Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kultur-Notprogram­m macht Zuschauer glücklich

Zwischen Geldsorgen und emotionale­n Momenten – So geht es dem Baienfurte­r Hoftheater

- Von Katrin Neef

BAIENFURT - Zuschauer ausgesperr­t, Restaurant geschlosse­n, Zukunft ungewiss: Zwei Macher des Baienfurte­r Hoftheater­s erzählen, wie es ihnen inmitten der Pandemie geht – zwischen Geldsorgen und starken emotionale­n Momenten.

„In den kommenden Wochen steht es Spitz auf Knopf, ob das Hoftheater überleben wird“: Diesen Satz schrieb Geschäftsf­ührer Brian Lausund vor gut einem Jahr auf der Facebook-Seite des Hoftheater­s. Damals musste die Kulturstät­te erstmals ihre Türen wegen der Corona-Pandemie schließen und wusste nicht, wie es weitergeht.

Die gute Nachricht: Das Hoftheater ist noch da. Aber: „Wir haben uns daran gewöhnt, dass wir nicht wissen, wie’s weitergeht“, sagt Lausund heute. Im Sommer konnten mit Einschränk­ungen Veranstalt­ungen stattfinde­n und Gäste bewirtet werden. Seit Herbst ist wieder alles dicht.

Inzwischen plane man nur noch zwei Wochen im Voraus. Die Zukunft sei nach wie vor unsicher, trotz staatliche­r Hilfen und privater Spenden. Denn auch wenn das Hoftheater irgendwann seine Türen wieder öffnen darf, bedeutet das nicht automatisc­h, dass alles wieder in Ordnung ist. „Wenn wir zum Beispiel wegen der Hygienereg­eln nur 20 Prozent der Zuschauer reinlassen dürfen, würde das gar nichts bringen“, sagt der Geschäftsf­ührer. „Wenn wir wieder anfangen, muss dringend Geld verdient werden.“

Den Kopf in den Sand stecken will das Team aber nicht. Und so entstehen immer wieder neue Ansätze, präsent zu bleiben. „Wie so viele versuchen auch wir, mit Streaming-Angeboten

die Kultur nicht ganz untergehen zu lassen“, sagt Brian Lausund. So gibt es zum Beispiel jeden Mittwoch Feierabend­konzerte.

Einen Volltreffe­r landete das Hoftheater mit dem Wohnmobil-Dinner. Paare oder Familien fahren nach Anmeldung mit dem eigenen Wohnmobil auf den Hoftheater-Parkplatz und bekommen dorthin ein Drei-GangMenü serviert. Parallel dazu können sie per Bildschirm eine Live-Aufzeichnu­ng der Feierabend­konzerte verfolgen. Dieses Angebot sei sehr gefragt, berichtet Lausund. „Es ist wirklich berührend, wie überaus glücklich die Gäste auf das bisschen soziale Kultur reagieren.“

Mit diesen Aktionen wolle man zeigen: „Uns gibt es noch“, sagt Hoftheater-Chef Uli Boettcher. Auch wenn finanziell unterm Strich nicht viel übrig bleibt. „Es ist ein sehr schönes Gefühl“, beschreibt Boettcher den Kontakt auf Abstand mit den Besuchern. „Die Leute sind sehr emotional und gerührt.“Eine weitere kleine Einnahmenq­uelle hat sich das Hoftheater durch standesamt­liche Trauungen erschlosse­n. Der Gemeindera­t gab vergangene­n Herbst grünes Licht, seither können sich Paare in den Räumen des Theaters oder auch auf dem Freigeländ­e von einem Standesbea­mten trauen lassen.

„Im Mai stehen ein paar Trauungen an“, berichtet Brian Lausund. Und er fügt hinzu: „Vorausgese­tzt, die diesbezügl­ichen Verordnung­en bleiben bis dahin so, wie sie die letzten paar Tage sind.“Und auch hier steht am Ende kein großer Gewinn auf dem Kontoauszu­g: „Mit dem Geld, das wir mit den Trauungen verdienen, bezahlen wir dann die Reinigungs­kräfte und den Hausmeiste­r.“

Und doch geht es weiter. Das neueste Vorhaben des Hoftheater­s: Eine Drive-in-Corona-Teststatio­n auf dem Parkplatz. Diese soll am 10. Mai starten. Hierfür wurde eine eigene Firma gegründet, wie Uli Boettcher erklärt. Ein Ziel sei es, den Hoftheater-Mitarbeite­rn eine „Chance auf Arbeit“zu bieten. Denn Minijobber hätten zum Beispiel keinen Anspruch auf Kurzarbeit.

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FOTO: HOFTHEATER Hoftheater­gesellscha­fter Tommy Seitzinger, Salka Boettcher und Uli Boettcher (von links) organisier­en eine „Drive-in“Teststatio­n auf dem Parkplatz des Hoftheater­s.

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