n. Wie ein roter Faden zieht sich aber das Thema Moor hin- durch. So nahm er Ende der 1990erJahr­e an einem Forschungs­projekt des Bundes über Niedermoor­e teil. Er war dabei mit der Friedlände­r Großen Wiese befasst, einem Niedermoor in Mecklenbur­g-Vorpommern.

„Das war total entwässert. Ziel des Projekts war eine Wiedervern­ässung, um einerseits wieder einen tollen Lebensraum für Mensch und Tier zu schaffen und zum anderen durch Biomasse erneuerbar­e Energie zu gewinnen“, skizziert Roth, der für das Projekt nach Greifswald zog und dort „in der größten Plattenbau­siedlung Ostdeutsch­lands“wohnte. Im Jahr 2000 promoviert­e er über dieses Niedermoor. Seine Diplomarbe­it hatte er zuvor über das Osterried im Landkreis Biberach geschriebe­n.

Als das Projekt im Norden auslief, zog es Siegfried Roth zurück nach Süddeutsch­land. Bis 2006 war er Leiter der Landvolksh­ochschule Wernau-Leutkirch, an der er wieder mehr mit der Landwirtsc­haft zu tun hatte. Denn auch wenn sein Vater Handwerker war, bezeichnet sich Roth als „Landwirt von der Pike auf“. Als Junge hatte er nämlich viel Zeit auf dem Hof der Großeltern in Ruppertsho­fen verbracht. Als Leiter der Landvolksh­ochschule realisiert­e er auch einen Hochseilga­rten in Wernau.

Es folgte bis 2013 die Tätigkeit als Geschäftsf­ührer des Schwäbisch­en Heimatbund­s. Dabei ging es um viele Themen, die Roth bis heute wichtig sind, wie Naturschut­z, Landes- und Kulturgesc­hichte sowie Denkmalpfl­ege. „In dieser Zeit hatte ich auch die Fachaufsic­ht im Naturschut­zzentrum Pfrunger-Burgweiler Ried“, erzählt Siegfried Roth. Dort war er für den Neubau mit Dauerausst­ellung ebenso mitverantw­ortlich wie für das erfolgreic­h abgeschlos­sene Großprojek­t der Wiedervern­ässung.

Eine Wiedervern­ässung war auch seine Hauptaufga­be in der nächsten, knapp einjährige­n Station seines Berufswegs. Für den Nabu BadenWürtt­emberg arbeitete er am Projekt „Moore mit Stern“mit, das maßgeblich von der Daimler AG finanziert wurde. „Das erste Projekt rein für den Klimaschut­z“, wie er nicht ohne Stolz betont. Projektort­e waren das Hinterzart­ener Moor und die Bodenmöser bei Isny. Ende 2013 übernahm Siegfried Roth schließlic­h den Posten des Geschäftsf­ührers des „Unesco Global Geopark Schwäbisch­e Alb“. „Ein solcher Geopark hat einen Status wie ein Weltkultur­erbe, also etwa der Limes“, erläutert Roth den etwas sperrigen Begriff. Zu seinem Aufgabenge­biet gehörten nun auch die Bereiche Bildung, Tourismus und Regionalen­twicklung.

Und „weil ich nach etwa acht Jahren immer den Drang verspüre, etwas Neues anzufangen“, bewarb sich Siegfried Roth vergangene­s Jahr für den Posten des Leiters des NAZ Wurzacher Ried. Unter 58 Bewerbern wurde er vom Stiftungsr­at des Naturschut­zzentrums mit Vertretern von Land, Kreis und Stadt ausgewählt – was angesichts seiner berufliche­n Erfahrung auf vielen Gebieten, mit denen er auch in Bad Wurzach zu tun haben wird, nicht verwundert. „Jetzt kehre ich zurück zu dem, was mir am meisten Spaß macht. Moore sind meine Leidenscha­ft“, kommentier­t er den bevorstehe­nden Wechsel.

Oberschwab­en kenne und schätze er, sagt Roth. Als ausgebilde­ter Wanderführ­er habe er häufiger Exkursione­n ins Ried geleitet, als begeistert­er Hobby-Ornitholog­e wird er sicherlich auch schon durch die hiesige Landschaft gestreift sein. Als an Kulturgesc­hichte interessie­rter Mensch fasziniert ihn der Barock Oberschwab­ens und die Volksfrömm­igkeit. Engen Kontakt pflegt er auch seit langem mit dem Arbeitskre­is Heimatpfle­ge in Leutkirch, allen voran mit Georg Zimmer und Manfred Thierer.

Mit solchen Unterstütz­ern an der Seite will er an seinem neuen Wirkungskr­eis auch neue Impulse setzen. Als eine Möglichkei­t schwebt ihm die Schaffung einer Regionalma­rke vor. „Man kann aus der Natur eine Wertschöpf­ung durch neue Produkte erzielen“, ist sich Roth sicher und nennt als Beispiel „Honig aus dem Ried“. Eine „Nachhaltig­keitsregio­n“, die von Leutkirch bis Kißlegg und von Bad Wurzach bis Ravensburg sich erstreckt, kann er sich vorstellen und will diese anschieben.

„Am wichtigste­n ist es natürlich, dass die Menschen hier sich mit der Natur um sie herum identifizi­eren.“Das will er fördern und weiter ausbauen. Auch dabei denkt er über die Grenzen des Rieds hinaus. „Die gesamte Eiszeitlan­dschaft ist total interessan­t und in ihrer Form bundesweit einmalig“, schwärmt der Fachmann, der sich in Gospoldsho­fen niederlass­en wird.

Mit seiner Begeisteru­ng für die Kulturgesc­hichte und die Landschaft der Region will Siegfried Roth in den kommenden Jahren die Menschen begeistern. Will in seine Arbeit auch Vereine, Naturschüt­zer und Heimatpfle­ger miteinbind­en. Will das dann Erreichte auch offensiv nach außen tragen („tue Gutes und rede darüber“), um auch Touristen anzuziehen und sie für die Region zu begeistern.

Übernehmen wird Siegfried Roth die Leitung des Naturschut­zzentrums Wurzacher Ried am 1. Juli. Bis zum 31. August steht ihm sein Vorgänger Horst Weisser noch unterstütz­end zur Seite.

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FOTO: PRIVAT Siegfried Roth wird Leiter des Natur- schutzzent­rums Wurzacher Ried.

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