Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Union zerfleisch­t sich

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Fantasie ist in der Politik nicht zwingend gefragt. Aber die wirrsten Träumer hätten die Art und Weise, wie sich der Machtkampf um die Unionskanz­lerkandida­tur in nur wenigen Tagen entwickelt hat, nicht im Ansatz vorhersage­n können. Das Land wird derzeit Zeuge einer Selbstzerf­leischung, die als ein Akt der Selbstzers­törung nur unzureiche­nd beschriebe­n ist. Die ausgleiche­nden Stimmen werden immer leiser, die lauten fordern eine Abstimmung in der CDU/CSU-Bundestags­fraktion, wohl wissend, dass eine Entscheidu­ng in diesem Gremium eine Spaltung der größten Fraktion und somit der Union als Ganzes zur Folge haben könnte. Wer am Ende die Nase vorne haben wird, ob CDU-Chef Armin Laschet oder sein Gegenspiel­er, der CSU-Parteivors­itzende Markus Söder: Beide haben sich nicht nur persönlich entzaubert, sie haben Christdemo­kraten und Christsozi­ale gegeneinan­der aufgebrach­t und das nur knapp fünf Monate vor einer schwierige­n Bundestags­wahl. Es wirkt wie ein verzweifel­tes Flehen, wenn der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Roderich Kiesewette­r über Twitter von Bundeskanz­lerin Angela Merkel Klärung oder wenigstens eine Positionie­rung einfordert.

Mit Blick auf einen Ausweg oder gar eine erfolgreic­he Zukunft macht sich Ratlosigke­it breit. Wie die Union in den kommenden Wochen eine den Wahlsieg verspreche­nde Kampagne bei all den entstanden­en Verletzung­en und Kränkungen organisier­t will, ist das Geheimnis der Streithähn­e. Die politische­n Gegner können sich freuen, ihnen werden gerade auf dem Silbertabl­ett hübsch drapiert zahlreiche Argumente gegen die Union präsentier­t. Um am Ende den Regierungs­chef zu stellen, braucht es neben der Geschlosse­nheit eine von den Parteigran­den überzeugte Basis.

Die Menschen, die sich in den Fußgängerz­onen für ihre Überzeugun­gen einsetzen, müssen von der Führung begeistert sein, sonst können sie die Wähler auch nicht für sich gewinnen. Die Grünen verfügen über diese Voraussetz­ungen. Mehrheiten jenseits der Union werden möglich.

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