Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schwörsaal erhält coronagerechte Lüftung
Technischer Ausschuss billigt Sanierung des historischen Veranstaltungsraums
RAVENSBURG - Die Stadt Ravensburg nutzt die Gunst der Stunde: Weil es derzeit große Fördertöpfe für die Erneuerung von Lüftungsanlagen gibt, soll der Schwörsaal im Waaghaus am Marienplatz saniert werden. Das hat der Technische Ausschuss des Gemeinderats mehrheitlich gebilligt, obwohl das Vorhaben für die Stadträte überraschend kam. Neben der coronagerechten Umrüstung der Lüftungsanlage soll auch die Beleuchtung im Saal, der für Veranstaltungen genutzt wird, erneuert werden.
Firmenfeiern, Partys, Hochzeiten, Tagungen, Vorträge vor größerem Publikum – in Nicht-Corona-Zeiten ist der historische Schwörsaal aus dem 15. Jahrhundert mit bis zu 380 Sitzplätzen (je nach Bestuhlung) ein beliebter und vielseitiger Veranstaltungsort. Die Stadt vermietet ihn an Vereine, Firmen und Privatpersonen oder nutzt ihn für eigene Veranstaltungen. Ein großer Nachteil sind jedoch die Temperaturen im Sommer: Direkt unterm Dach gelegen, kann es im Schwörsaal sehr heiß werden. „Mit der jetzigen Belüftungsanlage ist er im Sommer nicht mehr vermietbar. Unter Corona-Bedingungen ist die Lüftung so wichtig wie noch nie“, sagte die zuständige Kulturamtsleiterin Verena Müller in der Sitzung des Ausschusses.
Der Schwörsaal wurde zuletzt in den 1980er-Jahren umfassend saniert. Dementsprechend sind die technischen Installationen veraltet. „Vor allem die Lüftungstechnik, die ohne Kühlung arbeitet, bedarf einer Erneuerung“, meint der Leiter des Amtes für Architektur und Gebäudemanagement (AGM), Dieter Katein.
Die Aggregate und die Filtertechnik würden nicht mehr die hygienischen Anforderungen erfüllen, die Wärmerückgewinnung arbeite ineffektiv, und die Reparaturkomponenten seien kaum mehr am Markt verfügbar. Zudem kann die Anlage nur im Handbetrieb über die Lüftungszentrale im Dach gesteuert werden. Eine Bedienung vom Saal aus sei nicht möglich. „Die fehlende Kühlung wiederum schränkt die Nutzund Vermietbarkeit vor dem Hintergrund einer zunehmenden sommerlichen Innenstadterwärmung und der geänderten Mieteranforderungen ein“, so Katein.
Die Kosten belaufen sich nach einer Schätzung auf 375 000 Euro, hinzu kommen 100 000 Euro für die neue Beleuchtung. Für die Finanzierung des Projekts hat das AGM Mittel aus dem Programm „Coronagerechte Um- und Aufrüstung von raumlufttechnischen Anlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten“beantragt. Das Programm zielt laut Katein darauf ab, die Infektionsrisiken durch Virenübertragung mittels Aerosolen in geschlossenen Räumen zu senken. Dabei wird die Um- oder Aufrüstung bestehender Lüftungsanlagen für Räume gefördert, in denen regelmäßig größere Versammlungen stattfinden. Die Förderhöhe beträgt maximal 100 000 Euro. Für die klimafreundliche Umrüstung der Beleuchtung auf LED-Technik gibt es wahrscheinlich zusätzliche Fördermittel von bis zu 35 Prozent der Investitionskosten.
Im Technischen Ausschuss zeigten sich einige Stadträte überrascht, weil sie zuvor noch nie etwas davon gehört hatten, dass es im Schwörsaal einen Sanierungsbedarf gebe. „Wir haben bisher noch gar nichts davon gewusst, außer, dass es dort im Sommer heiß war“, sagte die Fraktionsvorsitzende
der Grünen, Maria Weithmann. Sie wollte zunächst die Zustimmung zur Erneuerung der Lüftungsanlage davon abhängig machen, ob die Fördermittel wirklich fließen, ließ sich dann aber davon überzeugen, dass das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Fall sein werde, wie Frieder Wurm (CDU) als Architekt wusste: „Die Fördergelder werden im Moment locker verteilt.“Auch Michael Lopez-Diaz (Bürger für Ravensburg) plädierte für eine rasche Sanierung. „Unabhängig davon, ob Fördergelder fließen oder nicht. Das wird ja übermorgen nicht billiger.“
Einzig Markus Waidmann (FDP) stimmte dagegen, weil er die „Dringlichkeit zum jetzigen Zeitpunkt nicht sehen“konnte und an der Stadt trotz Förderung eine hohe sechsstellige Summe an Kosten kleben bleibt.