Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kultur-Notprogramm macht Zuschauer glücklich
Zwischen Geldsorgen und emotionalen Momenten – So geht es dem Baienfurter Hoftheater
BAIENFURT - Zuschauer ausgesperrt, Restaurant geschlossen, Zukunft ungewiss: Zwei Macher des Baienfurter Hoftheaters erzählen, wie es ihnen inmitten der Pandemie geht – zwischen Geldsorgen und starken emotionalen Momenten.
„In den kommenden Wochen steht es Spitz auf Knopf, ob das Hoftheater überleben wird“: Diesen Satz schrieb Geschäftsführer Brian Lausund vor gut einem Jahr auf der Facebook-Seite des Hoftheaters. Damals musste die Kulturstätte erstmals ihre Türen wegen der Corona-Pandemie schließen und wusste nicht, wie es weitergeht.
Die gute Nachricht: Das Hoftheater ist noch da. Aber: „Wir haben uns daran gewöhnt, dass wir nicht wissen, wie’s weitergeht“, sagt Lausund heute. Im Sommer konnten mit Einschränkungen Veranstaltungen stattfinden und Gäste bewirtet werden. Seit Herbst ist wieder alles dicht.
Inzwischen plane man nur noch zwei Wochen im Voraus. Die Zukunft sei nach wie vor unsicher, trotz staatlicher Hilfen und privater Spenden. Denn auch wenn das Hoftheater irgendwann seine Türen wieder öffnen darf, bedeutet das nicht automatisch, dass alles wieder in Ordnung ist. „Wenn wir zum Beispiel wegen der Hygieneregeln nur 20 Prozent der Zuschauer reinlassen dürfen, würde das gar nichts bringen“, sagt der Geschäftsführer. „Wenn wir wieder anfangen, muss dringend Geld verdient werden.“
Den Kopf in den Sand stecken will das Team aber nicht. Und so entstehen immer wieder neue Ansätze, präsent zu bleiben. „Wie so viele versuchen auch wir, mit Streaming-Angeboten
die Kultur nicht ganz untergehen zu lassen“, sagt Brian Lausund. So gibt es zum Beispiel jeden Mittwoch Feierabendkonzerte.
Einen Volltreffer landete das Hoftheater mit dem Wohnmobil-Dinner. Paare oder Familien fahren nach Anmeldung mit dem eigenen Wohnmobil auf den Hoftheater-Parkplatz und bekommen dorthin ein Drei-GangMenü serviert. Parallel dazu können sie per Bildschirm eine Live-Aufzeichnung der Feierabendkonzerte verfolgen. Dieses Angebot sei sehr gefragt, berichtet Lausund. „Es ist wirklich berührend, wie überaus glücklich die Gäste auf das bisschen soziale Kultur reagieren.“
Mit diesen Aktionen wolle man zeigen: „Uns gibt es noch“, sagt Hoftheater-Chef Uli Boettcher. Auch wenn finanziell unterm Strich nicht viel übrig bleibt. „Es ist ein sehr schönes Gefühl“, beschreibt Boettcher den Kontakt auf Abstand mit den Besuchern. „Die Leute sind sehr emotional und gerührt.“Eine weitere kleine Einnahmenquelle hat sich das Hoftheater durch standesamtliche Trauungen erschlossen. Der Gemeinderat gab vergangenen Herbst grünes Licht, seither können sich Paare in den Räumen des Theaters oder auch auf dem Freigelände von einem Standesbeamten trauen lassen.
„Im Mai stehen ein paar Trauungen an“, berichtet Brian Lausund. Und er fügt hinzu: „Vorausgesetzt, die diesbezüglichen Verordnungen bleiben bis dahin so, wie sie die letzten paar Tage sind.“Und auch hier steht am Ende kein großer Gewinn auf dem Kontoauszug: „Mit dem Geld, das wir mit den Trauungen verdienen, bezahlen wir dann die Reinigungskräfte und den Hausmeister.“
Und doch geht es weiter. Das neueste Vorhaben des Hoftheaters: Eine Drive-in-Corona-Teststation auf dem Parkplatz. Diese soll am 10. Mai starten. Hierfür wurde eine eigene Firma gegründet, wie Uli Boettcher erklärt. Ein Ziel sei es, den Hoftheater-Mitarbeitern eine „Chance auf Arbeit“zu bieten. Denn Minijobber hätten zum Beispiel keinen Anspruch auf Kurzarbeit.